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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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großes Talent verrathenden Carricaturen -- wenigstens wurde
nie nach dem Urheber geforscht.

Des Kapitäns alter ego war ein von ihm aus Belgien
verschriebener Profoß, der Ueberall und Nirgends an Bord
eines Kriegsschiffes, bei uns Stabswachtmeister genannt. Er
übt die Polizei an Bord aus, hat auf die Befolgung von
tausenderlei Vorschriften und Bestimmungen zu achten, die das
Getriebe des so complicirten inneren und äußeren Dienstes regeln
und ist deshalb eine gefürchtete, aber auch eine viel geplagte
Persönlichkeit an Bord. Er hat die Ordnung und Reinlich-
keit in den Wohnräumen der Mannschaft, sowie Feuer und Licht
zu überwachen, und auch die Officiere müssen sich seiner Autori-
tät fügen, wenn er um zehn Uhr Abends in der Messe oder
in den Kammern erscheint, um darauf aufmerksam zu machen,
daß die Zeit zum Löschen der Lichter gekommen. Bei der abend-
lichen Ronde, die der erste Officier im ganzen Schiffe vornimmt,
ist er eine Hauptperson, und bei jedesmaligem Wachwechsel aller vier
Stunden hat er aufzustehen und danach zu sehen, daß die Leute
schnell aus den Hängematten kommen. Er muß die Austhei-
lung des Essens und der Spirituosen beaufsichtigen, die Arre-
stanten versorgen, die Beurlaubten controlliren, die Ausbleiben-
den an Land aufsuchen und bei ihrer Rückkehr sie und die
Boote dahin revidiren, daß nicht verbotene Getränke an Bord
geschmuggelt werden. Bei dem täglichen Strafrapport meldet
er als öffentlicher Ankläger alle die Unglücklichen, die in den
letzten 24 Stunden sich irgend ein Vergehen haben zu Schulden
kommen lassen und wäre es auch nur, daß sie einen Fettfleck
auf das reingescheuerte Deck gemacht haben oder eine Minute
länger in ihrer Hängematte geblieben sind, nachdem die Pfiffe
der Bootsmannsmaate das Signal zum Wachwechsel gegeben
haben. Kurz die Stellung des Profoß ist keine beneidenswerthe.

An Bord der "Deutschland" hatte er noch sein besonderes
Augenmerk auf die Seejunker zu richten; er war der unzer-

Werner
großes Talent verrathenden Carricaturen — wenigſtens wurde
nie nach dem Urheber geforſcht.

Des Kapitäns alter ego war ein von ihm aus Belgien
verſchriebener Profoß, der Ueberall und Nirgends an Bord
eines Kriegsſchiffes, bei uns Stabswachtmeiſter genannt. Er
übt die Polizei an Bord aus, hat auf die Befolgung von
tauſenderlei Vorſchriften und Beſtimmungen zu achten, die das
Getriebe des ſo complicirten inneren und äußeren Dienſtes regeln
und iſt deshalb eine gefürchtete, aber auch eine viel geplagte
Perſönlichkeit an Bord. Er hat die Ordnung und Reinlich-
keit in den Wohnräumen der Mannſchaft, ſowie Feuer und Licht
zu überwachen, und auch die Officiere müſſen ſich ſeiner Autori-
tät fügen, wenn er um zehn Uhr Abends in der Meſſe oder
in den Kammern erſcheint, um darauf aufmerkſam zu machen,
daß die Zeit zum Löſchen der Lichter gekommen. Bei der abend-
lichen Ronde, die der erſte Officier im ganzen Schiffe vornimmt,
iſt er eine Hauptperſon, und bei jedesmaligem Wachwechſel aller vier
Stunden hat er aufzuſtehen und danach zu ſehen, daß die Leute
ſchnell aus den Hängematten kommen. Er muß die Austhei-
lung des Eſſens und der Spirituoſen beaufſichtigen, die Arre-
ſtanten verſorgen, die Beurlaubten controlliren, die Ausbleiben-
den an Land aufſuchen und bei ihrer Rückkehr ſie und die
Boote dahin revidiren, daß nicht verbotene Getränke an Bord
geſchmuggelt werden. Bei dem täglichen Strafrapport meldet
er als öffentlicher Ankläger alle die Unglücklichen, die in den
letzten 24 Stunden ſich irgend ein Vergehen haben zu Schulden
kommen laſſen und wäre es auch nur, daß ſie einen Fettfleck
auf das reingeſcheuerte Deck gemacht haben oder eine Minute
länger in ihrer Hängematte geblieben ſind, nachdem die Pfiffe
der Bootsmannsmaate das Signal zum Wachwechſel gegeben
haben. Kurz die Stellung des Profoß iſt keine beneidenswerthe.

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Augenmerk auf die Seejunker zu richten; er war der unzer-

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[288/0300] Werner großes Talent verrathenden Carricaturen — wenigſtens wurde nie nach dem Urheber geforſcht. Des Kapitäns alter ego war ein von ihm aus Belgien verſchriebener Profoß, der Ueberall und Nirgends an Bord eines Kriegsſchiffes, bei uns Stabswachtmeiſter genannt. Er übt die Polizei an Bord aus, hat auf die Befolgung von tauſenderlei Vorſchriften und Beſtimmungen zu achten, die das Getriebe des ſo complicirten inneren und äußeren Dienſtes regeln und iſt deshalb eine gefürchtete, aber auch eine viel geplagte Perſönlichkeit an Bord. Er hat die Ordnung und Reinlich- keit in den Wohnräumen der Mannſchaft, ſowie Feuer und Licht zu überwachen, und auch die Officiere müſſen ſich ſeiner Autori- tät fügen, wenn er um zehn Uhr Abends in der Meſſe oder in den Kammern erſcheint, um darauf aufmerkſam zu machen, daß die Zeit zum Löſchen der Lichter gekommen. Bei der abend- lichen Ronde, die der erſte Officier im ganzen Schiffe vornimmt, iſt er eine Hauptperſon, und bei jedesmaligem Wachwechſel aller vier Stunden hat er aufzuſtehen und danach zu ſehen, daß die Leute ſchnell aus den Hängematten kommen. Er muß die Austhei- lung des Eſſens und der Spirituoſen beaufſichtigen, die Arre- ſtanten verſorgen, die Beurlaubten controlliren, die Ausbleiben- den an Land aufſuchen und bei ihrer Rückkehr ſie und die Boote dahin revidiren, daß nicht verbotene Getränke an Bord geſchmuggelt werden. Bei dem täglichen Strafrapport meldet er als öffentlicher Ankläger alle die Unglücklichen, die in den letzten 24 Stunden ſich irgend ein Vergehen haben zu Schulden kommen laſſen und wäre es auch nur, daß ſie einen Fettfleck auf das reingeſcheuerte Deck gemacht haben oder eine Minute länger in ihrer Hängematte geblieben ſind, nachdem die Pfiffe der Bootsmannsmaate das Signal zum Wachwechſel gegeben haben. Kurz die Stellung des Profoß iſt keine beneidenswerthe. An Bord der „Deutſchland“ hatte er noch ſein beſonderes Augenmerk auf die Seejunker zu richten; er war der unzer-

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/300>, abgerufen am 22.11.2024.