Belphegor! was ist dir? erwiederte die- ser. Verfolgt dich dein feuriges Blut noch immer mit Gespenstern? -- Was haben wir gethan? Menschen von ihrer Selbsterhaltung verdrängt, die uns von der unsrigen ver- drängen wollten. Jedes Geschöpf ist sich selbst die ganze Welt; ohne andre Rücksicht kämpft jedes für sich und seinen Wohlstand: wen der Zufall gewinnen läßt, wohl ihm! Er hat uns begünstigt; hätte er unsern Geg- nern wohlgewollt, so lägen wir izt an ihrer Stelle, vom Meere verschlungen, so nährten wir die Ungeheuer der See. --
"Aber, bester Fromal, woher waren sie "denn unsre Gegner? --
Well sie unsrer Rettung, unserm Wohl im Wege stunden. --
"Hatten sie nicht einen größern Anspruch "auf dieses Boot, sie, denen wir es ent- "rissen? --
Und konnten ihn ungekränkt haben, wenn sie uns verstatteten, uns mit ihnen zu erhalten. --
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Belphegor! was iſt dir? erwiederte die- ſer. Verfolgt dich dein feuriges Blut noch immer mit Geſpenſtern? — Was haben wir gethan? Menſchen von ihrer Selbſterhaltung verdraͤngt, die uns von der unſrigen ver- draͤngen wollten. Jedes Geſchoͤpf iſt ſich ſelbſt die ganze Welt; ohne andre Ruͤckſicht kaͤmpft jedes fuͤr ſich und ſeinen Wohlſtand: wen der Zufall gewinnen laͤßt, wohl ihm! Er hat uns beguͤnſtigt; haͤtte er unſern Geg- nern wohlgewollt, ſo laͤgen wir izt an ihrer Stelle, vom Meere verſchlungen, ſo naͤhrten wir die Ungeheuer der See. —
„Aber, beſter Fromal, woher waren ſie „denn unſre Gegner? —
Well ſie unſrer Rettung, unſerm Wohl im Wege ſtunden. —
„Hatten ſie nicht einen groͤßern Anſpruch „auf dieſes Boot, ſie, denen wir es ent- „riſſen? —
Und konnten ihn ungekraͤnkt haben, wenn ſie uns verſtatteten, uns mit ihnen zu erhalten. —
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Belphegor! was iſt dir? erwiederte die-
ſer. Verfolgt dich dein feuriges Blut noch
immer mit Geſpenſtern? — Was haben wir
gethan? Menſchen von ihrer Selbſterhaltung
verdraͤngt, die uns von der unſrigen ver-
draͤngen wollten. Jedes Geſchoͤpf iſt ſich
ſelbſt die ganze Welt; ohne andre Ruͤckſicht
kaͤmpft jedes fuͤr ſich und ſeinen Wohlſtand:
wen der Zufall gewinnen laͤßt, wohl ihm!
Er hat uns beguͤnſtigt; haͤtte er unſern Geg-
nern wohlgewollt, ſo laͤgen wir izt an ihrer
Stelle, vom Meere verſchlungen, ſo naͤhrten
wir die Ungeheuer der See. —
„Aber, beſter Fromal, woher waren ſie
„denn unſre Gegner? —
Well ſie unſrer Rettung, unſerm Wohl im
Wege ſtunden. —
„Hatten ſie nicht einen groͤßern Anſpruch
„auf dieſes Boot, ſie, denen wir es ent-
„riſſen? —
Und konnten ihn ungekraͤnkt haben, wenn ſie
uns verſtatteten, uns mit ihnen zu erhalten. —
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/201>, abgerufen am 16.02.2025.
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