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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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länger ihrer Grausamkeit zur Kurzweile die-
nen konnten.

Von dem schrecklichen Schauspiele war
kaum der erste Akt vorüber, als plözlich ein
Schwarm von der benachbarten Völkerschaft
eindrang, nach einem kurzen Gefechte
die Barbaren vom Schauplatze fortschlug,
das Dorf anzündete und die blutenden Eu-
ropäer mit sich hinwegnahm, die diese Sie-
ger sogleich nach der Ankunft in ihrem Dorfe
verbanden und sorgfältig verpflegten. We-
der Belphegor noch Akante trauten itzt dem
Glücke mehr, sondern argwohnten eine neue
Grausamkeit hinter dieser Gütigkeit: da sie
aber so sehr lange bis zur völligen Heilung
anhielt, so wußten sie wenigstens nicht, was
sie denken sollten, wenn sie auch gleich nichts
Gutes erwarteten.

Ihre gegenwärtigen Verpfleger waren
sehr religiöse Leute. Sie hielten es für
höchstsündlich, einen Menschen zu essen, ohne
ihn vorher den Göttern geopfert zu haben;
und um ihre Nachbarn, die gewissenlose
Leute waren und sie fraßen, ohne ihren
Göttern einen Bissen davon anzubieten, von
dieser ärgerlichen Gottlosigkeit abzuhalten,

unter-

laͤnger ihrer Grauſamkeit zur Kurzweile die-
nen konnten.

Von dem ſchrecklichen Schauſpiele war
kaum der erſte Akt voruͤber, als ploͤzlich ein
Schwarm von der benachbarten Voͤlkerſchaft
eindrang, nach einem kurzen Gefechte
die Barbaren vom Schauplatze fortſchlug,
das Dorf anzuͤndete und die blutenden Eu-
ropaͤer mit ſich hinwegnahm, die dieſe Sie-
ger ſogleich nach der Ankunft in ihrem Dorfe
verbanden und ſorgfaͤltig verpflegten. We-
der Belphegor noch Akante trauten itzt dem
Gluͤcke mehr, ſondern argwohnten eine neue
Grauſamkeit hinter dieſer Guͤtigkeit: da ſie
aber ſo ſehr lange bis zur voͤlligen Heilung
anhielt, ſo wußten ſie wenigſtens nicht, was
ſie denken ſollten, wenn ſie auch gleich nichts
Gutes erwarteten.

Ihre gegenwaͤrtigen Verpfleger waren
ſehr religioͤſe Leute. Sie hielten es fuͤr
hoͤchſtſuͤndlich, einen Menſchen zu eſſen, ohne
ihn vorher den Goͤttern geopfert zu haben;
und um ihre Nachbarn, die gewiſſenloſe
Leute waren und ſie fraßen, ohne ihren
Goͤttern einen Biſſen davon anzubieten, von
dieſer aͤrgerlichen Gottloſigkeit abzuhalten,

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[212/0218] laͤnger ihrer Grauſamkeit zur Kurzweile die- nen konnten. Von dem ſchrecklichen Schauſpiele war kaum der erſte Akt voruͤber, als ploͤzlich ein Schwarm von der benachbarten Voͤlkerſchaft eindrang, nach einem kurzen Gefechte die Barbaren vom Schauplatze fortſchlug, das Dorf anzuͤndete und die blutenden Eu- ropaͤer mit ſich hinwegnahm, die dieſe Sie- ger ſogleich nach der Ankunft in ihrem Dorfe verbanden und ſorgfaͤltig verpflegten. We- der Belphegor noch Akante trauten itzt dem Gluͤcke mehr, ſondern argwohnten eine neue Grauſamkeit hinter dieſer Guͤtigkeit: da ſie aber ſo ſehr lange bis zur voͤlligen Heilung anhielt, ſo wußten ſie wenigſtens nicht, was ſie denken ſollten, wenn ſie auch gleich nichts Gutes erwarteten. Ihre gegenwaͤrtigen Verpfleger waren ſehr religioͤſe Leute. Sie hielten es fuͤr hoͤchſtſuͤndlich, einen Menſchen zu eſſen, ohne ihn vorher den Goͤttern geopfert zu haben; und um ihre Nachbarn, die gewiſſenloſe Leute waren und ſie fraßen, ohne ihren Goͤttern einen Biſſen davon anzubieten, von dieſer aͤrgerlichen Gottloſigkeit abzuhalten, unter-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/218>, abgerufen am 22.12.2024.