Nachdem die lächerlichste Pantomime auf allen Seiten gespielt war, wobey Fromal kaum seine Muskeln zu der nöthigen Ernst- haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor Erstaunen über den unsinnigen Grad, zu wel- chem er die kindischste Vorzugssucht hier ge- stiegen sah, nicht zu sich kam, sprang endlich der König auf, gab jedem seiner Vasallen eine Ohrfeige, und ließ sich von ihnen vor den Palast tragen, wo er der Sonne, die eben untergehen wollte, den Auftrag gab, dem großen Könige des Nordens, zu welchem sie nun bald kommen würde, großgünstig zu mel- den, daß er, der mächtige Nazib, sein Gebet erhört, ihn zum ersten seiner Vasallen, zum Sessel seines Hintern erhoben habe, und ihm verspreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna- den angedeihn zu lassen. Da die Gesandten aus vielen wichtigen Ursachen die zugedachte Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt ihres Principals in eigner Person zu verrich- ten und dem großen Nazib zum Sessel des Hintern zu dienen, wie es anfangs veranstal- tet war, so mußte sich der oberste von den Vasallen dazu bequemen, der über dieses Glück so stolz wurde, daß er Tages darauf einem
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Nachdem die laͤcherlichſte Pantomime auf allen Seiten geſpielt war, wobey Fromal kaum ſeine Muskeln zu der noͤthigen Ernſt- haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor Erſtaunen uͤber den unſinnigen Grad, zu wel- chem er die kindiſchſte Vorzugsſucht hier ge- ſtiegen ſah, nicht zu ſich kam, ſprang endlich der Koͤnig auf, gab jedem ſeiner Vaſallen eine Ohrfeige, und ließ ſich von ihnen vor den Palaſt tragen, wo er der Sonne, die eben untergehen wollte, den Auftrag gab, dem großen Koͤnige des Nordens, zu welchem ſie nun bald kommen wuͤrde, großguͤnſtig zu mel- den, daß er, der maͤchtige Nazib, ſein Gebet erhoͤrt, ihn zum erſten ſeiner Vaſallen, zum Seſſel ſeines Hintern erhoben habe, und ihm verſpreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna- den angedeihn zu laſſen. Da die Geſandten aus vielen wichtigen Urſachen die zugedachte Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt ihres Principals in eigner Perſon zu verrich- ten und dem großen Nazib zum Seſſel des Hintern zu dienen, wie es anfangs veranſtal- tet war, ſo mußte ſich der oberſte von den Vaſallen dazu bequemen, der uͤber dieſes Gluͤck ſo ſtolz wurde, daß er Tages darauf einem
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Nachdem die laͤcherlichſte Pantomime auf
allen Seiten geſpielt war, wobey Fromal
kaum ſeine Muskeln zu der noͤthigen Ernſt-
haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor
Erſtaunen uͤber den unſinnigen Grad, zu wel-
chem er die kindiſchſte Vorzugsſucht hier ge-
ſtiegen ſah, nicht zu ſich kam, ſprang endlich
der Koͤnig auf, gab jedem ſeiner Vaſallen eine
Ohrfeige, und ließ ſich von ihnen vor den
Palaſt tragen, wo er der Sonne, die eben
untergehen wollte, den Auftrag gab, dem
großen Koͤnige des Nordens, zu welchem ſie
nun bald kommen wuͤrde, großguͤnſtig zu mel-
den, daß er, der maͤchtige Nazib, ſein Gebet
erhoͤrt, ihn zum erſten ſeiner Vaſallen, zum
Seſſel ſeines Hintern erhoben habe, und ihm
verſpreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna-
den angedeihn zu laſſen. Da die Geſandten
aus vielen wichtigen Urſachen die zugedachte
Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt
ihres Principals in eigner Perſon zu verrich-
ten und dem großen Nazib zum Seſſel des
Hintern zu dienen, wie es anfangs veranſtal-
tet war, ſo mußte ſich der oberſte von den
Vaſallen dazu bequemen, der uͤber dieſes Gluͤck
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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