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Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874.

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zu bezeichnen. Die Zunge kann herausgestreckt werden. Sie
versteht, was zu ihr gesprochen wird.

29. März. Geringe Besserung, eine gewisse, allerdings un-
deutliche Articulation bei ihren Versuchen zu sprechen, bemerklich.

30. März. Die Nacht war gut. Heut früh ohne jeden Laut,
kann nicht mehr schlingen. Der Unterkiefer hängt herunter, die
Zunge heraus, der Speichel fliesst aus dem Munde. Rechtsseitige
Hemiplegie, auch im Gesichte nachzuweisen.

Die Extensoren des rechten Beines sind angespannt, es kann
nur mit Widerstand gebeugt werden. Der rechte Arm vorwiegend
gelähmt.

Schmerzempfindlichkeit allgemein abgeschwächt (durch Nadel-
stiche geprüft) am meisten an der rechten Hand. Der Augen-
spiegel ergiebt grauröthlich verfärbte Papillen ohne Stauungser-
scheinungen. Sie versteht einfache Aufträge und bedient sich zur
Ausführung der linken Hand.

Bei der Einführung der Schlundröhre zur künstlichen Füt-
terung schreit sie und wehrt sich, drückt aber nachher dem Arzte
die Hand. Der Tod erfolgte am 10. April 1874. Die Section
ergab pachymeningitische Adhäsionen an das Schädeldach, Osteo-
phyten der inneren Schädelwand, beiderseits atrophische Windun-
gen. Links findet sich ein Erweichungsheerd, welcher von der
Anastomose zwischen I. und II. Schläfezuge am meisten an die
Oberfläche reicht, daselbst ist die Pia adhärent. Von da aus reicht
der Erweichungsheerd nur wenig in der Tiefe des Marklagers
nach hinten. Dagegen erstreckt er sich nach vorn im Marklager
bis über die Broca'sche Stelle hinaus. Diese selbst ist nicht berührt
wohl aber der äussere Theil des Marklagers, in welches sie sich
einsenkt. Auch das Mark der Centralwindungen ist in derselben
Weise unterbrochen.

In geringer Entfernung von diesem Heerde nach hinten,
den Uebergangswindungen nach dem Hinterhauptslappen (Gratiolet)
entsprechend, ist das Marklager der Hemisphäre ebenfalls erweicht.
Rechts ist die freie Fläche der Convexität in grösserer Aus-
dehnung betheiligt. Ein grosser Erweichungsheerd nimmt fast die
ganze Breite der Hemisphäre hinter der Centralfurche ein. Die
Umgebung des Heerdes ist sclerosirt, die graue Substanz der
Windungen zeigt daselbst einen intensiv rothen Streifen.

Beide Gyri fornicati intact, ebenso die Gewölbeschenkel.

zu bezeichnen. Die Zunge kann herausgestreckt werden. Sie
versteht, was zu ihr gesprochen wird.

29. März. Geringe Besserung, eine gewisse, allerdings un-
deutliche Articulation bei ihren Versuchen zu sprechen, bemerklich.

30. März. Die Nacht war gut. Heut früh ohne jeden Laut,
kann nicht mehr schlingen. Der Unterkiefer hängt herunter, die
Zunge heraus, der Speichel fliesst aus dem Munde. Rechtsseitige
Hemiplegie, auch im Gesichte nachzuweisen.

Die Extensoren des rechten Beines sind angespannt, es kann
nur mit Widerstand gebeugt werden. Der rechte Arm vorwiegend
gelähmt.

Schmerzempfindlichkeit allgemein abgeschwächt (durch Nadel-
stiche geprüft) am meisten an der rechten Hand. Der Augen-
spiegel ergiebt grauröthlich verfärbte Papillen ohne Stauungser-
scheinungen. Sie versteht einfache Aufträge und bedient sich zur
Ausführung der linken Hand.

Bei der Einführung der Schlundröhre zur künstlichen Füt-
terung schreit sie und wehrt sich, drückt aber nachher dem Arzte
die Hand. Der Tod erfolgte am 10. April 1874. Die Section
ergab pachymeningitische Adhäsionen an das Schädeldach, Osteo-
phyten der inneren Schädelwand, beiderseits atrophische Windun-
gen. Links findet sich ein Erweichungsheerd, welcher von der
Anastomose zwischen I. und II. Schläfezuge am meisten an die
Oberfläche reicht, daselbst ist die Pia adhärent. Von da aus reicht
der Erweichungsheerd nur wenig in der Tiefe des Marklagers
nach hinten. Dagegen erstreckt er sich nach vorn im Marklager
bis über die Broca’sche Stelle hinaus. Diese selbst ist nicht berührt
wohl aber der äussere Theil des Marklagers, in welches sie sich
einsenkt. Auch das Mark der Centralwindungen ist in derselben
Weise unterbrochen.

In geringer Entfernung von diesem Heerde nach hinten,
den Uebergangswindungen nach dem Hinterhauptslappen (Gratiolet)
entsprechend, ist das Marklager der Hemisphäre ebenfalls erweicht.
Rechts ist die freie Fläche der Convexität in grösserer Aus-
dehnung betheiligt. Ein grosser Erweichungsheerd nimmt fast die
ganze Breite der Hemisphäre hinter der Centralfurche ein. Die
Umgebung des Heerdes ist sclerosirt, die graue Substanz der
Windungen zeigt daselbst einen intensiv rothen Streifen.

Beide Gyri fornicati intact, ebenso die Gewölbeschenkel.

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[56/0060] zu bezeichnen. Die Zunge kann herausgestreckt werden. Sie versteht, was zu ihr gesprochen wird. 29. März. Geringe Besserung, eine gewisse, allerdings un- deutliche Articulation bei ihren Versuchen zu sprechen, bemerklich. 30. März. Die Nacht war gut. Heut früh ohne jeden Laut, kann nicht mehr schlingen. Der Unterkiefer hängt herunter, die Zunge heraus, der Speichel fliesst aus dem Munde. Rechtsseitige Hemiplegie, auch im Gesichte nachzuweisen. Die Extensoren des rechten Beines sind angespannt, es kann nur mit Widerstand gebeugt werden. Der rechte Arm vorwiegend gelähmt. Schmerzempfindlichkeit allgemein abgeschwächt (durch Nadel- stiche geprüft) am meisten an der rechten Hand. Der Augen- spiegel ergiebt grauröthlich verfärbte Papillen ohne Stauungser- scheinungen. Sie versteht einfache Aufträge und bedient sich zur Ausführung der linken Hand. Bei der Einführung der Schlundröhre zur künstlichen Füt- terung schreit sie und wehrt sich, drückt aber nachher dem Arzte die Hand. Der Tod erfolgte am 10. April 1874. Die Section ergab pachymeningitische Adhäsionen an das Schädeldach, Osteo- phyten der inneren Schädelwand, beiderseits atrophische Windun- gen. Links findet sich ein Erweichungsheerd, welcher von der Anastomose zwischen I. und II. Schläfezuge am meisten an die Oberfläche reicht, daselbst ist die Pia adhärent. Von da aus reicht der Erweichungsheerd nur wenig in der Tiefe des Marklagers nach hinten. Dagegen erstreckt er sich nach vorn im Marklager bis über die Broca’sche Stelle hinaus. Diese selbst ist nicht berührt wohl aber der äussere Theil des Marklagers, in welches sie sich einsenkt. Auch das Mark der Centralwindungen ist in derselben Weise unterbrochen. In geringer Entfernung von diesem Heerde nach hinten, den Uebergangswindungen nach dem Hinterhauptslappen (Gratiolet) entsprechend, ist das Marklager der Hemisphäre ebenfalls erweicht. Rechts ist die freie Fläche der Convexität in grösserer Aus- dehnung betheiligt. Ein grosser Erweichungsheerd nimmt fast die ganze Breite der Hemisphäre hinter der Centralfurche ein. Die Umgebung des Heerdes ist sclerosirt, die graue Substanz der Windungen zeigt daselbst einen intensiv rothen Streifen. Beide Gyri fornicati intact, ebenso die Gewölbeschenkel.

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Zitationshilfe: Wernicke, Carl: Der aphasische Symptomencomplex. Breslau, 1874, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wernicke_symptomencomplex_1874/60>, abgerufen am 21.11.2024.