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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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helleuchtenden Rehen erblickte, und Schaa-
ren Menschen bey ihnen, die mit ihnen ver-
traulich umgiengen.

O Belphegor! seufzte sie, wie glücklich
müssen diese Menschen seyn, die die schönen
Vögel in solchem Ueberflusse besitzen, wo-
von mich ein einziger schon hinlänglich be-
glücken würde! Siehe! Diese Glückseligen
können sie pflegen und warten, sie streicheln,
sie liebkosen, den goldgelben Samt ihres
Gefieders berühren, ihre Ohren an den
lieblichen Liedern ihrer Kehle weiden -- o
wer ein Glied von diesem beneidenswürdi-
gen Haufen wäre! Sie haben errungen, wo-
nach vermuthlich so viele noch keuchend lau-
fen, dem ich gern nacheilte -- ach! komm!
Laß uns wenigstens die Augen an diesen eng-
lischen Geschöpfen ergötzen! --

Gute Akante! Du beneidest diese Leute;
aber, aber! -- ich sehe schon ein trauri-
ges Anzeichen. Was gilts? Sie fühlen ein
Glück dieser Erde, das heißt, eine beneidete
Last. Siehst du nicht? --

Und was? rief Akante hastig. --

Sie hängen ja alle die Köpfe. Deine
Einbildungskraft berauscht sich bey dem Ver-

gnügen

helleuchtenden Rehen erblickte, und Schaa-
ren Menſchen bey ihnen, die mit ihnen ver-
traulich umgiengen.

O Belphegor! ſeufzte ſie, wie gluͤcklich
muͤſſen dieſe Menſchen ſeyn, die die ſchoͤnen
Voͤgel in ſolchem Ueberfluſſe beſitzen, wo-
von mich ein einziger ſchon hinlaͤnglich be-
gluͤcken wuͤrde! Siehe! Dieſe Gluͤckſeligen
koͤnnen ſie pflegen und warten, ſie ſtreicheln,
ſie liebkoſen, den goldgelben Samt ihres
Gefieders beruͤhren, ihre Ohren an den
lieblichen Liedern ihrer Kehle weiden — o
wer ein Glied von dieſem beneidenswuͤrdi-
gen Haufen waͤre! Sie haben errungen, wo-
nach vermuthlich ſo viele noch keuchend lau-
fen, dem ich gern nacheilte — ach! komm!
Laß uns wenigſtens die Augen an dieſen eng-
liſchen Geſchoͤpfen ergoͤtzen! —

Gute Akante! Du beneideſt dieſe Leute;
aber, aber! — ich ſehe ſchon ein trauri-
ges Anzeichen. Was gilts? Sie fuͤhlen ein
Gluͤck dieſer Erde, das heißt, eine beneidete
Laſt. Siehſt du nicht? —

Und was? rief Akante haſtig. —

Sie haͤngen ja alle die Koͤpfe. Deine
Einbildungskraft berauſcht ſich bey dem Ver-

gnuͤgen
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[182/0188] helleuchtenden Rehen erblickte, und Schaa- ren Menſchen bey ihnen, die mit ihnen ver- traulich umgiengen. O Belphegor! ſeufzte ſie, wie gluͤcklich muͤſſen dieſe Menſchen ſeyn, die die ſchoͤnen Voͤgel in ſolchem Ueberfluſſe beſitzen, wo- von mich ein einziger ſchon hinlaͤnglich be- gluͤcken wuͤrde! Siehe! Dieſe Gluͤckſeligen koͤnnen ſie pflegen und warten, ſie ſtreicheln, ſie liebkoſen, den goldgelben Samt ihres Gefieders beruͤhren, ihre Ohren an den lieblichen Liedern ihrer Kehle weiden — o wer ein Glied von dieſem beneidenswuͤrdi- gen Haufen waͤre! Sie haben errungen, wo- nach vermuthlich ſo viele noch keuchend lau- fen, dem ich gern nacheilte — ach! komm! Laß uns wenigſtens die Augen an dieſen eng- liſchen Geſchoͤpfen ergoͤtzen! — Gute Akante! Du beneideſt dieſe Leute; aber, aber! — ich ſehe ſchon ein trauri- ges Anzeichen. Was gilts? Sie fuͤhlen ein Gluͤck dieſer Erde, das heißt, eine beneidete Laſt. Siehſt du nicht? — Und was? rief Akante haſtig. — Sie haͤngen ja alle die Koͤpfe. Deine Einbildungskraft berauſcht ſich bey dem Ver- gnuͤgen

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/188>, abgerufen am 22.12.2024.