genug, ich glaube, daß eine Vorsicht ist, und wers nicht glaubt, den soll der Teufel holen! -- Nun, Brüderchen! -- und so stieß er an sein Glas -- alle, die eine Vor- sicht glauben, sollen leben! --
Man merkte es, daß die Flasche den jovialischen Medardus begeistert hatte; und da Belphegors Rausch ein trüber melancho- lischer Rausch war, so hätten beyde beynahe über Schicksal und Vorsicht in einen unseli- gen Zwist verwickelt werden können, wenn nicht Akantens Dazwischenkunft sie getrennt und im Frieden erhalten hätte.
Als der Rausch ausgeschlafen war, so kehrte zwar die alte Vertraulichkeit wieder zurück, allein Belphegor blieb doch trübsinnig. Akante heiterte sich mit jeder Stunde wieder auf: mit jeder Erzählung, die ihr Medar- dus von dem Reichthume und den Schön- heiten zu Karthagena machte, mit jeder Aus- sicht auf Ruhe, Bequemlichkeit, Ergötzlich- keit, die er ihr eröffnete, verschwand das Andenken der überstandnen Beschwerlichkei- ten, und es verstärkte sich ihre Munterkeit und Lebhaftigkeit; sie quälte sich nicht, ob diese angenehme Erwartungen ein Geschenk des
Schick.
genug, ich glaube, daß eine Vorſicht iſt, und wers nicht glaubt, den ſoll der Teufel holen! — Nun, Bruͤderchen! — und ſo ſtieß er an ſein Glas — alle, die eine Vor- ſicht glauben, ſollen leben! —
Man merkte es, daß die Flaſche den jovialiſchen Medardus begeiſtert hatte; und da Belphegors Rauſch ein truͤber melancho- liſcher Rauſch war, ſo haͤtten beyde beynahe uͤber Schickſal und Vorſicht in einen unſeli- gen Zwiſt verwickelt werden koͤnnen, wenn nicht Akantens Dazwiſchenkunft ſie getrennt und im Frieden erhalten haͤtte.
Als der Rauſch ausgeſchlafen war, ſo kehrte zwar die alte Vertraulichkeit wieder zuruͤck, allein Belphegor blieb doch truͤbſinnig. Akante heiterte ſich mit jeder Stunde wieder auf: mit jeder Erzaͤhlung, die ihr Medar- dus von dem Reichthume und den Schoͤn- heiten zu Karthagena machte, mit jeder Aus- ſicht auf Ruhe, Bequemlichkeit, Ergoͤtzlich- keit, die er ihr eroͤffnete, verſchwand das Andenken der uͤberſtandnen Beſchwerlichkei- ten, und es verſtaͤrkte ſich ihre Munterkeit und Lebhaftigkeit; ſie quaͤlte ſich nicht, ob dieſe angenehme Erwartungen ein Geſchenk des
Schick.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0230"n="224"/>
genug, ich glaube, daß eine Vorſicht iſt,<lb/>
und wers nicht glaubt, den ſoll der Teufel<lb/>
holen! — Nun, Bruͤderchen! — und ſo<lb/>ſtieß er an ſein Glas — alle, die eine Vor-<lb/>ſicht glauben, ſollen leben! —</p><lb/><p>Man merkte es, daß die Flaſche den<lb/>
jovialiſchen Medardus begeiſtert hatte; und<lb/>
da Belphegors Rauſch ein truͤber melancho-<lb/>
liſcher Rauſch war, ſo haͤtten beyde beynahe<lb/>
uͤber Schickſal und Vorſicht in einen unſeli-<lb/>
gen Zwiſt verwickelt werden koͤnnen, wenn<lb/>
nicht Akantens Dazwiſchenkunft ſie getrennt<lb/>
und im Frieden erhalten haͤtte.</p><lb/><p>Als der Rauſch ausgeſchlafen war, ſo<lb/>
kehrte zwar die alte Vertraulichkeit wieder<lb/>
zuruͤck, allein Belphegor blieb doch truͤbſinnig.<lb/>
Akante heiterte ſich mit jeder Stunde wieder<lb/>
auf: mit jeder Erzaͤhlung, die ihr Medar-<lb/>
dus von dem Reichthume und den Schoͤn-<lb/>
heiten zu Karthagena machte, mit jeder Aus-<lb/>ſicht auf Ruhe, Bequemlichkeit, Ergoͤtzlich-<lb/>
keit, die er ihr eroͤffnete, verſchwand das<lb/>
Andenken der uͤberſtandnen Beſchwerlichkei-<lb/>
ten, und es verſtaͤrkte ſich ihre Munterkeit und<lb/>
Lebhaftigkeit; ſie quaͤlte ſich nicht, ob dieſe<lb/>
angenehme Erwartungen ein Geſchenk des<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schick.</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[224/0230]
genug, ich glaube, daß eine Vorſicht iſt,
und wers nicht glaubt, den ſoll der Teufel
holen! — Nun, Bruͤderchen! — und ſo
ſtieß er an ſein Glas — alle, die eine Vor-
ſicht glauben, ſollen leben! —
Man merkte es, daß die Flaſche den
jovialiſchen Medardus begeiſtert hatte; und
da Belphegors Rauſch ein truͤber melancho-
liſcher Rauſch war, ſo haͤtten beyde beynahe
uͤber Schickſal und Vorſicht in einen unſeli-
gen Zwiſt verwickelt werden koͤnnen, wenn
nicht Akantens Dazwiſchenkunft ſie getrennt
und im Frieden erhalten haͤtte.
Als der Rauſch ausgeſchlafen war, ſo
kehrte zwar die alte Vertraulichkeit wieder
zuruͤck, allein Belphegor blieb doch truͤbſinnig.
Akante heiterte ſich mit jeder Stunde wieder
auf: mit jeder Erzaͤhlung, die ihr Medar-
dus von dem Reichthume und den Schoͤn-
heiten zu Karthagena machte, mit jeder Aus-
ſicht auf Ruhe, Bequemlichkeit, Ergoͤtzlich-
keit, die er ihr eroͤffnete, verſchwand das
Andenken der uͤberſtandnen Beſchwerlichkei-
ten, und es verſtaͤrkte ſich ihre Munterkeit und
Lebhaftigkeit; ſie quaͤlte ſich nicht, ob dieſe
angenehme Erwartungen ein Geſchenk des
Schick.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/230>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.