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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Was? fuhr Belphegor auf, einen gewissen
Fromal zum Tode bereiten mußte! Jst Fro-
mal todt? --

Er sollte gehängt werden, aber er kam ge-
linde davon; er wurde nur mit nackten Rü-
cken um das ganze Lager, bey Trommeln und
Pfeifen, herumgeführt, und bekam alle zehn
Schritte sechs Ruthenstreiche.

Fromal! mein Freund! schrie Belphegor,
was hatte er denn gethan? Verdient kann er
eine solche schimpfliche Strafe nicht haben. --

Er wurde für einen Spion gehalten: aber
siehst du, Brüderchen? ich kam am schlimm-
sten dabey an. Fromal hatte mich ausdrück-
lich verlangt, ob es gleich meinem Kollegen
zugekommen wäre; dadurch wurde der alte
Haß wieder aufgerührt. Mit der Orthodo-
xie konnte er nichts ausrichten, wenn er mir
gleich alle Ketzereyen auf den Kopf hätte
schuld geben wollen. Er machte mich also
auf einer andern Seite verdächtig; er klagte
mich heimlich bey allen Offizieren eines gros-
sen Eifers für die feindliche Parthey an, und
überredete sie, daß mich nichts als die Furcht
vor der Schande abhielt, sonst würde ich zu

Was? fuhr Belphegor auf, einen gewiſſen
Fromal zum Tode bereiten mußte! Jſt Fro-
mal todt? —

Er ſollte gehaͤngt werden, aber er kam ge-
linde davon; er wurde nur mit nackten Ruͤ-
cken um das ganze Lager, bey Trommeln und
Pfeifen, herumgefuͤhrt, und bekam alle zehn
Schritte ſechs Ruthenſtreiche.

Fromal! mein Freund! ſchrie Belphegor,
was hatte er denn gethan? Verdient kann er
eine ſolche ſchimpfliche Strafe nicht haben. —

Er wurde fuͤr einen Spion gehalten: aber
ſiehſt du, Bruͤderchen? ich kam am ſchlimm-
ſten dabey an. Fromal hatte mich ausdruͤck-
lich verlangt, ob es gleich meinem Kollegen
zugekommen waͤre; dadurch wurde der alte
Haß wieder aufgeruͤhrt. Mit der Orthodo-
xie konnte er nichts ausrichten, wenn er mir
gleich alle Ketzereyen auf den Kopf haͤtte
ſchuld geben wollen. Er machte mich alſo
auf einer andern Seite verdaͤchtig; er klagte
mich heimlich bey allen Offizieren eines groſ-
ſen Eifers fuͤr die feindliche Parthey an, und
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[66/0086] Was? fuhr Belphegor auf, einen gewiſſen Fromal zum Tode bereiten mußte! Jſt Fro- mal todt? — Er ſollte gehaͤngt werden, aber er kam ge- linde davon; er wurde nur mit nackten Ruͤ- cken um das ganze Lager, bey Trommeln und Pfeifen, herumgefuͤhrt, und bekam alle zehn Schritte ſechs Ruthenſtreiche. Fromal! mein Freund! ſchrie Belphegor, was hatte er denn gethan? Verdient kann er eine ſolche ſchimpfliche Strafe nicht haben. — Er wurde fuͤr einen Spion gehalten: aber ſiehſt du, Bruͤderchen? ich kam am ſchlimm- ſten dabey an. Fromal hatte mich ausdruͤck- lich verlangt, ob es gleich meinem Kollegen zugekommen waͤre; dadurch wurde der alte Haß wieder aufgeruͤhrt. Mit der Orthodo- xie konnte er nichts ausrichten, wenn er mir gleich alle Ketzereyen auf den Kopf haͤtte ſchuld geben wollen. Er machte mich alſo auf einer andern Seite verdaͤchtig; er klagte mich heimlich bey allen Offizieren eines groſ- ſen Eifers fuͤr die feindliche Parthey an, und uͤberredete ſie, daß mich nichts als die Furcht vor der Schande abhielt, ſonſt wuͤrde ich zu

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/86>, abgerufen am 23.11.2024.