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Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874.

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Was ist es denn?

Taschentuch nennen wir's.

Wie kann man es denn noch nennen?

Nun, wie man's in noblen Zweigen begreif ich in Adeln
sich bewegt.

(Ein Bleistift wird gezeigt.)

Ich dacht, es wäre ein kleiner Kolinomitz, aber es ist nicht.

Was ist es denn?

Ich habe es immer unter dem Neuman Neu- Bleistift.

(Eine Brille wird gezeigt.)

Das nennt man die Brücke, Brikke nennt man es.

Wozu brauch ich es denn, zum Spass?

Ach nein, um eben das meilige golden, um eben sein An-
sehen zu entwickeln.

Der Gang ist bedeutend sicherer geworden. Der Augenspiegel
ergiebt völlig normale Papillen.

Am 4. April war beim Gange keine Spur von Lähmung
mehr zu erblicken. Die Aphasie nur noch dadurch bemerklich,
dass hin und wieder der Anfang eines Wortes unsicher heraus-
kam oder am Ende eines Wortes eine unaccentuirte Sylbe einen
falschen Vocal trug etc. Auch die Alexie ist verschwunden; bei
schwierigeren Wörtern wie "Zugrundelegung" wird nur noch die
letzte Sylbe unklar. Dagegen kann er ihm unbekannte oder
Fremdwörter nur entstellt wiedergeben, indem er nur einige Sylben
davon beibehält, die übrigen nach Willkür ergänzt. Complicirte
Zahlen, wie 25, 394 liesst er richtig herunter. Am auffälligsten
ist die Störung noch beim Schreiben. Ehe er zu schreiben an-
fängt, muss er sich lange besinnen; der Anfang des dictirten
Satzes gelingt ihm dann, das Ende nicht mehr. Er soll das Wort
Goldarbeiter schreiben, nachdem er soeben von einem Pince-nez
gesprochen hat und fängt an Paen ... Nach einiger Zeit ist er
vollständig ermüdet und kann sich nicht mehr zu dem Entschlusse
aufraffen, ein Wort anzufangen.



Die beiden letzt beschriebenen Fälle gehören sichtlich zu
einander. Beide haben volles Verständniss für das Gesprochene,
beiden steht noch ihr ganzer Wortvorrath zu Gebote, aber sie
können über ihn je nach Stimmung und Situation in verschiedenem
Grade verfügen. Der eine, Beckmann, ist aber psychisch noch
vollständig intact, der andere, Kunschkel, ist schwachsinnig,

Was ist es denn?

Taschentuch nennen wir’s.

Wie kann man es denn noch nennen?

Nun, wie man’s in noblen Zweigen begreif ich in Adeln
sich bewegt.

(Ein Bleistift wird gezeigt.)

Ich dacht, es wäre ein kleiner Kolinomitz, aber es ist nicht.

Was ist es denn?

Ich habe es immer unter dem Neuman Neu- Bleistift.

(Eine Brille wird gezeigt.)

Das nennt man die Brücke, Brikke nennt man es.

Wozu brauch ich es denn, zum Spass?

Ach nein, um eben das meilige golden, um eben sein An-
sehen zu entwickeln.

Der Gang ist bedeutend sicherer geworden. Der Augenspiegel
ergiebt völlig normale Papillen.

Am 4. April war beim Gange keine Spur von Lähmung
mehr zu erblicken. Die Aphasie nur noch dadurch bemerklich,
dass hin und wieder der Anfang eines Wortes unsicher heraus-
kam oder am Ende eines Wortes eine unaccentuirte Sylbe einen
falschen Vocal trug etc. Auch die Alexie ist verschwunden; bei
schwierigeren Wörtern wie „Zugrundelegung‟ wird nur noch die
letzte Sylbe unklar. Dagegen kann er ihm unbekannte oder
Fremdwörter nur entstellt wiedergeben, indem er nur einige Sylben
davon beibehält, die übrigen nach Willkür ergänzt. Complicirte
Zahlen, wie 25, 394 liesst er richtig herunter. Am auffälligsten
ist die Störung noch beim Schreiben. Ehe er zu schreiben an-
fängt, muss er sich lange besinnen; der Anfang des dictirten
Satzes gelingt ihm dann, das Ende nicht mehr. Er soll das Wort
Goldarbeiter schreiben, nachdem er soeben von einem Pince-nez
gesprochen hat und fängt an Paen … Nach einiger Zeit ist er
vollständig ermüdet und kann sich nicht mehr zu dem Entschlusse
aufraffen, ein Wort anzufangen.



Die beiden letzt beschriebenen Fälle gehören sichtlich zu
einander. Beide haben volles Verständniss für das Gesprochene,
beiden steht noch ihr ganzer Wortvorrath zu Gebote, aber sie
können über ihn je nach Stimmung und Situation in verschiedenem
Grade verfügen. Der eine, Beckmann, ist aber psychisch noch
vollständig intact, der andere, Kunschkel, ist schwachsinnig,

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[52/0056] Was ist es denn? Taschentuch nennen wir’s. Wie kann man es denn noch nennen? Nun, wie man’s in noblen Zweigen begreif ich in Adeln sich bewegt. (Ein Bleistift wird gezeigt.) Ich dacht, es wäre ein kleiner Kolinomitz, aber es ist nicht. Was ist es denn? Ich habe es immer unter dem Neuman Neu- Bleistift. (Eine Brille wird gezeigt.) Das nennt man die Brücke, Brikke nennt man es. Wozu brauch ich es denn, zum Spass? Ach nein, um eben das meilige golden, um eben sein An- sehen zu entwickeln. Der Gang ist bedeutend sicherer geworden. Der Augenspiegel ergiebt völlig normale Papillen. Am 4. April war beim Gange keine Spur von Lähmung mehr zu erblicken. Die Aphasie nur noch dadurch bemerklich, dass hin und wieder der Anfang eines Wortes unsicher heraus- kam oder am Ende eines Wortes eine unaccentuirte Sylbe einen falschen Vocal trug etc. Auch die Alexie ist verschwunden; bei schwierigeren Wörtern wie „Zugrundelegung‟ wird nur noch die letzte Sylbe unklar. Dagegen kann er ihm unbekannte oder Fremdwörter nur entstellt wiedergeben, indem er nur einige Sylben davon beibehält, die übrigen nach Willkür ergänzt. Complicirte Zahlen, wie 25, 394 liesst er richtig herunter. Am auffälligsten ist die Störung noch beim Schreiben. Ehe er zu schreiben an- fängt, muss er sich lange besinnen; der Anfang des dictirten Satzes gelingt ihm dann, das Ende nicht mehr. Er soll das Wort Goldarbeiter schreiben, nachdem er soeben von einem Pince-nez gesprochen hat und fängt an Paen … Nach einiger Zeit ist er vollständig ermüdet und kann sich nicht mehr zu dem Entschlusse aufraffen, ein Wort anzufangen. Die beiden letzt beschriebenen Fälle gehören sichtlich zu einander. Beide haben volles Verständniss für das Gesprochene, beiden steht noch ihr ganzer Wortvorrath zu Gebote, aber sie können über ihn je nach Stimmung und Situation in verschiedenem Grade verfügen. Der eine, Beckmann, ist aber psychisch noch vollständig intact, der andere, Kunschkel, ist schwachsinnig,

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Zitationshilfe: Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wernicke_symptomencomplex_1874/56>, abgerufen am 21.11.2024.