diese Wirkung auf einem ganz anderen Wege zu
geschehen. Die Hauptwirkung des in die Säftemasse des Körpers
aufgenommenen Queck- silbers ist durchgängig Steigerung des Verflüs- sigungs-Processes und Verminderung des Consolidations- Processes oder Cristallisations-Processes eine mehr flüs- sige Beschaffenheit
des Schleims der Bronchien, Genitalien, Urinwerkzeuge, vermehrte
wässe- rige Absonderung der Leber des Pankreas, feuchte lockere Haut, grössere
Flüssigkeit der Lym- phe, Verminderung des Cruor's und des Faser- stoffs im Blut,
zeigen den vorwiegenden Ver- flüssigungs-Process in allen flüssigen Theilen des
Körpers; dieses Zurücktreten des Consoli- dations-Processes zeigt sich auch in
den fe- sten Theilen: im Muskel durch Abnahme der Spannkraft, Verminderung der
Energie des ganzen Muskel-Systems, im Tetanus Vermin- derung der zu hoch
gesteigerten Irritabilität und Starrheit des Muskels. Der Speichelfluss, der
gewöhnlich zugleich mit der Heilung des Starrkrampfs durch Quecksilber eintritt,
ist das Zeichen, dass der Verflüssigungs-Process sein relatives Maximum
erreicht habe (wenn er nicht früher durch eigenthümliche Reitz- barkeit der
Speicheldrüsen entsteht, und mehr örtlich ist), und somit auch zugleich
das Zei- chen des gebrochenen Starrkrampfs; eine ei- gentlich kritische Bedeutung
scheint er mir
diese Wirkung auf einem ganz anderen Wege zu
geschehen. Die Hauptwirkung des in die Säftemasse des Körpers
aufgenommenen Queck- silbers ist durchgängig Steigerung des Verflüs- sigungs-Processes und Verminderung des Consolidations– Processes oder Cristallisations-Processes eine mehr flüs- sige Beschaffenheit
des Schleims der Bronchien, Genitalien, Urinwerkzeuge, vermehrte
wässe- rige Absonderung der Leber des Pankreas, feuchte lockere Haut, grössere
Flüssigkeit der Lym- phe, Verminderung des Cruor's und des Faser- stoffs im Blut,
zeigen den vorwiegenden Ver- flüssigungs-Process in allen flüssigen Theilen des
Körpers; dieses Zurücktreten des Consoli- dations-Processes zeigt sich auch in
den fe- sten Theilen: im Muskel durch Abnahme der Spannkraft, Verminderung der
Energie des ganzen Muskel-Systems, im Tetanus Vermin- derung der zu hoch
gesteigerten Irritabilität und Starrheit des Muskels. Der Speichelfluss, der
gewöhnlich zugleich mit der Heilung des Starrkrampfs durch Quecksilber eintritt,
ist das Zeichen, dass der Verflüssigungs-Process sein relatives Maximum
erreicht habe (wenn er nicht früher durch eigenthümliche Reitz- barkeit der
Speicheldrüsen entsteht, und mehr örtlich ist), und somit auch zugleich
das Zei- chen des gebrochenen Starrkrampfs; eine ei- gentlich kritische Bedeutung
scheint er mir
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[73/0083]
diese Wirkung auf einem ganz anderen Wege
zu geschehen. Die Hauptwirkung des in die
Säftemasse des Körpers aufgenommenen Queck-
silbers ist durchgängig Steigerung des Verflüs-
sigungs- und Verminderung des Consolidations–
oder Cristallisations-Processes eine mehr flüs-
sige Beschaffenheit des Schleims der Bronchien,
Genitalien, Urinwerkzeuge, vermehrte wässe-
rige Absonderung der Leber des Pankreas, feuchte
lockere Haut, grössere Flüssigkeit der Lym-
phe, Verminderung des Cruor's und des Faser-
stoffs im Blut, zeigen den vorwiegenden Ver-
flüssigungs-Process in allen flüssigen Theilen
des Körpers; dieses Zurücktreten des Consoli-
dations-Processes zeigt sich auch in den fe-
sten Theilen: im Muskel durch Abnahme der
Spannkraft, Verminderung der Energie des
ganzen Muskel-Systems, im Tetanus Vermin-
derung der zu hoch gesteigerten Irritabilität
und Starrheit des Muskels. Der Speichelfluss,
der gewöhnlich zugleich mit der Heilung des
Starrkrampfs durch Quecksilber eintritt, ist
das Zeichen, dass der Verflüssigungs-Process
sein relatives Maximum erreicht habe (wenn
er nicht früher durch eigenthümliche Reitz-
barkeit der Speicheldrüsen entsteht, und mehr
örtlich ist), und somit auch zugleich das Zei-
chen des gebrochenen Starrkrampfs; eine ei-
gentlich kritische Bedeutung scheint er mir
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Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/83>, abgerufen am 27.07.2024.
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