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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Werner
nach der für uns so kläglich abgelaufenen Affaire durch die
"Times" verkünden, es hätten sich Schiffe mit schwarzrothgoldener
Flagge in der Nähe von Helgoland gezeigt; ließen sie sich noch
einmal sehen, so würde er sie durch englische Kriegsschiffe als
Piraten aufbringen lassen.

Wahrlich, die Beleidigung war tödtlich und sie brannte uns
deutschen Seeofficieren auf der Seele!

Die Centralgewalt nahm sie ohne Weiteres hin und wagte
nicht einmal einen papiernen Protest gegen diese Beschimpfung
der deutschen Flagge. Damit war aber auch das Todesurtheil
der Marine gesprochen. Sie mußte sich verkriechen, durfte sich
nicht auf dem Meere sehen lassen, der Fluch der Lächerlichkeit
ruhte auf ihr und ihre Auflösung war nur noch eine Frage
der Zeit.

Wie ganz anders gestaltete sich menschlicher Voraussicht nach
aber die Sache, wenn Brommy die dänische Corvette genommen
und sie in die Elbe gebracht hätte. Wie würde die Marine hoch
in den Augen Deutschlands dagestanden haben! Nach einer
solchen kriegerischen That würde es wenigstens unmöglich ge-
worden sein, sie unter den Hammer zu bringen und England,
das vor allem mit Thatsachen zu rechnen und kriegerischen Muth
zu würdigen versteht, hätte es auch nicht gewagt, uns jene tödt-
liche Beleidigung in das Gesicht zu schleudern.

Vierundzwanzig Jahre später hatten sich freilich die Ver-
hältnisse wesentlich geändert. 1873 stellte sich der Kapitän
eines englischen Panzerschiffes an der spanischen Küste unter die
Befehle eines Kapitäns, von dessen Schiffe zwar nicht die
schwarzrothgoldene, aber die schwarzweißrothe Flagge des deut-
schen Reiches wehte. Dieser Kapitän war damals Officier auf
dem "Barbarossa" gewesen; er hatte den angethanen Schimpf
nicht vergessen, erhielt aber jetzt eine Genugthuung dafür.

Wann wird endlich auch jene Schmach gesühnt werden,

Werner
nach der für uns ſo kläglich abgelaufenen Affaire durch die
„Times“ verkünden, es hätten ſich Schiffe mit ſchwarzrothgoldener
Flagge in der Nähe von Helgoland gezeigt; ließen ſie ſich noch
einmal ſehen, ſo würde er ſie durch engliſche Kriegsſchiffe als
Piraten aufbringen laſſen.

Wahrlich, die Beleidigung war tödtlich und ſie brannte uns
deutſchen Seeofficieren auf der Seele!

Die Centralgewalt nahm ſie ohne Weiteres hin und wagte
nicht einmal einen papiernen Proteſt gegen dieſe Beſchimpfung
der deutſchen Flagge. Damit war aber auch das Todesurtheil
der Marine geſprochen. Sie mußte ſich verkriechen, durfte ſich
nicht auf dem Meere ſehen laſſen, der Fluch der Lächerlichkeit
ruhte auf ihr und ihre Auflöſung war nur noch eine Frage
der Zeit.

Wie ganz anders geſtaltete ſich menſchlicher Vorausſicht nach
aber die Sache, wenn Brommy die däniſche Corvette genommen
und ſie in die Elbe gebracht hätte. Wie würde die Marine hoch
in den Augen Deutſchlands dageſtanden haben! Nach einer
ſolchen kriegeriſchen That würde es wenigſtens unmöglich ge-
worden ſein, ſie unter den Hammer zu bringen und England,
das vor allem mit Thatſachen zu rechnen und kriegeriſchen Muth
zu würdigen verſteht, hätte es auch nicht gewagt, uns jene tödt-
liche Beleidigung in das Geſicht zu ſchleudern.

Vierundzwanzig Jahre ſpäter hatten ſich freilich die Ver-
hältniſſe weſentlich geändert. 1873 ſtellte ſich der Kapitän
eines engliſchen Panzerſchiffes an der ſpaniſchen Küſte unter die
Befehle eines Kapitäns, von deſſen Schiffe zwar nicht die
ſchwarzrothgoldene, aber die ſchwarzweißrothe Flagge des deut-
ſchen Reiches wehte. Dieſer Kapitän war damals Officier auf
dem „Barbaroſſa“ geweſen; er hatte den angethanen Schimpf
nicht vergeſſen, erhielt aber jetzt eine Genugthuung dafür.

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[196/0208] Werner nach der für uns ſo kläglich abgelaufenen Affaire durch die „Times“ verkünden, es hätten ſich Schiffe mit ſchwarzrothgoldener Flagge in der Nähe von Helgoland gezeigt; ließen ſie ſich noch einmal ſehen, ſo würde er ſie durch engliſche Kriegsſchiffe als Piraten aufbringen laſſen. Wahrlich, die Beleidigung war tödtlich und ſie brannte uns deutſchen Seeofficieren auf der Seele! Die Centralgewalt nahm ſie ohne Weiteres hin und wagte nicht einmal einen papiernen Proteſt gegen dieſe Beſchimpfung der deutſchen Flagge. Damit war aber auch das Todesurtheil der Marine geſprochen. Sie mußte ſich verkriechen, durfte ſich nicht auf dem Meere ſehen laſſen, der Fluch der Lächerlichkeit ruhte auf ihr und ihre Auflöſung war nur noch eine Frage der Zeit. Wie ganz anders geſtaltete ſich menſchlicher Vorausſicht nach aber die Sache, wenn Brommy die däniſche Corvette genommen und ſie in die Elbe gebracht hätte. Wie würde die Marine hoch in den Augen Deutſchlands dageſtanden haben! Nach einer ſolchen kriegeriſchen That würde es wenigſtens unmöglich ge- worden ſein, ſie unter den Hammer zu bringen und England, das vor allem mit Thatſachen zu rechnen und kriegeriſchen Muth zu würdigen verſteht, hätte es auch nicht gewagt, uns jene tödt- liche Beleidigung in das Geſicht zu ſchleudern. Vierundzwanzig Jahre ſpäter hatten ſich freilich die Ver- hältniſſe weſentlich geändert. 1873 ſtellte ſich der Kapitän eines engliſchen Panzerſchiffes an der ſpaniſchen Küſte unter die Befehle eines Kapitäns, von deſſen Schiffe zwar nicht die ſchwarzrothgoldene, aber die ſchwarzweißrothe Flagge des deut- ſchen Reiches wehte. Dieſer Kapitän war damals Officier auf dem „Barbaroſſa“ geweſen; er hatte den angethanen Schimpf nicht vergeſſen, erhielt aber jetzt eine Genugthuung dafür. Wann wird endlich auch jene Schmach geſühnt werden,

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/208>, abgerufen am 21.11.2024.