Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner die von ihr entworfenen Reglements und ihre Gutachten unge-mein viel Gutes geleistet und dadurch der jungen Marine einen festen inneren Halt gegeben. Es waren Dienstvorschriften er- lassen, ein Geschützexercirreglement ausgearbeitet, Bestimmungen über die Uniformirung gegeben und eine Disciplinar-Strafordnung geschaffen worden, die bis auf geringe Aenderungen, welche 1870 bei Revision der Militärstrafrechtspflege gemacht wurden, noch heute in der Reichsmarine gilt. Mit dem Auseinandergehen der Commission erwuchsen der Marineverwaltung jedoch neue Schwierigkeiten. Von den als ihre Mitglieder fungirenden Seeofficieren ging Als Duckwitz die Marine im October übernahm, glaubte Werner die von ihr entworfenen Reglements und ihre Gutachten unge-mein viel Gutes geleiſtet und dadurch der jungen Marine einen feſten inneren Halt gegeben. Es waren Dienſtvorſchriften er- laſſen, ein Geſchützexercirreglement ausgearbeitet, Beſtimmungen über die Uniformirung gegeben und eine Disciplinar-Strafordnung geſchaffen worden, die bis auf geringe Aenderungen, welche 1870 bei Reviſion der Militärſtrafrechtspflege gemacht wurden, noch heute in der Reichsmarine gilt. Mit dem Auseinandergehen der Commiſſion erwuchſen der Marineverwaltung jedoch neue Schwierigkeiten. Von den als ihre Mitglieder fungirenden Seeofficieren ging Als Duckwitz die Marine im October übernahm, glaubte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0178" n="166"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> die von ihr entworfenen Reglements und ihre Gutachten unge-<lb/> mein viel Gutes geleiſtet und dadurch der jungen Marine einen<lb/> feſten inneren Halt gegeben. Es waren Dienſtvorſchriften er-<lb/> laſſen, ein Geſchützexercirreglement ausgearbeitet, Beſtimmungen<lb/> über die Uniformirung gegeben und eine Disciplinar-Strafordnung<lb/> geſchaffen worden, die bis auf geringe Aenderungen, welche 1870<lb/> bei Reviſion der Militärſtrafrechtspflege gemacht wurden, noch<lb/> heute in der Reichsmarine gilt. Mit dem Auseinandergehen<lb/> der Commiſſion erwuchſen der Marineverwaltung jedoch neue<lb/> Schwierigkeiten.</p><lb/> <p>Von den als ihre Mitglieder fungirenden Seeofficieren ging<lb/> Commodore Schröder in preußiſche, Kapitän Donner in ſchles-<lb/> wig-holſteiniſche Dienſte zurück, und ſo blieb als einziger wirk-<lb/> licher Seeofficier nur der Kapitän Brommy übrig. Wahrlich<lb/> ein ſchlimmeres Zuſammentreffen von ungünſtigen Umſtänden,<lb/> zu denen noch die gänzlich unſicheren politiſchen Zuſtände des<lb/> Reichs traten, konnte für die junge deutſche Marine kaum ge-<lb/> dacht werden. Sie war ein wahres Schmerzenskind und wurde<lb/> unter den trübſeligſten Verhältniſſen geboren.</p><lb/> <p>Als Duckwitz die Marine im October übernahm, glaubte<lb/> ſelbſt er, der nüchterne, practiſche Mann, an eine ſehr baldige<lb/> definitive Geſtaltung der Reichsregierung. Statt deſſen zögerte<lb/> ſich dieſelbe von Monat zu Monat hin, und als das Miniſte-<lb/> rium Gagern und mit ihm Duckwitz Anfangs Mai 1849<lb/> zurücktrat, da hatte auch er wol ſchon längere Zeit allen Glau-<lb/> ben an ein einiges deutſches Reich verloren; aber bis zum letz-<lb/> ten Augenblicke verzweifelte er wenigſtens noch nicht an der<lb/> Marine. Er hoffte, daß wenn nur erſt eine Anzahl brauch-<lb/> barer Kriegsſchiffe angeſchafft, armirt, bemannt und damit ein<lb/> feſter Kern gegeben ſei, ſich das ſo ohne weiteres nicht wieder<lb/> fortwiſchen laſſe und daß ſich irgend eine Form finden werde,<lb/> die neue und vor allen Dingen ſo nöthige Waffe dem Vater-<lb/> lande zu erhalten. Deshalb ließ Duckwitz ſich durch keine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0178]
Werner
die von ihr entworfenen Reglements und ihre Gutachten unge-
mein viel Gutes geleiſtet und dadurch der jungen Marine einen
feſten inneren Halt gegeben. Es waren Dienſtvorſchriften er-
laſſen, ein Geſchützexercirreglement ausgearbeitet, Beſtimmungen
über die Uniformirung gegeben und eine Disciplinar-Strafordnung
geſchaffen worden, die bis auf geringe Aenderungen, welche 1870
bei Reviſion der Militärſtrafrechtspflege gemacht wurden, noch
heute in der Reichsmarine gilt. Mit dem Auseinandergehen
der Commiſſion erwuchſen der Marineverwaltung jedoch neue
Schwierigkeiten.
Von den als ihre Mitglieder fungirenden Seeofficieren ging
Commodore Schröder in preußiſche, Kapitän Donner in ſchles-
wig-holſteiniſche Dienſte zurück, und ſo blieb als einziger wirk-
licher Seeofficier nur der Kapitän Brommy übrig. Wahrlich
ein ſchlimmeres Zuſammentreffen von ungünſtigen Umſtänden,
zu denen noch die gänzlich unſicheren politiſchen Zuſtände des
Reichs traten, konnte für die junge deutſche Marine kaum ge-
dacht werden. Sie war ein wahres Schmerzenskind und wurde
unter den trübſeligſten Verhältniſſen geboren.
Als Duckwitz die Marine im October übernahm, glaubte
ſelbſt er, der nüchterne, practiſche Mann, an eine ſehr baldige
definitive Geſtaltung der Reichsregierung. Statt deſſen zögerte
ſich dieſelbe von Monat zu Monat hin, und als das Miniſte-
rium Gagern und mit ihm Duckwitz Anfangs Mai 1849
zurücktrat, da hatte auch er wol ſchon längere Zeit allen Glau-
ben an ein einiges deutſches Reich verloren; aber bis zum letz-
ten Augenblicke verzweifelte er wenigſtens noch nicht an der
Marine. Er hoffte, daß wenn nur erſt eine Anzahl brauch-
barer Kriegsſchiffe angeſchafft, armirt, bemannt und damit ein
feſter Kern gegeben ſei, ſich das ſo ohne weiteres nicht wieder
fortwiſchen laſſe und daß ſich irgend eine Form finden werde,
die neue und vor allen Dingen ſo nöthige Waffe dem Vater-
lande zu erhalten. Deshalb ließ Duckwitz ſich durch keine
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