Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Die deutsche Marine 1848--1852
vollen Vertrauen widmete, das der an die Spitze der Regie-
rung gestellte Kaiserliche Fürst erweckte -- ein Beweis, daß die
neue Schöpfung keine revolutionären Tendenzen haben solle --
irgend eine Garantie für die Zukunft gegeben werde, die durch
eine plötzliche Auflösung der Flotte gefährdet sei.

"Wenn Eure Excellenz in geneigte Berücksichtigung ziehen,
daß ein Theil der Officiere durch diplomatische Verhandlungen
herübergezogen, andere aber veranlaßt wurden, lucrative Stel-
lungen aufzugeben, um sich dem Dienste des Vaterlandes zu
widmen, welches ihrer Kräfte bedurfte, daß alle diese im vollen
Glauben an die Decrete des Erzherzogs-Reichsverwesers in den
Dienst traten, so ist es gewiß nur billig, zu erwarten, daß eben
diese Decrete auch in Kraft verbleiben und die Zukunft derer
sichern, die sich plötzlich der Mittel ihrer Existenz beraubt sehen.

"Der frühere Bundestag übertrug dem Reichsverweser seine
Machtvollkommenheiten, dieser der Bundescentralcommission, von
welcher die Bundesversammlung sie wieder übernahm. Legal
war also die Marine von dem Augenblicke an, wo der Reichs-
verweser dieselbe sanctionirte, denn in einen revolutionären Dienst
würden weder ich noch die andern Officiere getreten sein.

"Ich hoffe keine Fehlbitte zu thun, wenn ich mich ver-
trauensvoll an Eure Excellenz mit dem Gesuche wende, bei
Auflösung der Flotte die gerechten und billigen Ansprüche der
Officiere bei der hohen Bundesversammlung vertreten zu wollen."

Aber weder dieser noch wiederholte Anträge des Admirals
nach dieser Richtung vermochten, trotz ihrer völligen Berechtigung,
lange Zeit eine Aenderung des bezüglichen Bundesbeschlusses nicht
herbeizuführen, und wenn später den patentirten Officieren eine
kärgliche Pension, von der allein sie nicht leben konnten und
auch nur so lange gezahlt wurde, bis sie sich eine andere Lebens-
stellung verschafft hatten, so war dies auch nicht einmal Ver-
dienst des Bundestags als solchen, sondern der Dank dafür
gebührte Preußen, dessen Gesandter, Herr von Bismarck-Schön-

Die deutſche Marine 1848—1852
vollen Vertrauen widmete, das der an die Spitze der Regie-
rung geſtellte Kaiſerliche Fürſt erweckte — ein Beweis, daß die
neue Schöpfung keine revolutionären Tendenzen haben ſolle —
irgend eine Garantie für die Zukunft gegeben werde, die durch
eine plötzliche Auflöſung der Flotte gefährdet ſei.

„Wenn Eure Excellenz in geneigte Berückſichtigung ziehen,
daß ein Theil der Officiere durch diplomatiſche Verhandlungen
herübergezogen, andere aber veranlaßt wurden, lucrative Stel-
lungen aufzugeben, um ſich dem Dienſte des Vaterlandes zu
widmen, welches ihrer Kräfte bedurfte, daß alle dieſe im vollen
Glauben an die Decrete des Erzherzogs-Reichsverweſers in den
Dienſt traten, ſo iſt es gewiß nur billig, zu erwarten, daß eben
dieſe Decrete auch in Kraft verbleiben und die Zukunft derer
ſichern, die ſich plötzlich der Mittel ihrer Exiſtenz beraubt ſehen.

„Der frühere Bundestag übertrug dem Reichsverweſer ſeine
Machtvollkommenheiten, dieſer der Bundescentralcommiſſion, von
welcher die Bundesverſammlung ſie wieder übernahm. Legal
war alſo die Marine von dem Augenblicke an, wo der Reichs-
verweſer dieſelbe ſanctionirte, denn in einen revolutionären Dienſt
würden weder ich noch die andern Officiere getreten ſein.

„Ich hoffe keine Fehlbitte zu thun, wenn ich mich ver-
trauensvoll an Eure Excellenz mit dem Geſuche wende, bei
Auflöſung der Flotte die gerechten und billigen Anſprüche der
Officiere bei der hohen Bundesverſammlung vertreten zu wollen.“

Aber weder dieſer noch wiederholte Anträge des Admirals
nach dieſer Richtung vermochten, trotz ihrer völligen Berechtigung,
lange Zeit eine Aenderung des bezüglichen Bundesbeſchluſſes nicht
herbeizuführen, und wenn ſpäter den patentirten Officieren eine
kärgliche Penſion, von der allein ſie nicht leben konnten und
auch nur ſo lange gezahlt wurde, bis ſie ſich eine andere Lebens-
ſtellung verſchafft hatten, ſo war dies auch nicht einmal Ver-
dienſt des Bundestags als ſolchen, ſondern der Dank dafür
gebührte Preußen, deſſen Geſandter, Herr von Bismarck-Schön-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0235" n="223"/><fw place="top" type="header">Die deut&#x017F;che Marine 1848&#x2014;1852</fw><lb/>
vollen Vertrauen widmete, das der an die Spitze der Regie-<lb/>
rung ge&#x017F;tellte Kai&#x017F;erliche Für&#x017F;t erweckte &#x2014; ein Beweis, daß die<lb/>
neue Schöpfung keine revolutionären Tendenzen haben &#x017F;olle &#x2014;<lb/>
irgend eine Garantie für die Zukunft gegeben werde, die durch<lb/>
eine plötzliche Auflö&#x017F;ung der Flotte gefährdet &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wenn Eure Excellenz in geneigte Berück&#x017F;ichtigung ziehen,<lb/>
daß ein Theil der Officiere durch diplomati&#x017F;che Verhandlungen<lb/>
herübergezogen, andere aber veranlaßt wurden, lucrative Stel-<lb/>
lungen aufzugeben, um &#x017F;ich dem Dien&#x017F;te des Vaterlandes zu<lb/>
widmen, welches ihrer Kräfte bedurfte, daß alle die&#x017F;e im vollen<lb/>
Glauben an die Decrete des Erzherzogs-Reichsverwe&#x017F;ers in den<lb/>
Dien&#x017F;t traten, &#x017F;o i&#x017F;t es gewiß nur billig, zu erwarten, daß eben<lb/>
die&#x017F;e Decrete auch in Kraft verbleiben und die Zukunft derer<lb/>
&#x017F;ichern, die &#x017F;ich plötzlich der Mittel ihrer Exi&#x017F;tenz beraubt &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der frühere Bundestag übertrug dem Reichsverwe&#x017F;er &#x017F;eine<lb/>
Machtvollkommenheiten, die&#x017F;er der Bundescentralcommi&#x017F;&#x017F;ion, von<lb/>
welcher die Bundesver&#x017F;ammlung &#x017F;ie wieder übernahm. Legal<lb/>
war al&#x017F;o die Marine von dem Augenblicke an, wo der Reichs-<lb/>
verwe&#x017F;er die&#x017F;elbe &#x017F;anctionirte, denn in einen revolutionären Dien&#x017F;t<lb/>
würden weder ich noch die andern Officiere getreten &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich hoffe keine Fehlbitte zu thun, wenn ich mich ver-<lb/>
trauensvoll an Eure Excellenz mit dem Ge&#x017F;uche wende, bei<lb/>
Auflö&#x017F;ung der Flotte die gerechten und billigen An&#x017F;prüche der<lb/>
Officiere bei der hohen Bundesver&#x017F;ammlung vertreten zu wollen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Aber weder die&#x017F;er noch wiederholte Anträge des Admirals<lb/>
nach die&#x017F;er Richtung vermochten, trotz ihrer völligen Berechtigung,<lb/>
lange Zeit eine Aenderung des bezüglichen Bundesbe&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es nicht<lb/>
herbeizuführen, und wenn &#x017F;päter den patentirten Officieren eine<lb/>
kärgliche Pen&#x017F;ion, von der allein &#x017F;ie nicht leben konnten und<lb/>
auch nur &#x017F;o lange gezahlt wurde, bis &#x017F;ie &#x017F;ich eine andere Lebens-<lb/>
&#x017F;tellung ver&#x017F;chafft hatten, &#x017F;o war dies auch nicht einmal Ver-<lb/>
dien&#x017F;t des Bundestags als &#x017F;olchen, &#x017F;ondern der Dank dafür<lb/>
gebührte Preußen, de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;andter, Herr von Bismarck-Schön-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0235] Die deutſche Marine 1848—1852 vollen Vertrauen widmete, das der an die Spitze der Regie- rung geſtellte Kaiſerliche Fürſt erweckte — ein Beweis, daß die neue Schöpfung keine revolutionären Tendenzen haben ſolle — irgend eine Garantie für die Zukunft gegeben werde, die durch eine plötzliche Auflöſung der Flotte gefährdet ſei. „Wenn Eure Excellenz in geneigte Berückſichtigung ziehen, daß ein Theil der Officiere durch diplomatiſche Verhandlungen herübergezogen, andere aber veranlaßt wurden, lucrative Stel- lungen aufzugeben, um ſich dem Dienſte des Vaterlandes zu widmen, welches ihrer Kräfte bedurfte, daß alle dieſe im vollen Glauben an die Decrete des Erzherzogs-Reichsverweſers in den Dienſt traten, ſo iſt es gewiß nur billig, zu erwarten, daß eben dieſe Decrete auch in Kraft verbleiben und die Zukunft derer ſichern, die ſich plötzlich der Mittel ihrer Exiſtenz beraubt ſehen. „Der frühere Bundestag übertrug dem Reichsverweſer ſeine Machtvollkommenheiten, dieſer der Bundescentralcommiſſion, von welcher die Bundesverſammlung ſie wieder übernahm. Legal war alſo die Marine von dem Augenblicke an, wo der Reichs- verweſer dieſelbe ſanctionirte, denn in einen revolutionären Dienſt würden weder ich noch die andern Officiere getreten ſein. „Ich hoffe keine Fehlbitte zu thun, wenn ich mich ver- trauensvoll an Eure Excellenz mit dem Geſuche wende, bei Auflöſung der Flotte die gerechten und billigen Anſprüche der Officiere bei der hohen Bundesverſammlung vertreten zu wollen.“ Aber weder dieſer noch wiederholte Anträge des Admirals nach dieſer Richtung vermochten, trotz ihrer völligen Berechtigung, lange Zeit eine Aenderung des bezüglichen Bundesbeſchluſſes nicht herbeizuführen, und wenn ſpäter den patentirten Officieren eine kärgliche Penſion, von der allein ſie nicht leben konnten und auch nur ſo lange gezahlt wurde, bis ſie ſich eine andere Lebens- ſtellung verſchafft hatten, ſo war dies auch nicht einmal Ver- dienſt des Bundestags als ſolchen, ſondern der Dank dafür gebührte Preußen, deſſen Geſandter, Herr von Bismarck-Schön-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/235
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/235>, abgerufen am 21.11.2024.