Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

daß sie ihn noch bis diese Stunde nicht ver-
loren hat; eine von meinen Tanten hat sich
bey einer andern Erzählung von dem Wolfs-
muffe eine Ader an der Lunge gesprengt und
ist wahrhaftig daran gestorben; alle meine
Leute vom Verwalter bis zum Küchenmensche
lachen, wenn sie nur Ein Wort von mir hö-
ren: aber außer meinem Vaterlande sind die
Leute wahrhaftig so schwachköpfig, so trocken,
daß sie kaum die Lippen verziehen, man mag
sich todt und lebendig schwatzen. Wozu ver-
thut man unter den Schurken sein Geld,
wenn man nicht einmal den Gefallen von
ihnen erlangen kann? Das soll aber auch ge-
wiß meine lezte Reise seyn: mein Geld sollen
Leute bekommen, die besser dafür zu danken
wissen. -- Ein solcher niedlicher Ritter war
es, den ich izt als meinen Liebhaber behan-
deln sollte, und dem ich kaum die Ehre ge-
gönnt hätte, mein Bedienter zu seyn. Doch
der Himmei bescherte mir eine Schlafsucht,
die bis vor die Thore von Rom dauerte.
Den Tag nach seiner Ankunft wurde ich ent-
lassen, und nahm statt der Belohnung eine
Wunde auf dem Backen und allenthalben
blaue Flecken mit mir hinweg -- alles Merk-
male seines mörderischen Witzes!

daß ſie ihn noch bis dieſe Stunde nicht ver-
loren hat; eine von meinen Tanten hat ſich
bey einer andern Erzaͤhlung von dem Wolfs-
muffe eine Ader an der Lunge geſprengt und
iſt wahrhaftig daran geſtorben; alle meine
Leute vom Verwalter bis zum Kuͤchenmenſche
lachen, wenn ſie nur Ein Wort von mir hoͤ-
ren: aber außer meinem Vaterlande ſind die
Leute wahrhaftig ſo ſchwachkoͤpfig, ſo trocken,
daß ſie kaum die Lippen verziehen, man mag
ſich todt und lebendig ſchwatzen. Wozu ver-
thut man unter den Schurken ſein Geld,
wenn man nicht einmal den Gefallen von
ihnen erlangen kann? Das ſoll aber auch ge-
wiß meine lezte Reiſe ſeyn: mein Geld ſollen
Leute bekommen, die beſſer dafuͤr zu danken
wiſſen. — Ein ſolcher niedlicher Ritter war
es, den ich izt als meinen Liebhaber behan-
deln ſollte, und dem ich kaum die Ehre ge-
goͤnnt haͤtte, mein Bedienter zu ſeyn. Doch
der Himmei beſcherte mir eine Schlafſucht,
die bis vor die Thore von Rom dauerte.
Den Tag nach ſeiner Ankunft wurde ich ent-
laſſen, und nahm ſtatt der Belohnung eine
Wunde auf dem Backen und allenthalben
blaue Flecken mit mir hinweg — alles Merk-
male ſeines moͤrderiſchen Witzes!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="92"/>
daß &#x017F;ie ihn noch bis die&#x017F;e Stunde nicht ver-<lb/>
loren hat; eine von meinen Tanten hat &#x017F;ich<lb/>
bey einer andern Erza&#x0364;hlung von dem Wolfs-<lb/>
muffe eine Ader an der Lunge ge&#x017F;prengt und<lb/>
i&#x017F;t wahrhaftig daran ge&#x017F;torben; alle meine<lb/>
Leute vom Verwalter bis zum Ku&#x0364;chenmen&#x017F;che<lb/>
lachen, wenn &#x017F;ie nur Ein Wort von mir ho&#x0364;-<lb/>
ren: aber außer meinem Vaterlande &#x017F;ind die<lb/>
Leute wahrhaftig &#x017F;o &#x017F;chwachko&#x0364;pfig, &#x017F;o trocken,<lb/>
daß &#x017F;ie kaum die Lippen verziehen, man mag<lb/>
&#x017F;ich todt und lebendig &#x017F;chwatzen. Wozu ver-<lb/>
thut man unter den Schurken &#x017F;ein Geld,<lb/>
wenn man nicht einmal <hi rendition="#fr">den</hi> Gefallen von<lb/>
ihnen erlangen kann? Das &#x017F;oll aber auch ge-<lb/>
wiß meine lezte Rei&#x017F;e &#x017F;eyn: mein Geld &#x017F;ollen<lb/>
Leute bekommen, die be&#x017F;&#x017F;er dafu&#x0364;r zu danken<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Ein &#x017F;olcher niedlicher Ritter war<lb/>
es, den ich izt als meinen Liebhaber behan-<lb/>
deln &#x017F;ollte, und dem ich kaum die Ehre ge-<lb/>
go&#x0364;nnt ha&#x0364;tte, mein Bedienter zu &#x017F;eyn. Doch<lb/>
der Himmei be&#x017F;cherte mir eine Schlaf&#x017F;ucht,<lb/>
die bis vor die Thore von Rom dauerte.<lb/>
Den Tag nach &#x017F;einer Ankunft wurde ich ent-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und nahm &#x017F;tatt der Belohnung eine<lb/>
Wunde auf dem Backen und allenthalben<lb/>
blaue Flecken mit mir hinweg &#x2014; alles Merk-<lb/>
male &#x017F;eines mo&#x0364;rderi&#x017F;chen Witzes!</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0112] daß ſie ihn noch bis dieſe Stunde nicht ver- loren hat; eine von meinen Tanten hat ſich bey einer andern Erzaͤhlung von dem Wolfs- muffe eine Ader an der Lunge geſprengt und iſt wahrhaftig daran geſtorben; alle meine Leute vom Verwalter bis zum Kuͤchenmenſche lachen, wenn ſie nur Ein Wort von mir hoͤ- ren: aber außer meinem Vaterlande ſind die Leute wahrhaftig ſo ſchwachkoͤpfig, ſo trocken, daß ſie kaum die Lippen verziehen, man mag ſich todt und lebendig ſchwatzen. Wozu ver- thut man unter den Schurken ſein Geld, wenn man nicht einmal den Gefallen von ihnen erlangen kann? Das ſoll aber auch ge- wiß meine lezte Reiſe ſeyn: mein Geld ſollen Leute bekommen, die beſſer dafuͤr zu danken wiſſen. — Ein ſolcher niedlicher Ritter war es, den ich izt als meinen Liebhaber behan- deln ſollte, und dem ich kaum die Ehre ge- goͤnnt haͤtte, mein Bedienter zu ſeyn. Doch der Himmei beſcherte mir eine Schlafſucht, die bis vor die Thore von Rom dauerte. Den Tag nach ſeiner Ankunft wurde ich ent- laſſen, und nahm ſtatt der Belohnung eine Wunde auf dem Backen und allenthalben blaue Flecken mit mir hinweg — alles Merk- male ſeines moͤrderiſchen Witzes!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/112
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/112>, abgerufen am 23.11.2024.