Brüderchen, sprach Medardus, sey du gu- tes Muthes! die Vorsicht lebt noch. Wer weis, wozu es gut ist, daß du ein Krüpel bist? der Apfelwein würde dir immer noch wohl schmecken, wenn du einen Krug voll hier hättest. Laß das Grämen und Härmen! wer weis wozu dirs gut ist? --
Wozu? unterbrach ihn Fromal lächelnd; zu nichts! Jn der langen Kette von Ursachen und Wirkungen in dieser Welt war es schon längst vorbereitet, daß er ein Krüpel seyn sollte: wer kann der Nothwendigkeit wider- streben, die die sterblichen Begebenheiten aus einander hervorwachsen läßt? Wer kann den Bliz aufhalten, daß er nicht mein Haus trift? Wäre die Lage und Wirkung der Theilchen der Atmosphäre von Anbeginn durch den Zu- fall anders geordnet worden, so träfe er viel- leicht meinen Nachbar: aber nein! er soll, er muß mich treffen. Gut ist mirs wahr- haftig nicht, wenn er mich bettelarm macht, aber meine Armuth kann mir in der Folge vielleicht durch den Zufall irgend wozu nüz- lich werden: ich bilde mir es ein, ich suche
Bruͤderchen, ſprach Medardus, ſey du gu- tes Muthes! die Vorſicht lebt noch. Wer weis, wozu es gut iſt, daß du ein Kruͤpel biſt? der Apfelwein wuͤrde dir immer noch wohl ſchmecken, wenn du einen Krug voll hier haͤtteſt. Laß das Graͤmen und Haͤrmen! wer weis wozu dirs gut iſt? —
Wozu? unterbrach ihn Fromal laͤchelnd; zu nichts! Jn der langen Kette von Urſachen und Wirkungen in dieſer Welt war es ſchon laͤngſt vorbereitet, daß er ein Kruͤpel ſeyn ſollte: wer kann der Nothwendigkeit wider- ſtreben, die die ſterblichen Begebenheiten aus einander hervorwachſen laͤßt? Wer kann den Bliz aufhalten, daß er nicht mein Haus trift? Waͤre die Lage und Wirkung der Theilchen der Atmoſphaͤre von Anbeginn durch den Zu- fall anders geordnet worden, ſo traͤfe er viel- leicht meinen Nachbar: aber nein! er ſoll, er muß mich treffen. Gut iſt mirs wahr- haftig nicht, wenn er mich bettelarm macht, aber meine Armuth kann mir in der Folge vielleicht durch den Zufall irgend wozu nuͤz- lich werden: ich bilde mir es ein, ich ſuche
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Bruͤderchen, ſprach Medardus, ſey du gu-
tes Muthes! die Vorſicht lebt noch. Wer
weis, wozu es gut iſt, daß du ein Kruͤpel
biſt? der Apfelwein wuͤrde dir immer noch
wohl ſchmecken, wenn du einen Krug voll
hier haͤtteſt. Laß das Graͤmen und Haͤrmen!
wer weis wozu dirs gut iſt? —
Wozu? unterbrach ihn Fromal laͤchelnd;
zu nichts! Jn der langen Kette von Urſachen
und Wirkungen in dieſer Welt war es ſchon
laͤngſt vorbereitet, daß er ein Kruͤpel ſeyn
ſollte: wer kann der Nothwendigkeit wider-
ſtreben, die die ſterblichen Begebenheiten aus
einander hervorwachſen laͤßt? Wer kann den
Bliz aufhalten, daß er nicht mein Haus trift?
Waͤre die Lage und Wirkung der Theilchen
der Atmoſphaͤre von Anbeginn durch den Zu-
fall anders geordnet worden, ſo traͤfe er viel-
leicht meinen Nachbar: aber nein! er ſoll,
er muß mich treffen. Gut iſt mirs wahr-
haftig nicht, wenn er mich bettelarm macht,
aber meine Armuth kann mir in der Folge
vielleicht durch den Zufall irgend wozu nuͤz-
lich werden: ich bilde mir es ein, ich ſuche
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/193>, abgerufen am 27.11.2024.
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