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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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te, wie sehr er aller falschen Anmaßung feind
sey und darum frey gestehe, daß nach seiner
Erfahrung der Schwur einer immerwäh-
renden
Freundschaft nur in Romanen, in
der Einsamkeit, oder beständigem Elende statt
finde. Während daß diese Umarmung beide
beschäftigte, rief Medardus voller Schrecken:
Jesus Maria! siehst du, Brüderchen? --
Der Schrecken hatte ihn ganz vergessend ge-
macht, daß er ein Protestant war, und er
wiederholte zu verschiedenen malen sein altes
angewöhntes, Jesus Maria! -- Als sich
Fromal nach ihm umsah, erblickte er einen
Löwen, der seine beiden Vorderklauen auf die
Schultern des Medardus gelegt hatte und
keuchend den aufgesperrten Rachen über sei-
nem Kopfe hielt, daß es nur noch nöthig war
zuzuschnappen, um ihn mit Einem Bisse vom
Rumpfe abzureißen. Die ganze Gesellschaft
war in der höchsten Bestürzung und sahe das
Ungeheuer, wie versteinert, an. Fromal be-
merkte zuerst, daß das Thier von Zeit zu Zeit
einen schmerzhaften Blick auf die linke Klaue,
und dann einen bittenden auf ihn warf, aus
welcher Gestikulation er schloß, daß es von
einem Uebel befreyt zu seyn wünschte. Weil



te, wie ſehr er aller falſchen Anmaßung feind
ſey und darum frey geſtehe, daß nach ſeiner
Erfahrung der Schwur einer immerwaͤh-
renden
Freundſchaft nur in Romanen, in
der Einſamkeit, oder beſtaͤndigem Elende ſtatt
finde. Waͤhrend daß dieſe Umarmung beide
beſchaͤftigte, rief Medardus voller Schrecken:
Jeſus Maria! ſiehſt du, Bruͤderchen? —
Der Schrecken hatte ihn ganz vergeſſend ge-
macht, daß er ein Proteſtant war, und er
wiederholte zu verſchiedenen malen ſein altes
angewoͤhntes, Jeſus Maria! — Als ſich
Fromal nach ihm umſah, erblickte er einen
Loͤwen, der ſeine beiden Vorderklauen auf die
Schultern des Medardus gelegt hatte und
keuchend den aufgeſperrten Rachen uͤber ſei-
nem Kopfe hielt, daß es nur noch noͤthig war
zuzuſchnappen, um ihn mit Einem Biſſe vom
Rumpfe abzureißen. Die ganze Geſellſchaft
war in der hoͤchſten Beſtuͤrzung und ſahe das
Ungeheuer, wie verſteinert, an. Fromal be-
merkte zuerſt, daß das Thier von Zeit zu Zeit
einen ſchmerzhaften Blick auf die linke Klaue,
und dann einen bittenden auf ihn warf, aus
welcher Geſtikulation er ſchloß, daß es von
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[222/0242] te, wie ſehr er aller falſchen Anmaßung feind ſey und darum frey geſtehe, daß nach ſeiner Erfahrung der Schwur einer immerwaͤh- renden Freundſchaft nur in Romanen, in der Einſamkeit, oder beſtaͤndigem Elende ſtatt finde. Waͤhrend daß dieſe Umarmung beide beſchaͤftigte, rief Medardus voller Schrecken: Jeſus Maria! ſiehſt du, Bruͤderchen? — Der Schrecken hatte ihn ganz vergeſſend ge- macht, daß er ein Proteſtant war, und er wiederholte zu verſchiedenen malen ſein altes angewoͤhntes, Jeſus Maria! — Als ſich Fromal nach ihm umſah, erblickte er einen Loͤwen, der ſeine beiden Vorderklauen auf die Schultern des Medardus gelegt hatte und keuchend den aufgeſperrten Rachen uͤber ſei- nem Kopfe hielt, daß es nur noch noͤthig war zuzuſchnappen, um ihn mit Einem Biſſe vom Rumpfe abzureißen. Die ganze Geſellſchaft war in der hoͤchſten Beſtuͤrzung und ſahe das Ungeheuer, wie verſteinert, an. Fromal be- merkte zuerſt, daß das Thier von Zeit zu Zeit einen ſchmerzhaften Blick auf die linke Klaue, und dann einen bittenden auf ihn warf, aus welcher Geſtikulation er ſchloß, daß es von einem Uebel befreyt zu ſeyn wuͤnſchte. Weil

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/242>, abgerufen am 21.11.2024.