Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

liche Reiche erobert und so vielen Menschen
befohlen haben, sind nichts, gar nichts ge-
gen uns. Sie mußten die Welt mit den
schrecklichsten Beschwerlichkeiten durchlaufen
und hatten am Ende nichts als ein Paar wil-
de Horden Tatarn mit ihren wilden Anfüh-
rern dahin gebracht, daß sie von ihnen als
ihre Ueberwinder erkannt werden mußten:
aber unsre geistlichen Helden saßen ruhig auf
ihrem Stule, und geboten mit Feder, Dinte
und Pergament Kaisern, Königen, Fürsten:
ihre Armee war zahlreicher, enthusiastischer,
getreuer, thätiger, als alle Armeen der gan-
zen Welt. Die Päbste waren die größten
Herrscher, die größten Eroberer, die größten
Menschen: wir hätten sie aber alle übertrof-
fen: wir hätten gewiß Asien zu unserm Fuß-
schemel, Afrika und Amerika zum Sessel, und
Europa zum Paldachin gemacht. --

Das wollte Alexander der sechste! fiel ihr
Medardus ins Wort. Da war ja schon das
kostnitzer Koncilium gewesen: nein, Brüder-
chen, in meinem Leben habe ich nicht so etwas

von
nen Medardus sein öftres Kopfschütteln nicht
übel deuten darf.

liche Reiche erobert und ſo vielen Menſchen
befohlen haben, ſind nichts, gar nichts ge-
gen uns. Sie mußten die Welt mit den
ſchrecklichſten Beſchwerlichkeiten durchlaufen
und hatten am Ende nichts als ein Paar wil-
de Horden Tatarn mit ihren wilden Anfuͤh-
rern dahin gebracht, daß ſie von ihnen als
ihre Ueberwinder erkannt werden mußten:
aber unſre geiſtlichen Helden ſaßen ruhig auf
ihrem Stule, und geboten mit Feder, Dinte
und Pergament Kaiſern, Koͤnigen, Fuͤrſten:
ihre Armee war zahlreicher, enthuſiaſtiſcher,
getreuer, thaͤtiger, als alle Armeen der gan-
zen Welt. Die Paͤbſte waren die groͤßten
Herrſcher, die groͤßten Eroberer, die groͤßten
Menſchen: wir haͤtten ſie aber alle uͤbertrof-
fen: wir haͤtten gewiß Aſien zu unſerm Fuß-
ſchemel, Afrika und Amerika zum Seſſel, und
Europa zum Paldachin gemacht. —

Das wollte Alexander der ſechſte! fiel ihr
Medardus ins Wort. Da war ja ſchon das
koſtnitzer Koncilium geweſen: nein, Bruͤder-
chen, in meinem Leben habe ich nicht ſo etwas

von
nen Medardus ſein oͤftres Kopfſchuͤtteln nicht
uͤbel deuten darf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0116" n="96"/>
liche Reiche erobert und &#x017F;o vielen Men&#x017F;chen<lb/>
befohlen haben, &#x017F;ind nichts, gar nichts ge-<lb/>
gen uns. Sie mußten die Welt mit den<lb/>
&#x017F;chrecklich&#x017F;ten Be&#x017F;chwerlichkeiten durchlaufen<lb/>
und hatten am Ende nichts als ein Paar wil-<lb/>
de Horden Tatarn mit ihren wilden Anfu&#x0364;h-<lb/>
rern dahin gebracht, daß &#x017F;ie von ihnen als<lb/>
ihre Ueberwinder erkannt werden mußten:<lb/>
aber un&#x017F;re gei&#x017F;tlichen Helden &#x017F;aßen ruhig auf<lb/>
ihrem Stule, und geboten mit Feder, Dinte<lb/>
und Pergament Kai&#x017F;ern, Ko&#x0364;nigen, Fu&#x0364;r&#x017F;ten:<lb/>
ihre Armee war zahlreicher, enthu&#x017F;ia&#x017F;ti&#x017F;cher,<lb/>
getreuer, tha&#x0364;tiger, als alle Armeen der gan-<lb/>
zen Welt. Die Pa&#x0364;b&#x017F;te waren die gro&#x0364;ßten<lb/>
Herr&#x017F;cher, die gro&#x0364;ßten Eroberer, die gro&#x0364;ßten<lb/>
Men&#x017F;chen: <hi rendition="#fr">wir</hi> ha&#x0364;tten &#x017F;ie aber alle u&#x0364;bertrof-<lb/>
fen: wir ha&#x0364;tten gewiß A&#x017F;ien zu un&#x017F;erm Fuß-<lb/>
&#x017F;chemel, Afrika und Amerika zum Se&#x017F;&#x017F;el, und<lb/>
Europa zum Paldachin gemacht. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das wollte Alexander der &#x017F;ech&#x017F;te! fiel ihr<lb/>
Medardus ins Wort. Da war ja &#x017F;chon das<lb/>
ko&#x017F;tnitzer Koncilium gewe&#x017F;en: nein, Bru&#x0364;der-<lb/>
chen, in meinem Leben habe ich nicht &#x017F;o etwas<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/><note xml:id="f06" prev="#f05" place="foot" n="*)">nen Medardus &#x017F;ein o&#x0364;ftres Kopf&#x017F;chu&#x0364;tteln nicht<lb/>
u&#x0364;bel deuten darf.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0116] liche Reiche erobert und ſo vielen Menſchen befohlen haben, ſind nichts, gar nichts ge- gen uns. Sie mußten die Welt mit den ſchrecklichſten Beſchwerlichkeiten durchlaufen und hatten am Ende nichts als ein Paar wil- de Horden Tatarn mit ihren wilden Anfuͤh- rern dahin gebracht, daß ſie von ihnen als ihre Ueberwinder erkannt werden mußten: aber unſre geiſtlichen Helden ſaßen ruhig auf ihrem Stule, und geboten mit Feder, Dinte und Pergament Kaiſern, Koͤnigen, Fuͤrſten: ihre Armee war zahlreicher, enthuſiaſtiſcher, getreuer, thaͤtiger, als alle Armeen der gan- zen Welt. Die Paͤbſte waren die groͤßten Herrſcher, die groͤßten Eroberer, die groͤßten Menſchen: wir haͤtten ſie aber alle uͤbertrof- fen: wir haͤtten gewiß Aſien zu unſerm Fuß- ſchemel, Afrika und Amerika zum Seſſel, und Europa zum Paldachin gemacht. — Das wollte Alexander der ſechſte! fiel ihr Medardus ins Wort. Da war ja ſchon das koſtnitzer Koncilium geweſen: nein, Bruͤder- chen, in meinem Leben habe ich nicht ſo etwas von *) *) nen Medardus ſein oͤftres Kopfſchuͤtteln nicht uͤbel deuten darf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/116
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/116>, abgerufen am 23.11.2024.