Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.
Das ist ja immer so gewesen! fiel ihm der herr- machen, als daß Monarchen, und unter ihnen
der größte seine Sorge dahin lenkt, die Un- glücklichen, die das Schicksal dem Besten des Ganzen gewisser maßen aufopfert und sie arbei- ten läßt, damit andre sich pflegen können, ih- rer ursprünglichen Freiheit so nahe zu bringen, als es sich ohne Nachtheil des Staats thun läßt, und daß sogar diejenigen, denen eine ver- jährte Unterdrückung jene Lasiträger unterwarf, großmüthig die Hände bieten, ihnen mit Ent- sagung ihres eignen Nutzens ihr Joch zn er- leichtern, da es nun einmal nicht möglich ist, es ihnen ganz abzunehmen. -- Wenn Joseph Millionen Soldaten in der besten Diseiplin un- terhielt, Taktik, die Künste des Angriffs uud Rückzugs in den vollkommensten Stand sezte, Türken, Heiden und Christen überwänd, so wären in meinen Augen alle diese lorberreichen Thaten nicht zur Hälfte so viel werth, als die einzige, daß er daran arbeitet, den böhmischen Bauern etliche Grane bürgerlicher Freiheit mehr zu geben, als sie vorher die Verfassung, das heißt, eine verjährte, zum Recht gewordue Unter- Das iſt ja immer ſo geweſen! fiel ihm der herr- machen, als daß Monarchen, und unter ihnen
der groͤßte ſeine Sorge dahin lenkt, die Un- gluͤcklichen, die das Schickſal dem Beſten des Ganzen gewiſſer maßen aufopfert und ſie arbei- ten laͤßt, damit andre ſich pflegen koͤnnen, ih- rer urſpruͤnglichen Freiheit ſo nahe zu bringen, als es ſich ohne Nachtheil des Staats thun laͤßt, und daß ſogar diejenigen, denen eine ver- jaͤhrte Unterdruͤckung jene Laſitraͤger unterwarf, großmuͤthig die Haͤnde bieten, ihnen mit Ent- ſagung ihres eignen Nutzens ihr Joch zn er- leichtern, da es nun einmal nicht moͤglich iſt, es ihnen ganz abzunehmen. — Wenn Joſeph Millionen Soldaten in der beſten Diſeiplin un- terhielt, Taktik, die Kuͤnſte des Angriffs uud Ruͤckzugs in den vollkommenſten Stand ſezte, Tuͤrken, Heiden und Chriſten uͤberwaͤnd, ſo waͤren in meinen Augen alle dieſe lorberreichen Thaten nicht zur Haͤlfte ſo viel werth, als die einzige, daß er daran arbeitet, den boͤhmiſchen Bauern etliche Grane buͤrgerlicher Freiheit mehr zu geben, als ſie vorher die Verfaſſung, das heißt, eine verjaͤhrte, zum Recht gewordue Unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0068" n="48"/> <p>Das iſt ja immer ſo geweſen! fiel ihm der<lb/> Richter ein. Der Staͤrkere hat von Ewig-<lb/> keit her den Schwaͤchern zum Sklaven gehabt,<lb/> ein Menſch hat beſtaͤndig uͤber den andern<lb/> <fw place="bottom" type="catch">herr-</fw><lb/><note next="#f03" xml:id="f02" prev="#f01" place="foot" n="*)">machen, als daß Monarchen, und unter ihnen<lb/> der groͤßte ſeine Sorge dahin lenkt, die Un-<lb/> gluͤcklichen, die das Schickſal dem Beſten des<lb/> Ganzen gewiſſer maßen aufopfert und ſie arbei-<lb/> ten laͤßt, damit andre ſich pflegen koͤnnen, ih-<lb/> rer urſpruͤnglichen Freiheit ſo nahe zu bringen,<lb/> als es ſich ohne Nachtheil des Staats thun<lb/> laͤßt, und daß ſogar diejenigen, denen eine ver-<lb/> jaͤhrte Unterdruͤckung jene Laſitraͤger unterwarf,<lb/> großmuͤthig die Haͤnde bieten, ihnen mit Ent-<lb/> ſagung ihres eignen Nutzens ihr Joch zn er-<lb/> leichtern, da es nun einmal nicht moͤglich iſt,<lb/> es ihnen ganz abzunehmen. — Wenn Joſeph<lb/> Millionen Soldaten in der beſten Diſeiplin un-<lb/> terhielt, Taktik, die Kuͤnſte des Angriffs uud<lb/> Ruͤckzugs in den vollkommenſten Stand ſezte,<lb/> Tuͤrken, Heiden und Chriſten uͤberwaͤnd, ſo<lb/> waͤren in meinen Augen alle dieſe lorberreichen<lb/> Thaten nicht zur Haͤlfte ſo viel werth, als die<lb/> einzige, daß er daran arbeitet, den boͤhmiſchen<lb/> Bauern etliche Grane buͤrgerlicher Freiheit<lb/> mehr zu geben, als ſie vorher die Verfaſſung,<lb/> das heißt, eine verjaͤhrte, zum Recht gewordue<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Unter-</fw></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [48/0068]
Das iſt ja immer ſo geweſen! fiel ihm der
Richter ein. Der Staͤrkere hat von Ewig-
keit her den Schwaͤchern zum Sklaven gehabt,
ein Menſch hat beſtaͤndig uͤber den andern
herr-
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*) machen, als daß Monarchen, und unter ihnen
der groͤßte ſeine Sorge dahin lenkt, die Un-
gluͤcklichen, die das Schickſal dem Beſten des
Ganzen gewiſſer maßen aufopfert und ſie arbei-
ten laͤßt, damit andre ſich pflegen koͤnnen, ih-
rer urſpruͤnglichen Freiheit ſo nahe zu bringen,
als es ſich ohne Nachtheil des Staats thun
laͤßt, und daß ſogar diejenigen, denen eine ver-
jaͤhrte Unterdruͤckung jene Laſitraͤger unterwarf,
großmuͤthig die Haͤnde bieten, ihnen mit Ent-
ſagung ihres eignen Nutzens ihr Joch zn er-
leichtern, da es nun einmal nicht moͤglich iſt,
es ihnen ganz abzunehmen. — Wenn Joſeph
Millionen Soldaten in der beſten Diſeiplin un-
terhielt, Taktik, die Kuͤnſte des Angriffs uud
Ruͤckzugs in den vollkommenſten Stand ſezte,
Tuͤrken, Heiden und Chriſten uͤberwaͤnd, ſo
waͤren in meinen Augen alle dieſe lorberreichen
Thaten nicht zur Haͤlfte ſo viel werth, als die
einzige, daß er daran arbeitet, den boͤhmiſchen
Bauern etliche Grane buͤrgerlicher Freiheit
mehr zu geben, als ſie vorher die Verfaſſung,
das heißt, eine verjaͤhrte, zum Recht gewordue
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| Zitationshilfe: | Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/68>, abgerufen am 23.11.2024. |
