landet, um heimlich die neue Insel zu un- tersuchen. Als sie aber so wenig erschrecken des und nur zween in tiefen Schlaf versenkte Sterbliche antrafen, so schien es ihnen das rathsamste den Tag in Schlachtordnung ab- zuwarten und sie alsdenn die Probe ihrer Gottheit oder Sterblichkeit ablegen zu lassen. Zu diesem Ende wurden die beyden Schla- fenden durch ein heftiges Geschrey, das alle anwesende Hälse zugleich anstimmten, bey Tages Anbruche ausgeweckt, und etliche toll- kühne Wagehälse hatten sich schon in ihren Kanoten um die Insel herumgeschlichen, um sie von hintenzu anzufallen, zu binden und triumphirend in ihre Heimath zu führen, um ihren Stand und ihre Macht weiter zu un- tersuchen.
Sabald als Belphegor bey seinem Erwa- chen die Menge Menschen erblickte, so war seine erste Empfindung -- Schrecken, wie bereits gesagt worden ist: doch belebte die Nothwendigkeit der Hülfe und eine Art von Verzweiflung seinen Muth so sehr, daß er durch bittende Zeichen und demüthige Geber- den sie auf seine Insel zu locken und ihnen
zu glei-
landet, um heimlich die neue Inſel zu un- terſuchen. Als ſie aber ſo wenig erſchrecken des und nur zween in tiefen Schlaf verſenkte Sterbliche antrafen, ſo ſchien es ihnen das rathſamſte den Tag in Schlachtordnung ab- zuwarten und ſie alsdenn die Probe ihrer Gottheit oder Sterblichkeit ablegen zu laſſen. Zu dieſem Ende wurden die beyden Schla- fenden durch ein heftiges Geſchrey, das alle anweſende Haͤlſe zugleich anſtimmten, bey Tages Anbruche auſgeweckt, und etliche toll- kuͤhne Wagehaͤlſe hatten ſich ſchon in ihren Kanoten um die Inſel herumgeſchlichen, um ſie von hintenzu anzufallen, zu binden und triumphirend in ihre Heimath zu fuͤhren, um ihren Stand und ihre Macht weiter zu un- terſuchen.
Sabald als Belphegor bey ſeinem Erwa- chen die Menge Menſchen erblickte, ſo war ſeine erſte Empfindung — Schrecken, wie bereits geſagt worden iſt: doch belebte die Nothwendigkeit der Huͤlfe und eine Art von Verzweiflung ſeinen Muth ſo ſehr, daß er durch bittende Zeichen und demuͤthige Geber- den ſie auf ſeine Inſel zu locken und ihnen
zu glei-
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landet, um heimlich die neue Inſel zu un-
terſuchen. Als ſie aber ſo wenig erſchrecken
des und nur zween in tiefen Schlaf verſenkte
Sterbliche antrafen, ſo ſchien es ihnen das
rathſamſte den Tag in Schlachtordnung ab-
zuwarten und ſie alsdenn die Probe ihrer
Gottheit oder Sterblichkeit ablegen zu laſſen.
Zu dieſem Ende wurden die beyden Schla-
fenden durch ein heftiges Geſchrey, das alle
anweſende Haͤlſe zugleich anſtimmten, bey
Tages Anbruche auſgeweckt, und etliche toll-
kuͤhne Wagehaͤlſe hatten ſich ſchon in ihren
Kanoten um die Inſel herumgeſchlichen, um
ſie von hintenzu anzufallen, zu binden und
triumphirend in ihre Heimath zu fuͤhren, um
ihren Stand und ihre Macht weiter zu un-
terſuchen.
Sabald als Belphegor bey ſeinem Erwa-
chen die Menge Menſchen erblickte, ſo war
ſeine erſte Empfindung — Schrecken, wie
bereits geſagt worden iſt: doch belebte die
Nothwendigkeit der Huͤlfe und eine Art von
Verzweiflung ſeinen Muth ſo ſehr, daß er
durch bittende Zeichen und demuͤthige Geber-
den ſie auf ſeine Inſel zu locken und ihnen
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/211>, abgerufen am 22.12.2024.
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