bestund darinne, daß einer den andern durch irgend ein Mittel von seiner Stelze abzuwer- fen suchte. Je höher die Stelze ihren Mann emportrug, desto aufmersamer waren aller Augen auf ihn gerichtet, und desto eifriger waren die Bemühungen, ihn herunterzustür- zen. Einige zielten von Ferne mit Steinen und Stangen nach ihm, von welchem jeder, der zu ihrem Ziele geworden war, gewiß allemal Beulen und Quetschungen bekam, wenn er sich auf seiner Stelze im Gleichge- wichte erhielt: andre drängten sich so nahe zu ihm, daß sie, wie renomistische Studen- ten, bey dem Ausschreiten mit den Stelzen zusammenstoßen mußten, und wer fiel, -- fiel, oft der Angreifer, oft der Angegriffne: noch andre ließen einem so vorzüglich hohen Stelzenzwerge plözlich Steine in den Weg wälzen, die den Zirkel seiner Leibwache so schnell überraschten und mit dahin rissen, daß sie dieselben nicht fortschaffen konnten; und wenigstens stolperte der Mann mit der Stelze, wenn er auch nicht ganz stürzte, und die übrigen hatten wenigstens die Freude über ihn zu lachen. So war dieser Platz ein bestän- stig abwechselnder Schauplatz, wo neue
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beſtund darinne, daß einer den andern durch irgend ein Mittel von ſeiner Stelze abzuwer- fen ſuchte. Je hoͤher die Stelze ihren Mann emportrug, deſto aufmerſamer waren aller Augen auf ihn gerichtet, und deſto eifriger waren die Bemuͤhungen, ihn herunterzuſtuͤr- zen. Einige zielten von Ferne mit Steinen und Stangen nach ihm, von welchem jeder, der zu ihrem Ziele geworden war, gewiß allemal Beulen und Quetſchungen bekam, wenn er ſich auf ſeiner Stelze im Gleichge- wichte erhielt: andre draͤngten ſich ſo nahe zu ihm, daß ſie, wie renomiſtiſche Studen- ten, bey dem Ausſchreiten mit den Stelzen zuſammenſtoßen mußten, und wer fiel, — fiel, oft der Angreifer, oft der Angegriffne: noch andre ließen einem ſo vorzuͤglich hohen Stelzenzwerge ploͤzlich Steine in den Weg waͤlzen, die den Zirkel ſeiner Leibwache ſo ſchnell uͤberraſchten und mit dahin riſſen, daß ſie dieſelben nicht fortſchaffen konnten; und wenigſtens ſtolperte der Mann mit der Stelze, wenn er auch nicht ganz ſtuͤrzte, und die uͤbrigen hatten wenigſtens die Freude uͤber ihn zu lachen. So war dieſer Platz ein beſtaͤn- ſtig abwechſelnder Schauplatz, wo neue
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beſtund darinne, daß einer den andern durch
irgend ein Mittel von ſeiner Stelze abzuwer-
fen ſuchte. Je hoͤher die Stelze ihren Mann
emportrug, deſto aufmerſamer waren aller
Augen auf ihn gerichtet, und deſto eifriger
waren die Bemuͤhungen, ihn herunterzuſtuͤr-
zen. Einige zielten von Ferne mit Steinen
und Stangen nach ihm, von welchem jeder,
der zu ihrem Ziele geworden war, gewiß
allemal Beulen und Quetſchungen bekam,
wenn er ſich auf ſeiner Stelze im Gleichge-
wichte erhielt: andre draͤngten ſich ſo nahe
zu ihm, daß ſie, wie renomiſtiſche Studen-
ten, bey dem Ausſchreiten mit den Stelzen
zuſammenſtoßen mußten, und wer fiel, —
fiel, oft der Angreifer, oft der Angegriffne:
noch andre ließen einem ſo vorzuͤglich hohen
Stelzenzwerge ploͤzlich Steine in den Weg
waͤlzen, die den Zirkel ſeiner Leibwache ſo
ſchnell uͤberraſchten und mit dahin riſſen,
daß ſie dieſelben nicht fortſchaffen konnten;
und wenigſtens ſtolperte der Mann mit der
Stelze, wenn er auch nicht ganz ſtuͤrzte, und
die uͤbrigen hatten wenigſtens die Freude uͤber
ihn zu lachen. So war dieſer Platz ein beſtaͤn-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/185>, abgerufen am 22.12.2024.
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