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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
mochte, es sei nicht im entferntesten meine Absicht, ihn auszu-
liefern, er könne vielmehr in Cartagena gehen, wohin er wolle.

Man sieht, wes Geisteskinder die Leiter der Intransigen-
ten waren.

In der darauffolgenden Nacht begegneten wir der eng-
lischen Mittelmeerflotte unter Befehl des Viceadmiral Yelverton,
zu welcher auch der "Swiftsure" gehörte. Kapitän Ward fuhr
an Bord des Flaggschiffes und meldete seinem Befehlshaber
die von uns gethanen Schritte. Der Admiral billigte dieselben
vollständig, war jedoch der Ansicht, die Schiffe nicht im Hafen
von Cartagena zu blockiren, sondern sie und sämmtliche Waffen
mit Beschlag zu belegen, die Besatzungen dagegen an Land zu
schicken, was wir infolge dessen auch zu thun beschlossen.

Am nächsten Tage fand zwischen "Almansa" und "Fried-
rich Karl" eine Collision statt, bei der letzterem jedoch nur ein
Boot ruinirt wurde, während die "Almansa" sich ihr ganzes
Vorgeschirr zerbrach. Da ich Ursache zu der Annahme hatte,
der Zusammenstoß sei von der "Almansa", wenn nicht absicht-
lich, so doch aus strafbarer Nachlässigkeit herbeigeführt, so änderte
ich die Fahrordnung, gab beiden spanischen Schiffen die Weisung,
voranzudampfen und drohte ihnen, eine Granate über Deck zu
feuern, sobald sie sich wieder von dem aufgegebenen Curse ent-
fernten. Gleichzeitig befahl ich, die spanische Flagge zu streichen
und statt derselben die Quarantäneflagge zu setzen. Ich glaubte
kaum, daß man diesem Befehle ohne weiteres nachkommen
würde und ließ deshalb beide Schiffe klar zum Gefecht machen,
aber es wurde ohne Widerspruch gehorcht, und so langten wir
am 3. August Mittags auf der Rhede von Escombrero an.

Bei der großen Aufregung, welche schon die Fortnahme
der "Vigilante" in Cartagena hervorgerufen, konnten wir
uns wol vorstellen, welche Gefühle die der Revolution an-
hängenden Bewohner der Stadt bewegen mußten, wenn sie

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Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
mochte, es ſei nicht im entfernteſten meine Abſicht, ihn auszu-
liefern, er könne vielmehr in Cartagena gehen, wohin er wolle.

Man ſieht, wes Geiſteskinder die Leiter der Intranſigen-
ten waren.

In der darauffolgenden Nacht begegneten wir der eng-
liſchen Mittelmeerflotte unter Befehl des Viceadmiral Yelverton,
zu welcher auch der „Swiftſure“ gehörte. Kapitän Ward fuhr
an Bord des Flaggſchiffes und meldete ſeinem Befehlshaber
die von uns gethanen Schritte. Der Admiral billigte dieſelben
vollſtändig, war jedoch der Anſicht, die Schiffe nicht im Hafen
von Cartagena zu blockiren, ſondern ſie und ſämmtliche Waffen
mit Beſchlag zu belegen, die Beſatzungen dagegen an Land zu
ſchicken, was wir infolge deſſen auch zu thun beſchloſſen.

Am nächſten Tage fand zwiſchen „Almanſa“ und „Fried-
rich Karl“ eine Colliſion ſtatt, bei der letzterem jedoch nur ein
Boot ruinirt wurde, während die „Almanſa“ ſich ihr ganzes
Vorgeſchirr zerbrach. Da ich Urſache zu der Annahme hatte,
der Zuſammenſtoß ſei von der „Almanſa“, wenn nicht abſicht-
lich, ſo doch aus ſtrafbarer Nachläſſigkeit herbeigeführt, ſo änderte
ich die Fahrordnung, gab beiden ſpaniſchen Schiffen die Weiſung,
voranzudampfen und drohte ihnen, eine Granate über Deck zu
feuern, ſobald ſie ſich wieder von dem aufgegebenen Curſe ent-
fernten. Gleichzeitig befahl ich, die ſpaniſche Flagge zu ſtreichen
und ſtatt derſelben die Quarantäneflagge zu ſetzen. Ich glaubte
kaum, daß man dieſem Befehle ohne weiteres nachkommen
würde und ließ deshalb beide Schiffe klar zum Gefecht machen,
aber es wurde ohne Widerſpruch gehorcht, und ſo langten wir
am 3. Auguſt Mittags auf der Rhede von Escombrero an.

Bei der großen Aufregung, welche ſchon die Fortnahme
der „Vigilante“ in Cartagena hervorgerufen, konnten wir
uns wol vorſtellen, welche Gefühle die der Revolution an-
hängenden Bewohner der Stadt bewegen mußten, wenn ſie

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[403/0415] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer mochte, es ſei nicht im entfernteſten meine Abſicht, ihn auszu- liefern, er könne vielmehr in Cartagena gehen, wohin er wolle. Man ſieht, wes Geiſteskinder die Leiter der Intranſigen- ten waren. In der darauffolgenden Nacht begegneten wir der eng- liſchen Mittelmeerflotte unter Befehl des Viceadmiral Yelverton, zu welcher auch der „Swiftſure“ gehörte. Kapitän Ward fuhr an Bord des Flaggſchiffes und meldete ſeinem Befehlshaber die von uns gethanen Schritte. Der Admiral billigte dieſelben vollſtändig, war jedoch der Anſicht, die Schiffe nicht im Hafen von Cartagena zu blockiren, ſondern ſie und ſämmtliche Waffen mit Beſchlag zu belegen, die Beſatzungen dagegen an Land zu ſchicken, was wir infolge deſſen auch zu thun beſchloſſen. Am nächſten Tage fand zwiſchen „Almanſa“ und „Fried- rich Karl“ eine Colliſion ſtatt, bei der letzterem jedoch nur ein Boot ruinirt wurde, während die „Almanſa“ ſich ihr ganzes Vorgeſchirr zerbrach. Da ich Urſache zu der Annahme hatte, der Zuſammenſtoß ſei von der „Almanſa“, wenn nicht abſicht- lich, ſo doch aus ſtrafbarer Nachläſſigkeit herbeigeführt, ſo änderte ich die Fahrordnung, gab beiden ſpaniſchen Schiffen die Weiſung, voranzudampfen und drohte ihnen, eine Granate über Deck zu feuern, ſobald ſie ſich wieder von dem aufgegebenen Curſe ent- fernten. Gleichzeitig befahl ich, die ſpaniſche Flagge zu ſtreichen und ſtatt derſelben die Quarantäneflagge zu ſetzen. Ich glaubte kaum, daß man dieſem Befehle ohne weiteres nachkommen würde und ließ deshalb beide Schiffe klar zum Gefecht machen, aber es wurde ohne Widerſpruch gehorcht, und ſo langten wir am 3. Auguſt Mittags auf der Rhede von Escombrero an. Bei der großen Aufregung, welche ſchon die Fortnahme der „Vigilante“ in Cartagena hervorgerufen, konnten wir uns wol vorſtellen, welche Gefühle die der Revolution an- hängenden Bewohner der Stadt bewegen mußten, wenn ſie 26*

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/415>, abgerufen am 21.11.2024.