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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ihm besonders mit vieler Rührung für die
Befreyung vom Tode, die er ihm zu Se-
gelmesse
unter dem Charakter eines heili-
gen Thiers hätte angedeihen lassen.

Siehst du, Brüderchen! unterbrach ihn
Medardus, davon weiß ich Dir kein Wort;
in meinem Leben bin ich nicht in das Ding --
Selenmesse, oder wie Du es nennst --
gekommen. Da ich von euch weggerissen
wurde --

Um des Himmels willen! wie gieng das
zu? --

Wie das zugieng, Brüderchen? -- Das
mußte eine Hexerey oder eine andre Teufe-
ley seyn. Da ich so mitten unter euch stehe,
war mirs auf einmal, als wenn mir leise
ein Strick um den Leib geschlungen würde,
und siehst Du, Brüderchen? in der Minute
hieng ich Dir in einem Walde an einer hohen
Stange, zu welcher sie mich, wie ich hernach
gewahr wurde, mit einem starken Seile und
einer Rolle hinausgezogen hatten. Kurze Zeit
darauf wurde ich herabgelassen, um dem
Löwen vorgesetzt zu werden, den Fromal ku-
rirte: doch was denkst Du wohl, Brüder-
chen? -- Das närrische Thier ließ sich bey

mir

ihm beſonders mit vieler Ruͤhrung fuͤr die
Befreyung vom Tode, die er ihm zu Se-
gelmeſſe
unter dem Charakter eines heili-
gen Thiers haͤtte angedeihen laſſen.

Siehſt du, Bruͤderchen! unterbrach ihn
Medardus, davon weiß ich Dir kein Wort;
in meinem Leben bin ich nicht in das Ding —
Selenmeſſe, oder wie Du es nennſt —
gekommen. Da ich von euch weggeriſſen
wurde —

Um des Himmels willen! wie gieng das
zu? —

Wie das zugieng, Bruͤderchen? — Das
mußte eine Hexerey oder eine andre Teufe-
ley ſeyn. Da ich ſo mitten unter euch ſtehe,
war mirs auf einmal, als wenn mir leiſe
ein Strick um den Leib geſchlungen wuͤrde,
und ſiehſt Du, Bruͤderchen? in der Minute
hieng ich Dir in einem Walde an einer hohen
Stange, zu welcher ſie mich, wie ich hernach
gewahr wurde, mit einem ſtarken Seile und
einer Rolle hinauſgezogen hatten. Kurze Zeit
darauf wurde ich herabgelaſſen, um dem
Loͤwen vorgeſetzt zu werden, den Fromal ku-
rirte: doch was denkſt Du wohl, Bruͤder-
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[16/0022] ihm beſonders mit vieler Ruͤhrung fuͤr die Befreyung vom Tode, die er ihm zu Se- gelmeſſe unter dem Charakter eines heili- gen Thiers haͤtte angedeihen laſſen. Siehſt du, Bruͤderchen! unterbrach ihn Medardus, davon weiß ich Dir kein Wort; in meinem Leben bin ich nicht in das Ding — Selenmeſſe, oder wie Du es nennſt — gekommen. Da ich von euch weggeriſſen wurde — Um des Himmels willen! wie gieng das zu? — Wie das zugieng, Bruͤderchen? — Das mußte eine Hexerey oder eine andre Teufe- ley ſeyn. Da ich ſo mitten unter euch ſtehe, war mirs auf einmal, als wenn mir leiſe ein Strick um den Leib geſchlungen wuͤrde, und ſiehſt Du, Bruͤderchen? in der Minute hieng ich Dir in einem Walde an einer hohen Stange, zu welcher ſie mich, wie ich hernach gewahr wurde, mit einem ſtarken Seile und einer Rolle hinauſgezogen hatten. Kurze Zeit darauf wurde ich herabgelaſſen, um dem Loͤwen vorgeſetzt zu werden, den Fromal ku- rirte: doch was denkſt Du wohl, Bruͤder- chen? — Das naͤrriſche Thier ließ ſich bey mir

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/22>, abgerufen am 27.11.2024.