Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

zu schaffen, den sie in möglichster Eile ver-
scharrten und die blutigen Spuren seines To-
des auf dem Boden auftrockneten.

Nach Endigung dieser tragischen Begeben-
heit war die Französinn gänz frey und ungo-
hindert, den Fremden les honneurs de la
Turquie
zu machen, welches sie auch mit
vielem Eifer that, woran sie vorhin die Ge-
genwart des Prinzen verhindert hatte, den
sie durch ihre Mine zu verrathen fürchtete:
denn, sagte sie, einem Franzosen liegt sein
Leben weniger am Herzen als Wort und Eh-
re. Sie bot ihnen sogar freiwillig ein Nacht-
lager an, welches sie mit der erkenntlichsten
Freude annahmen.

Des Abends wurde sie ersucht, ihnen zu
melden, wie sie ein Land der Menschlichkeit
und feiner Sitten, wie ihr Vaterland, mit die-
sem Wohnhause der Barbarey und der Grau-
samkeit habe vertauschen können. Schreck-
liche Schicksale mußten Sie hieher verschla-
gen, Madam, sagte Belphegor.

Ja, schreckliche Schicksale! war ihre Ant-
wort. Jch bin die bekannte Markisinn von
E., die den großen Kriminalprozeß verlor,

zu ſchaffen, den ſie in moͤglichſter Eile ver-
ſcharrten und die blutigen Spuren ſeines To-
des auf dem Boden auftrockneten.

Nach Endigung dieſer tragiſchen Begeben-
heit war die Franzoͤſinn gaͤnz frey und ungo-
hindert, den Fremden les honneurs de la
Turquie
zu machen, welches ſie auch mit
vielem Eifer that, woran ſie vorhin die Ge-
genwart des Prinzen verhindert hatte, den
ſie durch ihre Mine zu verrathen fuͤrchtete:
denn, ſagte ſie, einem Franzoſen liegt ſein
Leben weniger am Herzen als Wort und Eh-
re. Sie bot ihnen ſogar freiwillig ein Nacht-
lager an, welches ſie mit der erkenntlichſten
Freude annahmen.

Des Abends wurde ſie erſucht, ihnen zu
melden, wie ſie ein Land der Menſchlichkeit
und feiner Sitten, wie ihr Vaterland, mit die-
ſem Wohnhauſe der Barbarey und der Grau-
ſamkeit habe vertauſchen koͤnnen. Schreck-
liche Schickſale mußten Sie hieher verſchla-
gen, Madam, ſagte Belphegor.

Ja, ſchreckliche Schickſale! war ihre Ant-
wort. Jch bin die bekannte Markiſinn von
E., die den großen Kriminalprozeß verlor,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="127"/>
zu &#x017F;chaffen, den &#x017F;ie in mo&#x0364;glich&#x017F;ter Eile ver-<lb/>
&#x017F;charrten und die blutigen Spuren &#x017F;eines To-<lb/>
des auf dem Boden auftrockneten.</p><lb/>
        <p>Nach Endigung die&#x017F;er tragi&#x017F;chen Begeben-<lb/>
heit war die Franzo&#x0364;&#x017F;inn ga&#x0364;nz frey und ungo-<lb/>
hindert, den Fremden <hi rendition="#aq">les honneurs de la<lb/>
Turquie</hi> zu machen, welches &#x017F;ie auch mit<lb/>
vielem Eifer that, woran &#x017F;ie vorhin die Ge-<lb/>
genwart des Prinzen verhindert hatte, den<lb/>
&#x017F;ie durch ihre Mine zu verrathen fu&#x0364;rchtete:<lb/>
denn, &#x017F;agte &#x017F;ie, einem Franzo&#x017F;en liegt &#x017F;ein<lb/>
Leben weniger am Herzen als Wort und Eh-<lb/>
re. Sie bot ihnen &#x017F;ogar freiwillig ein Nacht-<lb/>
lager an, welches &#x017F;ie mit der erkenntlich&#x017F;ten<lb/>
Freude annahmen.</p><lb/>
        <p>Des Abends wurde &#x017F;ie er&#x017F;ucht, ihnen zu<lb/>
melden, wie &#x017F;ie ein Land der Men&#x017F;chlichkeit<lb/>
und feiner Sitten, wie ihr Vaterland, mit die-<lb/>
&#x017F;em Wohnhau&#x017F;e der Barbarey und der Grau-<lb/>
&#x017F;amkeit habe vertau&#x017F;chen ko&#x0364;nnen. Schreck-<lb/>
liche Schick&#x017F;ale mußten Sie hieher ver&#x017F;chla-<lb/>
gen, Madam, &#x017F;agte Belphegor.</p><lb/>
        <p>Ja, &#x017F;chreckliche Schick&#x017F;ale! war ihre Ant-<lb/>
wort. Jch bin die bekannte Marki&#x017F;inn von<lb/>
E., die den großen Kriminalprozeß verlor,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0147] zu ſchaffen, den ſie in moͤglichſter Eile ver- ſcharrten und die blutigen Spuren ſeines To- des auf dem Boden auftrockneten. Nach Endigung dieſer tragiſchen Begeben- heit war die Franzoͤſinn gaͤnz frey und ungo- hindert, den Fremden les honneurs de la Turquie zu machen, welches ſie auch mit vielem Eifer that, woran ſie vorhin die Ge- genwart des Prinzen verhindert hatte, den ſie durch ihre Mine zu verrathen fuͤrchtete: denn, ſagte ſie, einem Franzoſen liegt ſein Leben weniger am Herzen als Wort und Eh- re. Sie bot ihnen ſogar freiwillig ein Nacht- lager an, welches ſie mit der erkenntlichſten Freude annahmen. Des Abends wurde ſie erſucht, ihnen zu melden, wie ſie ein Land der Menſchlichkeit und feiner Sitten, wie ihr Vaterland, mit die- ſem Wohnhauſe der Barbarey und der Grau- ſamkeit habe vertauſchen koͤnnen. Schreck- liche Schickſale mußten Sie hieher verſchla- gen, Madam, ſagte Belphegor. Ja, ſchreckliche Schickſale! war ihre Ant- wort. Jch bin die bekannte Markiſinn von E., die den großen Kriminalprozeß verlor,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/147
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/147>, abgerufen am 23.11.2024.