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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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wenden, seine Gesandschaft dem großen Kö-
nige aus Norden beyzulegen.

Aus Besorgniß, daß seine Herrlichkeit nicht
ausgebreitet genug werden möchte, ließ er
acht Tage vor der Audienz auf allen Gassen
und an allen Orten, so gar Löwen und Straus-
sen kund und zu wissen thun, daß sich jeder-
mann versammeln solle, die Gesandschaft des
großen Königs aus dem Norden zu beschauen.
Die Feierlichkeit gieng mit allem Glanze vor
sich, den nur seine königlichen Schätze zulies-
sen; seine sämtlichen Unterthanen vom Greise
bis zu dem Kinde, das kaum gehen gelernt
hatte, mußten paradiren: der Zug gieng un-
ter der lärmendsten beschwerlichsten Musik ei-
nen Tag lang seine ganzen Länder hindurch:
Kameele, Strauße, heilige Löwen, alle vier-
füßige und befiederte Kreaturen, deren er nur
habhaft werden konnte, mußten die Prozes-
sion verlängern helfen: alle Produkte seines
Landes, die königliche Garderobe, die könig-
lichen Schätze und Kleinodien, die in Datteln,
Palmblättern, großen Schläuchen voll Ka-
meelmilch und ähnlicher Kostbarkeiten bestun-
den, wurden öffentlich vorgetragen: Nach
dieser mühseligen Reise durch warme, sandig-

wenden, ſeine Geſandſchaft dem großen Koͤ-
nige aus Norden beyzulegen.

Aus Beſorgniß, daß ſeine Herrlichkeit nicht
ausgebreitet genug werden moͤchte, ließ er
acht Tage vor der Audienz auf allen Gaſſen
und an allen Orten, ſo gar Loͤwen und Strauſ-
ſen kund und zu wiſſen thun, daß ſich jeder-
mann verſammeln ſolle, die Geſandſchaft des
großen Koͤnigs aus dem Norden zu beſchauen.
Die Feierlichkeit gieng mit allem Glanze vor
ſich, den nur ſeine koͤniglichen Schaͤtze zulieſ-
ſen; ſeine ſaͤmtlichen Unterthanen vom Greiſe
bis zu dem Kinde, das kaum gehen gelernt
hatte, mußten paradiren: der Zug gieng un-
ter der laͤrmendſten beſchwerlichſten Muſik ei-
nen Tag lang ſeine ganzen Laͤnder hindurch:
Kameele, Strauße, heilige Loͤwen, alle vier-
fuͤßige und befiederte Kreaturen, deren er nur
habhaft werden konnte, mußten die Prozeſ-
ſion verlaͤngern helfen: alle Produkte ſeines
Landes, die koͤnigliche Garderobe, die koͤnig-
lichen Schaͤtze und Kleinodien, die in Datteln,
Palmblaͤttern, großen Schlaͤuchen voll Ka-
meelmilch und aͤhnlicher Koſtbarkeiten beſtun-
den, wurden oͤffentlich vorgetragen: Nach
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[239/0259] wenden, ſeine Geſandſchaft dem großen Koͤ- nige aus Norden beyzulegen. Aus Beſorgniß, daß ſeine Herrlichkeit nicht ausgebreitet genug werden moͤchte, ließ er acht Tage vor der Audienz auf allen Gaſſen und an allen Orten, ſo gar Loͤwen und Strauſ- ſen kund und zu wiſſen thun, daß ſich jeder- mann verſammeln ſolle, die Geſandſchaft des großen Koͤnigs aus dem Norden zu beſchauen. Die Feierlichkeit gieng mit allem Glanze vor ſich, den nur ſeine koͤniglichen Schaͤtze zulieſ- ſen; ſeine ſaͤmtlichen Unterthanen vom Greiſe bis zu dem Kinde, das kaum gehen gelernt hatte, mußten paradiren: der Zug gieng un- ter der laͤrmendſten beſchwerlichſten Muſik ei- nen Tag lang ſeine ganzen Laͤnder hindurch: Kameele, Strauße, heilige Loͤwen, alle vier- fuͤßige und befiederte Kreaturen, deren er nur habhaft werden konnte, mußten die Prozeſ- ſion verlaͤngern helfen: alle Produkte ſeines Landes, die koͤnigliche Garderobe, die koͤnig- lichen Schaͤtze und Kleinodien, die in Datteln, Palmblaͤttern, großen Schlaͤuchen voll Ka- meelmilch und aͤhnlicher Koſtbarkeiten beſtun- den, wurden oͤffentlich vorgetragen: Nach dieſer muͤhſeligen Reiſe durch warme, ſandig-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/259>, abgerufen am 22.11.2024.