Die Zurüstungen zu dem Empfange der Europäer, so lange sie auch dauerten, konnten doch denselben Tag nicht völlig geen- digt werden; man quartirte sie also indessen in eine Hütte ein, die sie für ein Gefängniß hielten, ob es gleich das schönste Gasthaus der Residenz war, wo sie die königliche Milde mit Datteln, ein Paar Straußeneyern und etlichen Schlucken Branntewein bedienen, und die Versichrung geben ließ, daß sie morgen gewiß das Glück genießen sollten, das Antliz Seiner Majestät zu beschauen.
Jn der Nacht fand sich ein Europäer bey ihnen ein, der sich einige Zeit an dem Hofe des Königs aufgehalten hatte, ein Franzose von Geburt und ein Herumstreifer von Pro- fession war. Sein Besuch hatte zur Absicht, sie in dem Cerimonielle des Hofs zu unter- richten, zu dessen Erlernung, nach seinem Aus- drucke, Ein Menschenkopf nicht zureichend wäre. Fromal und Belphegor baten zwar inständigst, sie mit einer so schweren Wissen-
Die Zuruͤſtungen zu dem Empfange der Europaͤer, ſo lange ſie auch dauerten, konnten doch denſelben Tag nicht voͤllig geen- digt werden; man quartirte ſie alſo indeſſen in eine Huͤtte ein, die ſie fuͤr ein Gefaͤngniß hielten, ob es gleich das ſchoͤnſte Gaſthaus der Reſidenz war, wo ſie die koͤnigliche Milde mit Datteln, ein Paar Straußeneyern und etlichen Schlucken Branntewein bedienen, und die Verſichrung geben ließ, daß ſie morgen gewiß das Gluͤck genießen ſollten, das Antliz Seiner Majeſtaͤt zu beſchauen.
Jn der Nacht fand ſich ein Europaͤer bey ihnen ein, der ſich einige Zeit an dem Hofe des Koͤnigs aufgehalten hatte, ein Franzoſe von Geburt und ein Herumſtreifer von Pro- feſſion war. Sein Beſuch hatte zur Abſicht, ſie in dem Cerimonielle des Hofs zu unter- richten, zu deſſen Erlernung, nach ſeinem Aus- drucke, Ein Menſchenkopf nicht zureichend waͤre. Fromal und Belphegor baten zwar inſtaͤndigſt, ſie mit einer ſo ſchweren Wiſſen-
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[[235]/0255]
Die Zuruͤſtungen zu dem Empfange der
Europaͤer, ſo lange ſie auch dauerten,
konnten doch denſelben Tag nicht voͤllig geen-
digt werden; man quartirte ſie alſo indeſſen
in eine Huͤtte ein, die ſie fuͤr ein Gefaͤngniß
hielten, ob es gleich das ſchoͤnſte Gaſthaus
der Reſidenz war, wo ſie die koͤnigliche Milde
mit Datteln, ein Paar Straußeneyern und
etlichen Schlucken Branntewein bedienen, und
die Verſichrung geben ließ, daß ſie morgen
gewiß das Gluͤck genießen ſollten, das Antliz
Seiner Majeſtaͤt zu beſchauen.
Jn der Nacht fand ſich ein Europaͤer bey
ihnen ein, der ſich einige Zeit an dem Hofe
des Koͤnigs aufgehalten hatte, ein Franzoſe
von Geburt und ein Herumſtreifer von Pro-
feſſion war. Sein Beſuch hatte zur Abſicht,
ſie in dem Cerimonielle des Hofs zu unter-
richten, zu deſſen Erlernung, nach ſeinem Aus-
drucke, Ein Menſchenkopf nicht zureichend
waͤre. Fromal und Belphegor baten zwar
inſtaͤndigſt, ſie mit einer ſo ſchweren Wiſſen-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. [235]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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