werben lassen wollte, dessen ganze Erscheinung einen sehr guten Eindruck machte.
"Wie lange haben Sie gefahren?" lautete wieder die Frage des ersten Officiers.
"Sieben Jahre!" war die prompte und sichere Erwide- rung des jungen Mannes.
"Gut!" sagte der Officier, der sich nicht wenig freute, nach langer Pause wieder einmal einen befahrenen Seemann gekapert zu haben, und ohne sich weiter nach dessen Papieren zu erkun- digen setzte er hinzu, "wenn der Doctor Sie gesund befindet, können Sie als Matrose I. Classe eingestellt werden und es bald zum Unterofficier bringen, wenn Sie sich gut machen."
Die ärztliche Untersuchung ergab ein günstiges Resultat, der Betreffende wurde vereidet und eingekleidet. Auch der Bootsmann gab seiner Freude über die ungewohnte Acquisition Ausdruck. Er war ein Mecklenburger und der Typus eines eingefleischten alten Seemanns. "Gott sei Dank!" äußerte er, "nun bekommt man doch endlich einmal wieder einen vernünfti- gen Kerl zu allen den Landlubbern, den man bei einem ordentlichen Stück Matrosenarbeit anstellen kann."
Am andern Tage gab es ein solches Stück Arbeit, und Mohr, so hieß der neu angeworbene Matrose I. Classe, wurde vom Bootsmann damit betraut. Wie staunte der Letztere aber, als er sah, daß Mohr offenbar nicht die leiseste Ah- nung von der Behandlung des ihm gewordenen Auftrages hatte und dieser auch ganz unbefangen erklärte, davon verstehe er nichts.
"Was? Mann!" rief der Bootsmann in heller Entrüstung, "das verstehst Du nicht und Du willst sieben Jahre gefahren haben! Wo hast Du denn gefahren?"
"Auf dem Bock," lautete die Antwort.
"Was war das für ein Fahrzeug, ein ordentliches Schiff oder ein Stein Ewer?"
„Wie lange haben Sie gefahren?“ lautete wieder die Frage des erſten Officiers.
„Sieben Jahre!“ war die prompte und ſichere Erwide- rung des jungen Mannes.
„Gut!“ ſagte der Officier, der ſich nicht wenig freute, nach langer Pauſe wieder einmal einen befahrenen Seemann gekapert zu haben, und ohne ſich weiter nach deſſen Papieren zu erkun- digen ſetzte er hinzu, „wenn der Doctor Sie geſund befindet, können Sie als Matroſe I. Claſſe eingeſtellt werden und es bald zum Unterofficier bringen, wenn Sie ſich gut machen.“
Die ärztliche Unterſuchung ergab ein günſtiges Reſultat, der Betreffende wurde vereidet und eingekleidet. Auch der Bootsmann gab ſeiner Freude über die ungewohnte Acquiſition Ausdruck. Er war ein Mecklenburger und der Typus eines eingefleiſchten alten Seemanns. „Gott ſei Dank!“ äußerte er, „nun bekommt man doch endlich einmal wieder einen vernünfti- gen Kerl zu allen den Landlubbern, den man bei einem ordentlichen Stück Matroſenarbeit anſtellen kann.“
Am andern Tage gab es ein ſolches Stück Arbeit, und Mohr, ſo hieß der neu angeworbene Matroſe I. Claſſe, wurde vom Bootsmann damit betraut. Wie ſtaunte der Letztere aber, als er ſah, daß Mohr offenbar nicht die leiſeſte Ah- nung von der Behandlung des ihm gewordenen Auftrages hatte und dieſer auch ganz unbefangen erklärte, davon verſtehe er nichts.
„Was? Mann!“ rief der Bootsmann in heller Entrüſtung, „das verſtehſt Du nicht und Du willſt ſieben Jahre gefahren haben! Wo haſt Du denn gefahren?“
„Auf dem Bock,“ lautete die Antwort.
„Was war das für ein Fahrzeug, ein ordentliches Schiff oder ein Stein Ewer?“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0245"n="233"/><fwplace="top"type="header">Ernſtes und Heiteres</fw><lb/>
werben laſſen wollte, deſſen ganze Erſcheinung einen ſehr guten<lb/>
Eindruck machte.</p><lb/><p>„Wie lange haben Sie gefahren?“ lautete wieder die Frage<lb/>
des erſten Officiers.</p><lb/><p>„Sieben Jahre!“ war die prompte und ſichere Erwide-<lb/>
rung des jungen Mannes.</p><lb/><p>„Gut!“ſagte der Officier, der ſich nicht wenig freute, nach<lb/>
langer Pauſe wieder einmal einen befahrenen Seemann gekapert<lb/>
zu haben, und ohne ſich weiter nach deſſen Papieren zu erkun-<lb/>
digen ſetzte er hinzu, „wenn der Doctor Sie geſund befindet,<lb/>
können Sie als Matroſe <hirendition="#aq">I.</hi> Claſſe eingeſtellt werden und es<lb/>
bald zum Unterofficier bringen, wenn Sie ſich gut machen.“</p><lb/><p>Die ärztliche Unterſuchung ergab ein günſtiges Reſultat,<lb/>
der Betreffende wurde vereidet und eingekleidet. Auch der<lb/>
Bootsmann gab ſeiner Freude über die ungewohnte Acquiſition<lb/>
Ausdruck. Er war ein Mecklenburger und der Typus eines<lb/>
eingefleiſchten alten Seemanns. „Gott ſei Dank!“ äußerte er,<lb/>„nun bekommt man doch endlich einmal wieder einen vernünfti-<lb/>
gen Kerl zu allen den Landlubbern, den man bei einem<lb/>
ordentlichen Stück Matroſenarbeit anſtellen kann.“</p><lb/><p>Am andern Tage gab es ein ſolches Stück Arbeit, und<lb/>
Mohr, ſo hieß der neu angeworbene Matroſe <hirendition="#aq">I.</hi> Claſſe, wurde<lb/>
vom Bootsmann damit betraut. Wie ſtaunte der Letztere<lb/>
aber, als er ſah, daß Mohr offenbar nicht die leiſeſte Ah-<lb/>
nung von der Behandlung des ihm gewordenen Auftrages<lb/>
hatte und dieſer auch ganz unbefangen erklärte, davon verſtehe<lb/>
er nichts.</p><lb/><p>„Was? Mann!“ rief der Bootsmann in heller Entrüſtung,<lb/>„das verſtehſt Du nicht und Du willſt ſieben Jahre gefahren<lb/>
haben! Wo haſt Du denn gefahren?“</p><lb/><p>„Auf dem Bock,“ lautete die Antwort.</p><lb/><p>„Was war das für ein Fahrzeug, ein ordentliches Schiff<lb/>
oder ein Stein Ewer?“</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[233/0245]
Ernſtes und Heiteres
werben laſſen wollte, deſſen ganze Erſcheinung einen ſehr guten
Eindruck machte.
„Wie lange haben Sie gefahren?“ lautete wieder die Frage
des erſten Officiers.
„Sieben Jahre!“ war die prompte und ſichere Erwide-
rung des jungen Mannes.
„Gut!“ ſagte der Officier, der ſich nicht wenig freute, nach
langer Pauſe wieder einmal einen befahrenen Seemann gekapert
zu haben, und ohne ſich weiter nach deſſen Papieren zu erkun-
digen ſetzte er hinzu, „wenn der Doctor Sie geſund befindet,
können Sie als Matroſe I. Claſſe eingeſtellt werden und es
bald zum Unterofficier bringen, wenn Sie ſich gut machen.“
Die ärztliche Unterſuchung ergab ein günſtiges Reſultat,
der Betreffende wurde vereidet und eingekleidet. Auch der
Bootsmann gab ſeiner Freude über die ungewohnte Acquiſition
Ausdruck. Er war ein Mecklenburger und der Typus eines
eingefleiſchten alten Seemanns. „Gott ſei Dank!“ äußerte er,
„nun bekommt man doch endlich einmal wieder einen vernünfti-
gen Kerl zu allen den Landlubbern, den man bei einem
ordentlichen Stück Matroſenarbeit anſtellen kann.“
Am andern Tage gab es ein ſolches Stück Arbeit, und
Mohr, ſo hieß der neu angeworbene Matroſe I. Claſſe, wurde
vom Bootsmann damit betraut. Wie ſtaunte der Letztere
aber, als er ſah, daß Mohr offenbar nicht die leiſeſte Ah-
nung von der Behandlung des ihm gewordenen Auftrages
hatte und dieſer auch ganz unbefangen erklärte, davon verſtehe
er nichts.
„Was? Mann!“ rief der Bootsmann in heller Entrüſtung,
„das verſtehſt Du nicht und Du willſt ſieben Jahre gefahren
haben! Wo haſt Du denn gefahren?“
„Auf dem Bock,“ lautete die Antwort.
„Was war das für ein Fahrzeug, ein ordentliches Schiff
oder ein Stein Ewer?“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/245>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.