war ihnen zu langweilig: sie griffen zu den Waffen, nicht für ihre Personen, sondern sie ließen ihre Unterthanen auf einander los; und die guten Narren zausten und mordeten sich, um auszumachen, welcher von ihren Herren zuerst eine erdichtete Gesandschaft aus dem Norden erhalten sollte. Der Zufall er- klärte sich für einen Nazib, der den übrigen an Macht überlegen war; man mußte ihm den Vorrang lassen. Fromal und Belphegor waren indessen in enger Verwahrung gehal- ten worden und sollten nun abgeholt werden, dem Ueberwinder weis zu machen, daß er ein berühmter Herrscher sey. Als sie mitten auf dem Wege waren, thaten die Zurückgesezten zusammen und raubten die Gesandten, ver- wahrten sie von neuem und schlugen sich von neuem um sie.
Unterdessen hatte sich der Franzose, dessen vorhin gedacht worden ist, mit Haß und Groll wider Fromaln und Belphegorn an den Hof des Nazibs begeben, der zuerst das Vorrecht auf die Gesandschaft erkämpft hatte. Er war von dem ersten Nazib in der Absicht weggegangen, um bey einem andern die Ehre zu genießen, die er Belphegorn und Fromaln
war ihnen zu langweilig: ſie griffen zu den Waffen, nicht fuͤr ihre Perſonen, ſondern ſie ließen ihre Unterthanen auf einander los; und die guten Narren zauſten und mordeten ſich, um auszumachen, welcher von ihren Herren zuerſt eine erdichtete Geſandſchaft aus dem Norden erhalten ſollte. Der Zufall er- klaͤrte ſich fuͤr einen Nazib, der den uͤbrigen an Macht uͤberlegen war; man mußte ihm den Vorrang laſſen. Fromal und Belphegor waren indeſſen in enger Verwahrung gehal- ten worden und ſollten nun abgeholt werden, dem Ueberwinder weis zu machen, daß er ein beruͤhmter Herrſcher ſey. Als ſie mitten auf dem Wege waren, thaten die Zuruͤckgeſezten zuſammen und raubten die Geſandten, ver- wahrten ſie von neuem und ſchlugen ſich von neuem um ſie.
Unterdeſſen hatte ſich der Franzoſe, deſſen vorhin gedacht worden iſt, mit Haß und Groll wider Fromaln und Belphegorn an den Hof des Nazibs begeben, der zuerſt das Vorrecht auf die Geſandſchaft erkaͤmpft hatte. Er war von dem erſten Nazib in der Abſicht weggegangen, um bey einem andern die Ehre zu genießen, die er Belphegorn und Fromaln
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war ihnen zu langweilig: ſie griffen zu den
Waffen, nicht fuͤr ihre Perſonen, ſondern ſie
ließen ihre Unterthanen auf einander los;
und die guten Narren zauſten und mordeten
ſich, um auszumachen, welcher von ihren
Herren zuerſt eine erdichtete Geſandſchaft aus
dem Norden erhalten ſollte. Der Zufall er-
klaͤrte ſich fuͤr einen Nazib, der den uͤbrigen
an Macht uͤberlegen war; man mußte ihm
den Vorrang laſſen. Fromal und Belphegor
waren indeſſen in enger Verwahrung gehal-
ten worden und ſollten nun abgeholt werden,
dem Ueberwinder weis zu machen, daß er ein
beruͤhmter Herrſcher ſey. Als ſie mitten auf
dem Wege waren, thaten die Zuruͤckgeſezten
zuſammen und raubten die Geſandten, ver-
wahrten ſie von neuem und ſchlugen ſich von
neuem um ſie.
Unterdeſſen hatte ſich der Franzoſe, deſſen
vorhin gedacht worden iſt, mit Haß und
Groll wider Fromaln und Belphegorn an den
Hof des Nazibs begeben, der zuerſt das
Vorrecht auf die Geſandſchaft erkaͤmpft hatte.
Er war von dem erſten Nazib in der Abſicht
weggegangen, um bey einem andern die Ehre
zu genießen, die er Belphegorn und Fromaln
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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