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Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.

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wäre dieser ganze Theilungs-Apparat, wenn
die Vererbungssubstanz ebenso gut durch den
Zellkörper von Zelle zu Zelle versandt werden
könnte?
Die Forschungen haben ferner ergeben, dass die
Vermischung der Vererbungssubstanz zweier fremder Zellen,
d. h. solcher, die nicht Geschwisterzellen sind, durch einen
besonderen verwickelten Vorgang zu Stande kommt, den ich
als Amphimixis bezeichnete, und der, soweit wir wissen,
regelmässig nur als Conjugation bei den Einzelligen und als
Befruchtung bei den Vielzelligen vorkommt. Nur bei den
höheren Pflanzen ist Amphimixis auch bei anderen Zellen
beobachtet worden als regelmässige Erscheinung, nämlich
bei gewissen zwei Kernen des sog. "Embryosackes". Es ist
durchaus nicht unmöglich, dass Amphimixis auch sonst noch
vorkommt, wenn auch nur ausnahmsweise, d. h. unter ganz
besonderen dafür günstigen Umständen, und ich habe den
Versuch gemacht, die Entstehung der "Propfbastarde", z. B.
des berühmten Cytisus Adami, auf diese Weise zu erklären.
Ich schloss aus den Thatsachen, dass Vererbungssubstanz
(Idioplasma) "allein in den Kernstäbchen seinen Sitz hat,
eine feste Substanz ist und nur durch Zell- und Kern-Ver-
schmelzung gemischt werden kann", dass der Entstehung
eines Propfbastards die Amphimixis zweier Cambiumzellen
der beiden Pflanzen-Species an der Propfstelle zu Grunde
liegen muss, fügte aber hinzu, dass hier "ein ungewöhnlicher
Zufall bei der Bildung" einer solchen "Mischlingsknospe
gewaltet haben muss", da alle Versuche, diesen Mischling
(Cytisus Adami) zum zweiten Male hervorzubringen, bisher
vergeblich gewesen sind" 1).

1) "Keimplasma", deutsche A., p. 447.

wäre dieser ganze Theilungs-Apparat, wenn
die Vererbungssubstanz ebenso gut durch den
Zellkörper von Zelle zu Zelle versandt werden
könnte?
Die Forschungen haben ferner ergeben, dass die
Vermischung der Vererbungssubstanz zweier fremder Zellen,
d. h. solcher, die nicht Geschwisterzellen sind, durch einen
besonderen verwickelten Vorgang zu Stande kommt, den ich
als Amphimixis bezeichnete, und der, soweit wir wissen,
regelmässig nur als Conjugation bei den Einzelligen und als
Befruchtung bei den Vielzelligen vorkommt. Nur bei den
höheren Pflanzen ist Amphimixis auch bei anderen Zellen
beobachtet worden als regelmässige Erscheinung, nämlich
bei gewissen zwei Kernen des sog. „Embryosackes“. Es ist
durchaus nicht unmöglich, dass Amphimixis auch sonst noch
vorkommt, wenn auch nur ausnahmsweise, d. h. unter ganz
besonderen dafür günstigen Umständen, und ich habe den
Versuch gemacht, die Entstehung der „Propfbastarde“, z. B.
des berühmten Cytisus Adami, auf diese Weise zu erklären.
Ich schloss aus den Thatsachen, dass Vererbungssubstanz
(Idioplasma) „allein in den Kernstäbchen seinen Sitz hat,
eine feste Substanz ist und nur durch Zell- und Kern-Ver-
schmelzung gemischt werden kann“, dass der Entstehung
eines Propfbastards die Amphimixis zweier Cambiumzellen
der beiden Pflanzen-Species an der Propfstelle zu Grunde
liegen muss, fügte aber hinzu, dass hier „ein ungewöhnlicher
Zufall bei der Bildung“ einer solchen „Mischlingsknospe
gewaltet haben muss“, da alle Versuche, diesen Mischling
(Cytisus Adami) zum zweiten Male hervorzubringen, bisher
vergeblich gewesen sind“ 1).

1) „Keimplasma“, deutsche A., p. 447.
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[85/0097] wäre dieser ganze Theilungs-Apparat, wenn die Vererbungssubstanz ebenso gut durch den Zellkörper von Zelle zu Zelle versandt werden könnte? Die Forschungen haben ferner ergeben, dass die Vermischung der Vererbungssubstanz zweier fremder Zellen, d. h. solcher, die nicht Geschwisterzellen sind, durch einen besonderen verwickelten Vorgang zu Stande kommt, den ich als Amphimixis bezeichnete, und der, soweit wir wissen, regelmässig nur als Conjugation bei den Einzelligen und als Befruchtung bei den Vielzelligen vorkommt. Nur bei den höheren Pflanzen ist Amphimixis auch bei anderen Zellen beobachtet worden als regelmässige Erscheinung, nämlich bei gewissen zwei Kernen des sog. „Embryosackes“. Es ist durchaus nicht unmöglich, dass Amphimixis auch sonst noch vorkommt, wenn auch nur ausnahmsweise, d. h. unter ganz besonderen dafür günstigen Umständen, und ich habe den Versuch gemacht, die Entstehung der „Propfbastarde“, z. B. des berühmten Cytisus Adami, auf diese Weise zu erklären. Ich schloss aus den Thatsachen, dass Vererbungssubstanz (Idioplasma) „allein in den Kernstäbchen seinen Sitz hat, eine feste Substanz ist und nur durch Zell- und Kern-Ver- schmelzung gemischt werden kann“, dass der Entstehung eines Propfbastards die Amphimixis zweier Cambiumzellen der beiden Pflanzen-Species an der Propfstelle zu Grunde liegen muss, fügte aber hinzu, dass hier „ein ungewöhnlicher Zufall bei der Bildung“ einer solchen „Mischlingsknospe gewaltet haben muss“, da alle Versuche, diesen Mischling (Cytisus Adami) zum zweiten Male hervorzubringen, bisher vergeblich gewesen sind“ 1). 1) „Keimplasma“, deutsche A., p. 447.

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Zitationshilfe: Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893/97>, abgerufen am 27.11.2024.