die überführt wurde, ihren Mann vergiftet zu haben, und doch vor Gott und ihrem Ge- wissen unschuldig war; und davon wissen Sie nichts? -- Wie ist es möglich, daß sie auf der Welt sind und eine Sache nicht wis- sen könneu, die in Frankreich vorgieng? -- Mein Mann starb plözlich, und alle Merkma- le der Vergiftung machten die Art seines To- des unzweifelhaft. Jch hatte nicht allzu wohl mit ihm gelebt: er war ein mürrischer, ei- geusinniger, harter Ehemann, so unfreund- lich und tükisch, daß er mich mit seinem Vor- wissen keine Freude genießen ließ, und sie zu hindern oder doch zu verbittern suchte, wenn mir der Zufall eine ohne sein Zuthun zuwarf. Sein finstres menscheufeindliches Gemüth konnte unmöglich jemanden froh, zufrieden und glücklich sehn, ohne sich selbst für min- der glücklich zu halten, und weil er keines Vergnügens fähig war, so war ihm alles verhaßt, was ihn hierinne übertraf: die Munterkeit eines Thiers gab ihm schon schlim- me Laune. Da ich ein beträchtliches Ver- mögen zu ihm gebracht hatte, so trennte ich mich auf eine Zeit lang von ihm; und er war untröstlich und arbeitete mit allen Kräf-
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die uͤberfuͤhrt wurde, ihren Mann vergiftet zu haben, und doch vor Gott und ihrem Ge- wiſſen unſchuldig war; und davon wiſſen Sie nichts? — Wie iſt es moͤglich, daß ſie auf der Welt ſind und eine Sache nicht wiſ- ſen koͤnneu, die in Frankreich vorgieng? — Mein Mann ſtarb ploͤzlich, und alle Merkma- le der Vergiftung machten die Art ſeines To- des unzweifelhaft. Jch hatte nicht allzu wohl mit ihm gelebt: er war ein muͤrriſcher, ei- geuſinniger, harter Ehemann, ſo unfreund- lich und tuͤkiſch, daß er mich mit ſeinem Vor- wiſſen keine Freude genießen ließ, und ſie zu hindern oder doch zu verbittern ſuchte, wenn mir der Zufall eine ohne ſein Zuthun zuwarf. Sein finſtres menſcheufeindliches Gemuͤth konnte unmoͤglich jemanden froh, zufrieden und gluͤcklich ſehn, ohne ſich ſelbſt fuͤr min- der gluͤcklich zu halten, und weil er keines Vergnuͤgens faͤhig war, ſo war ihm alles verhaßt, was ihn hierinne uͤbertraf: die Munterkeit eines Thiers gab ihm ſchon ſchlim- me Laune. Da ich ein betraͤchtliches Ver- moͤgen zu ihm gebracht hatte, ſo trennte ich mich auf eine Zeit lang von ihm; und er war untroͤſtlich und arbeitete mit allen Kraͤf-
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die uͤberfuͤhrt wurde, ihren Mann vergiftet
zu haben, und doch vor Gott und ihrem Ge-
wiſſen unſchuldig war; und davon wiſſen
Sie nichts? — Wie iſt es moͤglich, daß ſie
auf der Welt ſind und eine Sache nicht wiſ-
ſen koͤnneu, die in Frankreich vorgieng? —
Mein Mann ſtarb ploͤzlich, und alle Merkma-
le der Vergiftung machten die Art ſeines To-
des unzweifelhaft. Jch hatte nicht allzu wohl
mit ihm gelebt: er war ein muͤrriſcher, ei-
geuſinniger, harter Ehemann, ſo unfreund-
lich und tuͤkiſch, daß er mich mit ſeinem Vor-
wiſſen keine Freude genießen ließ, und ſie zu
hindern oder doch zu verbittern ſuchte, wenn
mir der Zufall eine ohne ſein Zuthun zuwarf.
Sein finſtres menſcheufeindliches Gemuͤth
konnte unmoͤglich jemanden froh, zufrieden
und gluͤcklich ſehn, ohne ſich ſelbſt fuͤr min-
der gluͤcklich zu halten, und weil er keines
Vergnuͤgens faͤhig war, ſo war ihm alles
verhaßt, was ihn hierinne uͤbertraf: die
Munterkeit eines Thiers gab ihm ſchon ſchlim-
me Laune. Da ich ein betraͤchtliches Ver-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/148>, abgerufen am 23.11.2024.
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