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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Werner
besessen -- und heute? Alle jene schönen Hoffnungen waren ge-
knickt und zu Grabe getragen. Mit tiefer Trauer im Herzen
sahen Officiere und Mannschaften der Flotte die Flagge, der sie
Treue geschworen, langsam herniedersinken von den Masten der
Schiffe, um nie wieder emporzusteigen. Der schöne Traum war
ausgeträumt und Thränen der Wehmuth rannen über die ge-
bräunten Wangen Derer, die damit ihren Lebenshoffnungen ent-
sagten und in eine trübe unsichere Zukunft blickten.

Die weitere Auflösung ging nun schrittweise vor sich. Der
als Bundescommissar bestellte Staatsrath Dr. Hannibal Fischer
traf im Mai 1852 in Bremerhafen ein, um den Materialbe-
stand der Flotte zu übernehmen und denselben zu veräußern,
was sich in Bezug auf die Schiffe jedoch erst im Laufe des
Jahres vollzog.

Alle ohne Patent angestellten Officiere wurden mit der
Abfindung eines dreimonatlichen Gehalts bereits im Mai ent-
lassen und von den Mannschaften nur so viele zurückbehalten,
als zur Bewachung der noch nicht verkauften Schiffe unumgäng-
lich nöthig waren. Am 29. Juli ordnete ein Bundesbeschluß
auch die Entlassung der mit Patent und ohne Vorbehalt ange-
stellten Officiere und Beamten an, indem man ihnen ein Jahres-
gehalt als vollständige Abfindungssumme offerirte, ein Beschluß,
der kein günstiges Zeugniß für das Rechtsgefühl des Bundes
ausstellte und allgemeine Entrüstung hervorrief.

Bereits im Januar, als Graf Thun den Admiral Brommy
von dem bevorstehenden Aufhören der Flotte in Kenntniß gesetzt
und ihn aufgefordert hatte, Alles zu verhindern, was die Würde
und das Ansehen des Bundes beeinträchtigen könne, hatte Brommy
diesen Punkt zur Sprache gebracht. Er schrieb damals an den
Bundespräsidialgesandten: "Um aber diese schwierige Aufgabe
(nämlich die Auflösung der Flotte) zu erleichtern, dürfte es wol
geeignet erscheinen, dafür Sorge zu tragen, daß dem Officier-
corps, welches dem Dienste der deutschen Marine sich mit dem

Werner
beſeſſen — und heute? Alle jene ſchönen Hoffnungen waren ge-
knickt und zu Grabe getragen. Mit tiefer Trauer im Herzen
ſahen Officiere und Mannſchaften der Flotte die Flagge, der ſie
Treue geſchworen, langſam herniederſinken von den Maſten der
Schiffe, um nie wieder emporzuſteigen. Der ſchöne Traum war
ausgeträumt und Thränen der Wehmuth rannen über die ge-
bräunten Wangen Derer, die damit ihren Lebenshoffnungen ent-
ſagten und in eine trübe unſichere Zukunft blickten.

Die weitere Auflöſung ging nun ſchrittweiſe vor ſich. Der
als Bundescommiſſar beſtellte Staatsrath Dr. Hannibal Fiſcher
traf im Mai 1852 in Bremerhafen ein, um den Materialbe-
ſtand der Flotte zu übernehmen und denſelben zu veräußern,
was ſich in Bezug auf die Schiffe jedoch erſt im Laufe des
Jahres vollzog.

Alle ohne Patent angeſtellten Officiere wurden mit der
Abfindung eines dreimonatlichen Gehalts bereits im Mai ent-
laſſen und von den Mannſchaften nur ſo viele zurückbehalten,
als zur Bewachung der noch nicht verkauften Schiffe unumgäng-
lich nöthig waren. Am 29. Juli ordnete ein Bundesbeſchluß
auch die Entlaſſung der mit Patent und ohne Vorbehalt ange-
ſtellten Officiere und Beamten an, indem man ihnen ein Jahres-
gehalt als vollſtändige Abfindungsſumme offerirte, ein Beſchluß,
der kein günſtiges Zeugniß für das Rechtsgefühl des Bundes
ausſtellte und allgemeine Entrüſtung hervorrief.

Bereits im Januar, als Graf Thun den Admiral Brommy
von dem bevorſtehenden Aufhören der Flotte in Kenntniß geſetzt
und ihn aufgefordert hatte, Alles zu verhindern, was die Würde
und das Anſehen des Bundes beeinträchtigen könne, hatte Brommy
dieſen Punkt zur Sprache gebracht. Er ſchrieb damals an den
Bundespräſidialgeſandten: „Um aber dieſe ſchwierige Aufgabe
(nämlich die Auflöſung der Flotte) zu erleichtern, dürfte es wol
geeignet erſcheinen, dafür Sorge zu tragen, daß dem Officier-
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[222/0234] Werner beſeſſen — und heute? Alle jene ſchönen Hoffnungen waren ge- knickt und zu Grabe getragen. Mit tiefer Trauer im Herzen ſahen Officiere und Mannſchaften der Flotte die Flagge, der ſie Treue geſchworen, langſam herniederſinken von den Maſten der Schiffe, um nie wieder emporzuſteigen. Der ſchöne Traum war ausgeträumt und Thränen der Wehmuth rannen über die ge- bräunten Wangen Derer, die damit ihren Lebenshoffnungen ent- ſagten und in eine trübe unſichere Zukunft blickten. Die weitere Auflöſung ging nun ſchrittweiſe vor ſich. Der als Bundescommiſſar beſtellte Staatsrath Dr. Hannibal Fiſcher traf im Mai 1852 in Bremerhafen ein, um den Materialbe- ſtand der Flotte zu übernehmen und denſelben zu veräußern, was ſich in Bezug auf die Schiffe jedoch erſt im Laufe des Jahres vollzog. Alle ohne Patent angeſtellten Officiere wurden mit der Abfindung eines dreimonatlichen Gehalts bereits im Mai ent- laſſen und von den Mannſchaften nur ſo viele zurückbehalten, als zur Bewachung der noch nicht verkauften Schiffe unumgäng- lich nöthig waren. Am 29. Juli ordnete ein Bundesbeſchluß auch die Entlaſſung der mit Patent und ohne Vorbehalt ange- ſtellten Officiere und Beamten an, indem man ihnen ein Jahres- gehalt als vollſtändige Abfindungsſumme offerirte, ein Beſchluß, der kein günſtiges Zeugniß für das Rechtsgefühl des Bundes ausſtellte und allgemeine Entrüſtung hervorrief. Bereits im Januar, als Graf Thun den Admiral Brommy von dem bevorſtehenden Aufhören der Flotte in Kenntniß geſetzt und ihn aufgefordert hatte, Alles zu verhindern, was die Würde und das Anſehen des Bundes beeinträchtigen könne, hatte Brommy dieſen Punkt zur Sprache gebracht. Er ſchrieb damals an den Bundespräſidialgeſandten: „Um aber dieſe ſchwierige Aufgabe (nämlich die Auflöſung der Flotte) zu erleichtern, dürfte es wol geeignet erſcheinen, dafür Sorge zu tragen, daß dem Officier- corps, welches dem Dienſte der deutſchen Marine ſich mit dem

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/234>, abgerufen am 24.11.2024.