Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Die deutsche Marine 1848--1852
beiden Großmächte betheiligt sei, da dies immer nur eine Quelle
von Irrungen und Verwickelungen bilden würde. Diesen Er-
klärungen schlossen sich, wie bereits bemerkt, Sachsen, Groß-
herzogthum Hessen, Nassau und Sachsen-Meiningen an.

Es hatten sich mithin im Schooße des Congresses drei
Gruppen gebildet, deren Ansichten sich principiell gegenüber-
standen. Die weiteren Verhandlungen führten weder eine Eini-
gung in den Differenzpunkten noch eine Annäherung der ab-
weichenden Meinungen herbei. Da auch die Frage des Geld-
bedarfs nicht genügend erledigt werden konnte, weil nach Er-
klärung des zur Conferenz zugezogenen Admiral Brommy die
von den Staaten eventuell zu bewilligende Unterhaltungssumme
dem wirklichen Bedarf nicht entsprach und die Mehrzahl der
Staaten eine höhere Beitragsquote nicht zu geben gesonnen
war, so kam am dritten Congreßtage das Präsidium zu der
traurigen Ueberzeugung, daß die von der Hannover'schen Regie-
rung erstrebten Versuche als gescheitert zu betrachten seien.

Damit war das endgültige Todesurtheil der Flotte ge-
sprochen und der letzte Act des Dramas begann.

Acht Tage nach dem Auseinandergehen des Congresses,
am 2. April 1852, erhielt Brommy vom Bundespräsidium den
Befehl, die Schiffe "Eckernförde" und "Barbarossa" an den
Commissar der preußischen Regierung, Commodore Schröder,
auszuliefern, und dieser Befehl wurde am 5. April, dem Jahres-
tage der Eroberung der "Gefion", vollzogen.

Welcher Contrast zwischen dem 5. April 1849 und dem
von 1852! Damals erfüllte Jubel und Begeisterung alle Ge-
müther, die Hoffnung auf ein einiges Deutschland und eine
seiner Größe und Würde angemessene Flotte schwellte die Brust
eines jeden Patrioten. Mit Stolz blickten alle Angehörigen der
Marine zu dem schwarzrothgoldenen Banner empor, das über
ihren Häuptern wehte und die Wiederkehr mächtiger Geltung
zur See verhieß, wie sie einst vor Jahrhunderten Deutschland

Die deutſche Marine 1848—1852
beiden Großmächte betheiligt ſei, da dies immer nur eine Quelle
von Irrungen und Verwickelungen bilden würde. Dieſen Er-
klärungen ſchloſſen ſich, wie bereits bemerkt, Sachſen, Groß-
herzogthum Heſſen, Naſſau und Sachſen-Meiningen an.

Es hatten ſich mithin im Schooße des Congreſſes drei
Gruppen gebildet, deren Anſichten ſich principiell gegenüber-
ſtanden. Die weiteren Verhandlungen führten weder eine Eini-
gung in den Differenzpunkten noch eine Annäherung der ab-
weichenden Meinungen herbei. Da auch die Frage des Geld-
bedarfs nicht genügend erledigt werden konnte, weil nach Er-
klärung des zur Conferenz zugezogenen Admiral Brommy die
von den Staaten eventuell zu bewilligende Unterhaltungsſumme
dem wirklichen Bedarf nicht entſprach und die Mehrzahl der
Staaten eine höhere Beitragsquote nicht zu geben geſonnen
war, ſo kam am dritten Congreßtage das Präſidium zu der
traurigen Ueberzeugung, daß die von der Hannover’ſchen Regie-
rung erſtrebten Verſuche als geſcheitert zu betrachten ſeien.

Damit war das endgültige Todesurtheil der Flotte ge-
ſprochen und der letzte Act des Dramas begann.

Acht Tage nach dem Auseinandergehen des Congreſſes,
am 2. April 1852, erhielt Brommy vom Bundespräſidium den
Befehl, die Schiffe „Eckernförde“ und „Barbaroſſa“ an den
Commiſſar der preußiſchen Regierung, Commodore Schröder,
auszuliefern, und dieſer Befehl wurde am 5. April, dem Jahres-
tage der Eroberung der „Gefion“, vollzogen.

Welcher Contraſt zwiſchen dem 5. April 1849 und dem
von 1852! Damals erfüllte Jubel und Begeiſterung alle Ge-
müther, die Hoffnung auf ein einiges Deutſchland und eine
ſeiner Größe und Würde angemeſſene Flotte ſchwellte die Bruſt
eines jeden Patrioten. Mit Stolz blickten alle Angehörigen der
Marine zu dem ſchwarzrothgoldenen Banner empor, das über
ihren Häuptern wehte und die Wiederkehr mächtiger Geltung
zur See verhieß, wie ſie einſt vor Jahrhunderten Deutſchland

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="221"/><fw place="top" type="header">Die deut&#x017F;che Marine 1848&#x2014;1852</fw><lb/>
beiden Großmächte betheiligt &#x017F;ei, da dies immer nur eine Quelle<lb/>
von Irrungen und Verwickelungen bilden würde. Die&#x017F;en Er-<lb/>
klärungen &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich, wie bereits bemerkt, Sach&#x017F;en, Groß-<lb/>
herzogthum He&#x017F;&#x017F;en, Na&#x017F;&#x017F;au und Sach&#x017F;en-Meiningen an.</p><lb/>
          <p>Es hatten &#x017F;ich mithin im Schooße des Congre&#x017F;&#x017F;es drei<lb/>
Gruppen gebildet, deren An&#x017F;ichten &#x017F;ich principiell gegenüber-<lb/>
&#x017F;tanden. Die weiteren Verhandlungen führten weder eine Eini-<lb/>
gung in den Differenzpunkten noch eine Annäherung der ab-<lb/>
weichenden Meinungen herbei. Da auch die Frage des Geld-<lb/>
bedarfs nicht genügend erledigt werden konnte, weil nach Er-<lb/>
klärung des zur Conferenz zugezogenen Admiral Brommy die<lb/>
von den Staaten eventuell zu bewilligende Unterhaltungs&#x017F;umme<lb/>
dem wirklichen Bedarf nicht ent&#x017F;prach und die Mehrzahl der<lb/>
Staaten eine höhere Beitragsquote nicht zu geben ge&#x017F;onnen<lb/>
war, &#x017F;o kam am dritten Congreßtage das Prä&#x017F;idium zu der<lb/>
traurigen Ueberzeugung, daß die von der Hannover&#x2019;&#x017F;chen Regie-<lb/>
rung er&#x017F;trebten Ver&#x017F;uche als ge&#x017F;cheitert zu betrachten &#x017F;eien.</p><lb/>
          <p>Damit war das endgültige Todesurtheil der Flotte ge-<lb/>
&#x017F;prochen und der letzte Act des Dramas begann.</p><lb/>
          <p>Acht Tage nach dem Auseinandergehen des Congre&#x017F;&#x017F;es,<lb/>
am 2. April 1852, erhielt Brommy vom Bundesprä&#x017F;idium den<lb/>
Befehl, die Schiffe &#x201E;Eckernförde&#x201C; und &#x201E;Barbaro&#x017F;&#x017F;a&#x201C; an den<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;ar der preußi&#x017F;chen Regierung, Commodore Schröder,<lb/>
auszuliefern, und die&#x017F;er Befehl wurde am 5. April, dem Jahres-<lb/>
tage der Eroberung der &#x201E;Gefion&#x201C;, vollzogen.</p><lb/>
          <p>Welcher Contra&#x017F;t zwi&#x017F;chen dem 5. April 1849 und dem<lb/>
von 1852! Damals erfüllte Jubel und Begei&#x017F;terung alle Ge-<lb/>
müther, die Hoffnung auf ein einiges Deut&#x017F;chland und eine<lb/>
&#x017F;einer Größe und Würde angeme&#x017F;&#x017F;ene Flotte &#x017F;chwellte die Bru&#x017F;t<lb/>
eines jeden Patrioten. Mit Stolz blickten alle Angehörigen der<lb/>
Marine zu dem &#x017F;chwarzrothgoldenen Banner empor, das über<lb/>
ihren Häuptern wehte und die Wiederkehr mächtiger Geltung<lb/>
zur See verhieß, wie &#x017F;ie ein&#x017F;t vor Jahrhunderten Deut&#x017F;chland<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0233] Die deutſche Marine 1848—1852 beiden Großmächte betheiligt ſei, da dies immer nur eine Quelle von Irrungen und Verwickelungen bilden würde. Dieſen Er- klärungen ſchloſſen ſich, wie bereits bemerkt, Sachſen, Groß- herzogthum Heſſen, Naſſau und Sachſen-Meiningen an. Es hatten ſich mithin im Schooße des Congreſſes drei Gruppen gebildet, deren Anſichten ſich principiell gegenüber- ſtanden. Die weiteren Verhandlungen führten weder eine Eini- gung in den Differenzpunkten noch eine Annäherung der ab- weichenden Meinungen herbei. Da auch die Frage des Geld- bedarfs nicht genügend erledigt werden konnte, weil nach Er- klärung des zur Conferenz zugezogenen Admiral Brommy die von den Staaten eventuell zu bewilligende Unterhaltungsſumme dem wirklichen Bedarf nicht entſprach und die Mehrzahl der Staaten eine höhere Beitragsquote nicht zu geben geſonnen war, ſo kam am dritten Congreßtage das Präſidium zu der traurigen Ueberzeugung, daß die von der Hannover’ſchen Regie- rung erſtrebten Verſuche als geſcheitert zu betrachten ſeien. Damit war das endgültige Todesurtheil der Flotte ge- ſprochen und der letzte Act des Dramas begann. Acht Tage nach dem Auseinandergehen des Congreſſes, am 2. April 1852, erhielt Brommy vom Bundespräſidium den Befehl, die Schiffe „Eckernförde“ und „Barbaroſſa“ an den Commiſſar der preußiſchen Regierung, Commodore Schröder, auszuliefern, und dieſer Befehl wurde am 5. April, dem Jahres- tage der Eroberung der „Gefion“, vollzogen. Welcher Contraſt zwiſchen dem 5. April 1849 und dem von 1852! Damals erfüllte Jubel und Begeiſterung alle Ge- müther, die Hoffnung auf ein einiges Deutſchland und eine ſeiner Größe und Würde angemeſſene Flotte ſchwellte die Bruſt eines jeden Patrioten. Mit Stolz blickten alle Angehörigen der Marine zu dem ſchwarzrothgoldenen Banner empor, das über ihren Häuptern wehte und die Wiederkehr mächtiger Geltung zur See verhieß, wie ſie einſt vor Jahrhunderten Deutſchland

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/233
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/233>, abgerufen am 13.05.2024.