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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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suchen. Plözlich war der ganze stürmende
Haufe von einem Truppe der Landesarmee
umschlossen; man schrie, man fluchte, lief,
stund, gieng; man warf Steine, Balken,
Dachziegeln; man erschoß, man würgte, man
raufte sich bey den Haaren; einige stachen
mit Mistgabeln, andre metzelten mit Säbeln
die Feinde nieder, und viele schlugen sie mit
Knitteln todt; viele suchten den Ausgang zur
Flucht, fanden ihn nirgends, öffneten sich ihn
mit Gewalt und wurden mitten im Durchar-
beiten daniedergetreten; der Vater tödtete un-
wissend den Sohn, und der Sohn erwürgte
den Vater; sterbende Stimmen ächzten --
Freiheit! und lebende riefen -- Rebell! Ab-
gerißne Füße, zerfleischte Arme, gequetschte
Köpfe, verstümmelte Leiber, Waffen, Beute,
Pferde lagen in dem schrecklichsten Chaos ne-
ben und über einander. Zweyhundert Bauern
wurden auf dem Wahlplatze erschossen, von
Pferden zermalmt, im Gedränge erdrückt,
zertreten, eine viel größere Anzahl gefangen,
und nur wenige entkamen, worunter auch
Belphegor war, der in der Begeisterung des
Treffens ritterlich gefochten und von einem
sich davon stürzenden Schwarme mit fortge-

ſuchen. Ploͤzlich war der ganze ſtuͤrmende
Haufe von einem Truppe der Landesarmee
umſchloſſen; man ſchrie, man fluchte, lief,
ſtund, gieng; man warf Steine, Balken,
Dachziegeln; man erſchoß, man wuͤrgte, man
raufte ſich bey den Haaren; einige ſtachen
mit Miſtgabeln, andre metzelten mit Saͤbeln
die Feinde nieder, und viele ſchlugen ſie mit
Knitteln todt; viele ſuchten den Ausgang zur
Flucht, fanden ihn nirgends, oͤffneten ſich ihn
mit Gewalt und wurden mitten im Durchar-
beiten daniedergetreten; der Vater toͤdtete un-
wiſſend den Sohn, und der Sohn erwuͤrgte
den Vater; ſterbende Stimmen aͤchzten —
Freiheit! und lebende riefen — Rebell! Ab-
gerißne Fuͤße, zerfleiſchte Arme, gequetſchte
Koͤpfe, verſtuͤmmelte Leiber, Waffen, Beute,
Pferde lagen in dem ſchrecklichſten Chaos ne-
ben und uͤber einander. Zweyhundert Bauern
wurden auf dem Wahlplatze erſchoſſen, von
Pferden zermalmt, im Gedraͤnge erdruͤckt,
zertreten, eine viel groͤßere Anzahl gefangen,
und nur wenige entkamen, worunter auch
Belphegor war, der in der Begeiſterung des
Treffens ritterlich gefochten und von einem
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[45/0065] ſuchen. Ploͤzlich war der ganze ſtuͤrmende Haufe von einem Truppe der Landesarmee umſchloſſen; man ſchrie, man fluchte, lief, ſtund, gieng; man warf Steine, Balken, Dachziegeln; man erſchoß, man wuͤrgte, man raufte ſich bey den Haaren; einige ſtachen mit Miſtgabeln, andre metzelten mit Saͤbeln die Feinde nieder, und viele ſchlugen ſie mit Knitteln todt; viele ſuchten den Ausgang zur Flucht, fanden ihn nirgends, oͤffneten ſich ihn mit Gewalt und wurden mitten im Durchar- beiten daniedergetreten; der Vater toͤdtete un- wiſſend den Sohn, und der Sohn erwuͤrgte den Vater; ſterbende Stimmen aͤchzten — Freiheit! und lebende riefen — Rebell! Ab- gerißne Fuͤße, zerfleiſchte Arme, gequetſchte Koͤpfe, verſtuͤmmelte Leiber, Waffen, Beute, Pferde lagen in dem ſchrecklichſten Chaos ne- ben und uͤber einander. Zweyhundert Bauern wurden auf dem Wahlplatze erſchoſſen, von Pferden zermalmt, im Gedraͤnge erdruͤckt, zertreten, eine viel groͤßere Anzahl gefangen, und nur wenige entkamen, worunter auch Belphegor war, der in der Begeiſterung des Treffens ritterlich gefochten und von einem ſich davon ſtuͤrzenden Schwarme mit fortge-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/65>, abgerufen am 23.11.2024.