Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner trichterförmige Spitze hervor, die jedoch nicht grade, sondernetwas gebogen war. Nach einigen Minuten sah man in dieser Spitze Bewegung; die Ränder veränderten sich, der Trichter wurde zusehends stärker und zuckte auf und nieder, bald bis ganz nahe auf die Wasserfläche, bald in größerer Höhe. Dann nahm man Bewegung in dem Meerestheile unter der Spitze wahr, als ob das Wasser kochend aufwallte und es war deut- lich zu sehen, wie sich allmälig ein runder Wasserberg bildete, der sich scharf gegen seine Umgebung abhob. Das Auf- und Niederzucken des Trichters wurde nun heftiger, bis er sich plötz- lich mit dem Berge vereinigte und die Wasserhose als schräg- stehende und etwas gebogene Säule langsam wanderte, um nach 20 bis 30 Minuten sich wieder ebenso zurückzubilden und zu verschwinden. Donnerähnliche Geräusche, wie sie diese Er- scheinungen oft begleiten sollen, hatten wir nicht vernommen; vielleicht war die Entfernung zu groß. Jedenfalls ist aber kleineren Schiffen zu rathen, ihnen aus dem Wege zu gehen, oder bei ihrer Annäherung sie durch einen Kanonenschuß recht- zeitig zu sprengen, da sie schon öfter durch ihre wirbelnde Be- wegung die Masten gebrochen haben. Endlich näherten wir uns der südlichen Grenze des Werner trichterförmige Spitze hervor, die jedoch nicht grade, ſondernetwas gebogen war. Nach einigen Minuten ſah man in dieſer Spitze Bewegung; die Ränder veränderten ſich, der Trichter wurde zuſehends ſtärker und zuckte auf und nieder, bald bis ganz nahe auf die Waſſerfläche, bald in größerer Höhe. Dann nahm man Bewegung in dem Meerestheile unter der Spitze wahr, als ob das Waſſer kochend aufwallte und es war deut- lich zu ſehen, wie ſich allmälig ein runder Waſſerberg bildete, der ſich ſcharf gegen ſeine Umgebung abhob. Das Auf- und Niederzucken des Trichters wurde nun heftiger, bis er ſich plötz- lich mit dem Berge vereinigte und die Waſſerhoſe als ſchräg- ſtehende und etwas gebogene Säule langſam wanderte, um nach 20 bis 30 Minuten ſich wieder ebenſo zurückzubilden und zu verſchwinden. Donnerähnliche Geräuſche, wie ſie dieſe Er- ſcheinungen oft begleiten ſollen, hatten wir nicht vernommen; vielleicht war die Entfernung zu groß. Jedenfalls iſt aber kleineren Schiffen zu rathen, ihnen aus dem Wege zu gehen, oder bei ihrer Annäherung ſie durch einen Kanonenſchuß recht- zeitig zu ſprengen, da ſie ſchon öfter durch ihre wirbelnde Be- wegung die Maſten gebrochen haben. Endlich näherten wir uns der ſüdlichen Grenze des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="88"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> trichterförmige Spitze hervor, die jedoch nicht grade, ſondern<lb/> etwas gebogen war. Nach einigen Minuten ſah man in dieſer<lb/> Spitze Bewegung; die Ränder veränderten ſich, der Trichter<lb/> wurde zuſehends ſtärker und zuckte auf und nieder, bald bis<lb/> ganz nahe auf die Waſſerfläche, bald in größerer Höhe. Dann<lb/> nahm man Bewegung in dem Meerestheile unter der Spitze<lb/> wahr, als ob das Waſſer kochend aufwallte und es war deut-<lb/> lich zu ſehen, wie ſich allmälig ein runder Waſſerberg bildete,<lb/> der ſich ſcharf gegen ſeine Umgebung abhob. Das Auf- und<lb/> Niederzucken des Trichters wurde nun heftiger, bis er ſich plötz-<lb/> lich mit dem Berge vereinigte und die Waſſerhoſe als ſchräg-<lb/> ſtehende und etwas gebogene Säule langſam wanderte, um<lb/> nach 20 bis 30 Minuten ſich wieder ebenſo zurückzubilden und<lb/> zu verſchwinden. Donnerähnliche Geräuſche, wie ſie dieſe Er-<lb/> ſcheinungen oft begleiten ſollen, hatten wir nicht vernommen;<lb/> vielleicht war die Entfernung zu groß. Jedenfalls iſt aber<lb/> kleineren Schiffen zu rathen, ihnen aus dem Wege zu gehen,<lb/> oder bei ihrer Annäherung ſie durch einen Kanonenſchuß recht-<lb/> zeitig zu ſprengen, da ſie ſchon öfter durch ihre wirbelnde Be-<lb/> wegung die Maſten gebrochen haben.</p><lb/> <p>Endlich näherten wir uns der ſüdlichen Grenze des<lb/> unangenehmen Stillgürtels, der uns mit ſeinen Attributen<lb/> wochenlang ſo ſchwer gepeinigt hatte. Nur eine Annehm-<lb/> lichkeit wies er für uns auf. Bei dem ſtrömenden Regen<lb/> konnten wir nach Herzensluſt uns in friſchem Waſſer gründlich<lb/> reinigen und auch unſere Kleider waſchen. Zum Trinken war<lb/> das Waſſer allerdings nicht zu gebrauchen, da es durch Herunter-<lb/> laufen an Tauwerk und Segeln einen widerlichen Theergeſchmack<lb/> angenommen hatte. Dafür ſammelten wir es aber ſorgſam für<lb/> Wäſchebedarf. Jedes leere Waſſerfaß oder ſonſtige Gefäß, das<lb/> ſich nur irgend dafür eignete, wurde gefüllt, und auf dieſe Weiſe<lb/> reichte der Vorrath faſt für die ganze übrige Reiſe, um uns<lb/> täglich einmal den Luxus einer Abſeifung zu geſtatten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [88/0100]
Werner
trichterförmige Spitze hervor, die jedoch nicht grade, ſondern
etwas gebogen war. Nach einigen Minuten ſah man in dieſer
Spitze Bewegung; die Ränder veränderten ſich, der Trichter
wurde zuſehends ſtärker und zuckte auf und nieder, bald bis
ganz nahe auf die Waſſerfläche, bald in größerer Höhe. Dann
nahm man Bewegung in dem Meerestheile unter der Spitze
wahr, als ob das Waſſer kochend aufwallte und es war deut-
lich zu ſehen, wie ſich allmälig ein runder Waſſerberg bildete,
der ſich ſcharf gegen ſeine Umgebung abhob. Das Auf- und
Niederzucken des Trichters wurde nun heftiger, bis er ſich plötz-
lich mit dem Berge vereinigte und die Waſſerhoſe als ſchräg-
ſtehende und etwas gebogene Säule langſam wanderte, um
nach 20 bis 30 Minuten ſich wieder ebenſo zurückzubilden und
zu verſchwinden. Donnerähnliche Geräuſche, wie ſie dieſe Er-
ſcheinungen oft begleiten ſollen, hatten wir nicht vernommen;
vielleicht war die Entfernung zu groß. Jedenfalls iſt aber
kleineren Schiffen zu rathen, ihnen aus dem Wege zu gehen,
oder bei ihrer Annäherung ſie durch einen Kanonenſchuß recht-
zeitig zu ſprengen, da ſie ſchon öfter durch ihre wirbelnde Be-
wegung die Maſten gebrochen haben.
Endlich näherten wir uns der ſüdlichen Grenze des
unangenehmen Stillgürtels, der uns mit ſeinen Attributen
wochenlang ſo ſchwer gepeinigt hatte. Nur eine Annehm-
lichkeit wies er für uns auf. Bei dem ſtrömenden Regen
konnten wir nach Herzensluſt uns in friſchem Waſſer gründlich
reinigen und auch unſere Kleider waſchen. Zum Trinken war
das Waſſer allerdings nicht zu gebrauchen, da es durch Herunter-
laufen an Tauwerk und Segeln einen widerlichen Theergeſchmack
angenommen hatte. Dafür ſammelten wir es aber ſorgſam für
Wäſchebedarf. Jedes leere Waſſerfaß oder ſonſtige Gefäß, das
ſich nur irgend dafür eignete, wurde gefüllt, und auf dieſe Weiſe
reichte der Vorrath faſt für die ganze übrige Reiſe, um uns
täglich einmal den Luxus einer Abſeifung zu geſtatten.
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