zwar ganz gelassen die Ursache an, weil wir die Mächtigern sind. Also gesteht ihr doch, daß Euer Recht sich auf Unterdrückung grün- det? -- sezte ich hinzu; aber er schwieg, und morgens darauf sollte ich erdrosselt wer- den, doch kam ich mit einer leichten Züchti- gung von dreyhundert Ruthenstreichen auf den bloßen Rücken davon. --
Nun sehe ich doch, daß Gerechtigkeit in der Welt ist, rief Medardus. Wir sind quitt, Akante; das ist die Wiedererstattung der dreyhundert, die ich um deinetwillen als Je- suitenschüler zugezählt bekam. Waren Sie recht frisch und munter, Schwesterchen? --
O so frisch, daß ich zween Monate über zweifelte, ob ich jemals wieder einen recht- schaffnen Rücken bekommen würde! Jch wur- de darauf die Mätresse des Markgrafen von Salocca, der sich ein kleines Serail hielt. Da ich die neueste und folglich die liebste un- ter seinen Buhlerinnen war, so haßten und verfolgten mich die übrigen als eine Tod- feindinn. Sie arbeiteten mit allen Kräften, meine Schönheit, die aller Gefährlichkeiten und Verwundungen ungeachtet noch erträg- liche Reizungen hatte, und also die Ursache
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zwar ganz gelaſſen die Urſache an, weil wir die Maͤchtigern ſind. Alſo geſteht ihr doch, daß Euer Recht ſich auf Unterdruͤckung gruͤn- det? — ſezte ich hinzu; aber er ſchwieg, und morgens darauf ſollte ich erdroſſelt wer- den, doch kam ich mit einer leichten Zuͤchti- gung von dreyhundert Ruthenſtreichen auf den bloßen Ruͤcken davon. —
Nun ſehe ich doch, daß Gerechtigkeit in der Welt iſt, rief Medardus. Wir ſind quitt, Akante; das iſt die Wiedererſtattung der dreyhundert, die ich um deinetwillen als Je- ſuitenſchuͤler zugezaͤhlt bekam. Waren Sie recht friſch und munter, Schweſterchen? —
O ſo friſch, daß ich zween Monate uͤber zweifelte, ob ich jemals wieder einen recht- ſchaffnen Ruͤcken bekommen wuͤrde! Jch wur- de darauf die Maͤtreſſe des Markgrafen von Salocca, der ſich ein kleines Serail hielt. Da ich die neueſte und folglich die liebſte un- ter ſeinen Buhlerinnen war, ſo haßten und verfolgten mich die uͤbrigen als eine Tod- feindinn. Sie arbeiteten mit allen Kraͤften, meine Schoͤnheit, die aller Gefaͤhrlichkeiten und Verwundungen ungeachtet noch ertraͤg- liche Reizungen hatte, und alſo die Urſache
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zwar ganz gelaſſen die Urſache an, weil wir
die Maͤchtigern ſind. Alſo geſteht ihr doch,
daß Euer Recht ſich auf Unterdruͤckung gruͤn-
det? — ſezte ich hinzu; aber er ſchwieg,
und morgens darauf ſollte ich erdroſſelt wer-
den, doch kam ich mit einer leichten Zuͤchti-
gung von dreyhundert Ruthenſtreichen auf
den bloßen Ruͤcken davon. —
Nun ſehe ich doch, daß Gerechtigkeit in der
Welt iſt, rief Medardus. Wir ſind quitt,
Akante; das iſt die Wiedererſtattung der
dreyhundert, die ich um deinetwillen als Je-
ſuitenſchuͤler zugezaͤhlt bekam. Waren Sie
recht friſch und munter, Schweſterchen? —
O ſo friſch, daß ich zween Monate uͤber
zweifelte, ob ich jemals wieder einen recht-
ſchaffnen Ruͤcken bekommen wuͤrde! Jch wur-
de darauf die Maͤtreſſe des Markgrafen von
Salocca, der ſich ein kleines Serail hielt.
Da ich die neueſte und folglich die liebſte un-
ter ſeinen Buhlerinnen war, ſo haßten und
verfolgten mich die uͤbrigen als eine Tod-
feindinn. Sie arbeiteten mit allen Kraͤften,
meine Schoͤnheit, die aller Gefaͤhrlichkeiten
und Verwundungen ungeachtet noch ertraͤg-
liche Reizungen hatte, und alſo die Urſache
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/125>, abgerufen am 23.11.2024.
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