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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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können, sondern wir sind im Kriege auch in der glücklichen Lage,
der Flotte allein die erfolgreiche Vertheidigung der Nordseeküste
zu überlassen und die sonst dazu erforderlichen Landtruppen dem
zu Land angreifenden Feinde entgegenzuwerfen.

Die militärische Aufgabe unserer Flotte kann naturgemäß über-
haupt nur die Sicherung unserer Küsten und die Freihaltung unserer
beiden deutschen Meere von Invasion und Blockade sein. Dar-
über hinauszugehen wäre ein folgenschwerer Irrthum. Außer-
halb der Ost- und Nordsee haben wir mit unsern Schlacht-
schiffen für gewöhnlich nichts zu thun. Wir besitzen keine
Colonien, die wir gegen feindliche Angriffe zu vertheidigen
hätten, noch können wir uns mit einer größeren Seemacht jen-
seits des Canals im Ocean schlagen, da wir dort weder eine
Operationsbasis noch eine gesicherte Rückzugslinie haben. So-
mit wird der Thätigkeit unserer Flotte im Kriege zwar eine
ziemlich enge Schranke gezogen, aber ihre Bedeutung für das
Land nicht abgeschwächt. Werden wir mit einer oder mehreren
Landmächten, die zugleich Seemächte sind, in Krieg verwickelt,
so wird die Flotte nie direct eine Entscheidung herbeiführen
können. Dies muß stets der Armee vorbehalten bleiben, aber
jene muß im Stande sein, indirect ganz wesentlich zu einer
solchen Entscheidung beizutragen. Kann sie unsere Küsten
von Invasion frei halten, so erfüllt sie vollständig ihren Zweck;
denn sobald die Armee, möge sie nach Osten, Westen oder Süden
Front machen, ihre ganze Nordflanke durch die Marine gedeckt
weiß, kann sie 100,000 Mann mehr dem Feinde entgegen-
stellen, und wir wissen aus dem letzten französischen Kriege, was
das bedeutet!

Unsere Flotte wird aber dieser ihrer natürlichen Aufgabe
gewachsen sein, wenn die Vertheidigung der Nordseeküste nicht
zu schwer auf ihr lastet, und deshalb ist für Deutschland der
Besitz von Helgoland von so großer Bedeutung.

Außer dieser militärischen fällt aber auch noch die handels-

Werner
können, ſondern wir ſind im Kriege auch in der glücklichen Lage,
der Flotte allein die erfolgreiche Vertheidigung der Nordſeeküſte
zu überlaſſen und die ſonſt dazu erforderlichen Landtruppen dem
zu Land angreifenden Feinde entgegenzuwerfen.

Die militäriſche Aufgabe unſerer Flotte kann naturgemäß über-
haupt nur die Sicherung unſerer Küſten und die Freihaltung unſerer
beiden deutſchen Meere von Invaſion und Blockade ſein. Dar-
über hinauszugehen wäre ein folgenſchwerer Irrthum. Außer-
halb der Oſt- und Nordſee haben wir mit unſern Schlacht-
ſchiffen für gewöhnlich nichts zu thun. Wir beſitzen keine
Colonien, die wir gegen feindliche Angriffe zu vertheidigen
hätten, noch können wir uns mit einer größeren Seemacht jen-
ſeits des Canals im Ocean ſchlagen, da wir dort weder eine
Operationsbaſis noch eine geſicherte Rückzugslinie haben. So-
mit wird der Thätigkeit unſerer Flotte im Kriege zwar eine
ziemlich enge Schranke gezogen, aber ihre Bedeutung für das
Land nicht abgeſchwächt. Werden wir mit einer oder mehreren
Landmächten, die zugleich Seemächte ſind, in Krieg verwickelt,
ſo wird die Flotte nie direct eine Entſcheidung herbeiführen
können. Dies muß ſtets der Armee vorbehalten bleiben, aber
jene muß im Stande ſein, indirect ganz weſentlich zu einer
ſolchen Entſcheidung beizutragen. Kann ſie unſere Küſten
von Invaſion frei halten, ſo erfüllt ſie vollſtändig ihren Zweck;
denn ſobald die Armee, möge ſie nach Oſten, Weſten oder Süden
Front machen, ihre ganze Nordflanke durch die Marine gedeckt
weiß, kann ſie 100,000 Mann mehr dem Feinde entgegen-
ſtellen, und wir wiſſen aus dem letzten franzöſiſchen Kriege, was
das bedeutet!

Unſere Flotte wird aber dieſer ihrer natürlichen Aufgabe
gewachſen ſein, wenn die Vertheidigung der Nordſeeküſte nicht
zu ſchwer auf ihr laſtet, und deshalb iſt für Deutſchland der
Beſitz von Helgoland von ſo großer Bedeutung.

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[200/0212] Werner können, ſondern wir ſind im Kriege auch in der glücklichen Lage, der Flotte allein die erfolgreiche Vertheidigung der Nordſeeküſte zu überlaſſen und die ſonſt dazu erforderlichen Landtruppen dem zu Land angreifenden Feinde entgegenzuwerfen. Die militäriſche Aufgabe unſerer Flotte kann naturgemäß über- haupt nur die Sicherung unſerer Küſten und die Freihaltung unſerer beiden deutſchen Meere von Invaſion und Blockade ſein. Dar- über hinauszugehen wäre ein folgenſchwerer Irrthum. Außer- halb der Oſt- und Nordſee haben wir mit unſern Schlacht- ſchiffen für gewöhnlich nichts zu thun. Wir beſitzen keine Colonien, die wir gegen feindliche Angriffe zu vertheidigen hätten, noch können wir uns mit einer größeren Seemacht jen- ſeits des Canals im Ocean ſchlagen, da wir dort weder eine Operationsbaſis noch eine geſicherte Rückzugslinie haben. So- mit wird der Thätigkeit unſerer Flotte im Kriege zwar eine ziemlich enge Schranke gezogen, aber ihre Bedeutung für das Land nicht abgeſchwächt. Werden wir mit einer oder mehreren Landmächten, die zugleich Seemächte ſind, in Krieg verwickelt, ſo wird die Flotte nie direct eine Entſcheidung herbeiführen können. Dies muß ſtets der Armee vorbehalten bleiben, aber jene muß im Stande ſein, indirect ganz weſentlich zu einer ſolchen Entſcheidung beizutragen. Kann ſie unſere Küſten von Invaſion frei halten, ſo erfüllt ſie vollſtändig ihren Zweck; denn ſobald die Armee, möge ſie nach Oſten, Weſten oder Süden Front machen, ihre ganze Nordflanke durch die Marine gedeckt weiß, kann ſie 100,000 Mann mehr dem Feinde entgegen- ſtellen, und wir wiſſen aus dem letzten franzöſiſchen Kriege, was das bedeutet! Unſere Flotte wird aber dieſer ihrer natürlichen Aufgabe gewachſen ſein, wenn die Vertheidigung der Nordſeeküſte nicht zu ſchwer auf ihr laſtet, und deshalb iſt für Deutſchland der Beſitz von Helgoland von ſo großer Bedeutung. Außer dieſer militäriſchen fällt aber auch noch die handels-

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/212>, abgerufen am 21.11.2024.