Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



einem Knittel, da er ihr Einsteigen noch im-
mer verhindern wollte, einen Schlag auf den
Kopf, Fromal trieb das Schiff näher, sie
sprangen beide hinein und ruderten eilig fort:
die Nachsetzenden schossen nach ihnen, trafen
aber keinen. Da man kurz darauf den ent-
flohnen Großvezier erhascht hatte, so gab
man sich weiter keine Mühe, sie zu verfolgen.

Belphegor hatte seit seinem Eintritte in
den Kahn in einer todtenähnlichen Betäubung
dagelegen, indessen daß seine beiden Freunde
unermüdet vom Lande wegruderten. Jzt
sind wir in Sicherheit, rief endlich Fromal;
sie ruderten langsamer, und Belphegor sam-
melte sich wieder.

Gott! was haben wir gethan! rufte er
mit zusammengeschlagnen Händen aus. Men-
schen, unsre Brüder, Wesen unsrer Art, Ver-
wandten unsers Geistes und unsers Blutes
ermordet! von ihrer Selbsterhaltung ver-
drängt! in den Abgrund hinabgestoßen! --
Gott! welch ein Gedanke, ein Menschenmör-
der zu seyn! -- Fromal! ich zittre, ich schau-
dre vor ihm; -- und so umfaßte er bebend
seinen Freund. --



einem Knittel, da er ihr Einſteigen noch im-
mer verhindern wollte, einen Schlag auf den
Kopf, Fromal trieb das Schiff naͤher, ſie
ſprangen beide hinein und ruderten eilig fort:
die Nachſetzenden ſchoſſen nach ihnen, trafen
aber keinen. Da man kurz darauf den ent-
flohnen Großvezier erhaſcht hatte, ſo gab
man ſich weiter keine Muͤhe, ſie zu verfolgen.

Belphegor hatte ſeit ſeinem Eintritte in
den Kahn in einer todtenaͤhnlichen Betaͤubung
dagelegen, indeſſen daß ſeine beiden Freunde
unermuͤdet vom Lande wegruderten. Jzt
ſind wir in Sicherheit, rief endlich Fromal;
ſie ruderten langſamer, und Belphegor ſam-
melte ſich wieder.

Gott! was haben wir gethan! rufte er
mit zuſammengeſchlagnen Haͤnden aus. Men-
ſchen, unſre Bruͤder, Weſen unſrer Art, Ver-
wandten unſers Geiſtes und unſers Blutes
ermordet! von ihrer Selbſterhaltung ver-
draͤngt! in den Abgrund hinabgeſtoßen! —
Gott! welch ein Gedanke, ein Menſchenmoͤr-
der zu ſeyn! — Fromal! ich zittre, ich ſchau-
dre vor ihm; — und ſo umfaßte er bebend
ſeinen Freund. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0200" n="180"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
einem Knittel, da er ihr Ein&#x017F;teigen noch im-<lb/>
mer verhindern wollte, einen Schlag auf den<lb/>
Kopf, Fromal trieb das Schiff na&#x0364;her, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;prangen beide hinein und ruderten eilig fort:<lb/>
die Nach&#x017F;etzenden &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en nach ihnen, trafen<lb/>
aber keinen. Da man kurz darauf den ent-<lb/>
flohnen Großvezier erha&#x017F;cht hatte, &#x017F;o gab<lb/>
man &#x017F;ich weiter keine Mu&#x0364;he, &#x017F;ie zu verfolgen.</p><lb/>
        <p>Belphegor hatte &#x017F;eit &#x017F;einem Eintritte in<lb/>
den Kahn in einer todtena&#x0364;hnlichen Beta&#x0364;ubung<lb/>
dagelegen, inde&#x017F;&#x017F;en daß &#x017F;eine beiden Freunde<lb/>
unermu&#x0364;det vom Lande wegruderten. Jzt<lb/>
&#x017F;ind wir in Sicherheit, rief endlich Fromal;<lb/>
&#x017F;ie ruderten lang&#x017F;amer, und Belphegor &#x017F;am-<lb/>
melte &#x017F;ich wieder.</p><lb/>
        <p>Gott! was haben wir gethan! rufte er<lb/>
mit zu&#x017F;ammenge&#x017F;chlagnen Ha&#x0364;nden aus. Men-<lb/>
&#x017F;chen, un&#x017F;re Bru&#x0364;der, We&#x017F;en un&#x017F;rer Art, Ver-<lb/>
wandten un&#x017F;ers Gei&#x017F;tes und un&#x017F;ers Blutes<lb/>
ermordet! von ihrer Selb&#x017F;terhaltung ver-<lb/>
dra&#x0364;ngt! in den Abgrund hinabge&#x017F;toßen! &#x2014;<lb/>
Gott! welch ein Gedanke, ein Men&#x017F;chenmo&#x0364;r-<lb/>
der zu &#x017F;eyn! &#x2014; Fromal! ich zittre, ich &#x017F;chau-<lb/>
dre vor ihm; &#x2014; und &#x017F;o umfaßte er bebend<lb/>
&#x017F;einen Freund. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0200] einem Knittel, da er ihr Einſteigen noch im- mer verhindern wollte, einen Schlag auf den Kopf, Fromal trieb das Schiff naͤher, ſie ſprangen beide hinein und ruderten eilig fort: die Nachſetzenden ſchoſſen nach ihnen, trafen aber keinen. Da man kurz darauf den ent- flohnen Großvezier erhaſcht hatte, ſo gab man ſich weiter keine Muͤhe, ſie zu verfolgen. Belphegor hatte ſeit ſeinem Eintritte in den Kahn in einer todtenaͤhnlichen Betaͤubung dagelegen, indeſſen daß ſeine beiden Freunde unermuͤdet vom Lande wegruderten. Jzt ſind wir in Sicherheit, rief endlich Fromal; ſie ruderten langſamer, und Belphegor ſam- melte ſich wieder. Gott! was haben wir gethan! rufte er mit zuſammengeſchlagnen Haͤnden aus. Men- ſchen, unſre Bruͤder, Weſen unſrer Art, Ver- wandten unſers Geiſtes und unſers Blutes ermordet! von ihrer Selbſterhaltung ver- draͤngt! in den Abgrund hinabgeſtoßen! — Gott! welch ein Gedanke, ein Menſchenmoͤr- der zu ſeyn! — Fromal! ich zittre, ich ſchau- dre vor ihm; — und ſo umfaßte er bebend ſeinen Freund. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/200
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/200>, abgerufen am 28.11.2024.