die ehemalige Wärme der Vertraulichkeit bald und gab sich alle Mühe, ihn zu be- feuern: Er lenkte das Gespräch auf die Vor- fallenheiten seines Befehlshaberamtes, und sein Freund wurde noch zurückhaltender: er kam auf die Begebenheit des Mannes, der ihn mit sich gebracht hatte, ließ etliche hin- geworfne Worte verrathen, daß er von der Sache wohl unterrichtet war und sie als eine Ungerechtigkeit verabscheute. Er er- zählte ihm die Geschichte davon unter verän- derten Namen und mit starken lebhaften Ausdrücken der Mißbilligung. Fromal schien dabey zu empfinden: er machte die gewöhnlichen Geberden eines Menschen, der sich getroffen fühlt, und eben als Belphegor die Moral zu seiner Erzählung hinzusetzen wollte, brach er ab und entschuldigte sich mit dringenden Geschäften, daß er sich von ihm beurlaubte. Sein Gesezprediger war zwar mit dieser Entwickelung des Gesprächs nicht sonderlich zufrieden, doch hoffte er einen glücklichen Ausgang seines Vorhabens, weil sein Freund noch Gefühl hatte.
Er wiederholte seinen Besuch' zum zwey- ten, zum dritten und mehrmalen: allemal
wurde
die ehemalige Waͤrme der Vertraulichkeit bald und gab ſich alle Muͤhe, ihn zu be- feuern: Er lenkte das Geſpraͤch auf die Vor- fallenheiten ſeines Befehlshaberamtes, und ſein Freund wurde noch zuruͤckhaltender: er kam auf die Begebenheit des Mannes, der ihn mit ſich gebracht hatte, ließ etliche hin- geworfne Worte verrathen, daß er von der Sache wohl unterrichtet war und ſie als eine Ungerechtigkeit verabſcheute. Er er- zaͤhlte ihm die Geſchichte davon unter veraͤn- derten Namen und mit ſtarken lebhaften Ausdruͤcken der Mißbilligung. Fromal ſchien dabey zu empfinden: er machte die gewoͤhnlichen Geberden eines Menſchen, der ſich getroffen fuͤhlt, und eben als Belphegor die Moral zu ſeiner Erzaͤhlung hinzuſetzen wollte, brach er ab und entſchuldigte ſich mit dringenden Geſchaͤften, daß er ſich von ihm beurlaubte. Sein Geſezprediger war zwar mit dieſer Entwickelung des Geſpraͤchs nicht ſonderlich zufrieden, doch hoffte er einen gluͤcklichen Ausgang ſeines Vorhabens, weil ſein Freund noch Gefuͤhl hatte.
Er wiederholte ſeinen Beſuch’ zum zwey- ten, zum dritten und mehrmalen: allemal
wurde
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die ehemalige Waͤrme der Vertraulichkeit
bald und gab ſich alle Muͤhe, ihn zu be-
feuern: Er lenkte das Geſpraͤch auf die Vor-
fallenheiten ſeines Befehlshaberamtes, und
ſein Freund wurde noch zuruͤckhaltender: er
kam auf die Begebenheit des Mannes, der
ihn mit ſich gebracht hatte, ließ etliche hin-
geworfne Worte verrathen, daß er von der
Sache wohl unterrichtet war und ſie als
eine Ungerechtigkeit verabſcheute. Er er-
zaͤhlte ihm die Geſchichte davon unter veraͤn-
derten Namen und mit ſtarken lebhaften
Ausdruͤcken der Mißbilligung. Fromal
ſchien dabey zu empfinden: er machte die
gewoͤhnlichen Geberden eines Menſchen, der
ſich getroffen fuͤhlt, und eben als Belphegor
die Moral zu ſeiner Erzaͤhlung hinzuſetzen
wollte, brach er ab und entſchuldigte ſich mit
dringenden Geſchaͤften, daß er ſich von ihm
beurlaubte. Sein Geſezprediger war zwar
mit dieſer Entwickelung des Geſpraͤchs nicht
ſonderlich zufrieden, doch hoffte er einen
gluͤcklichen Ausgang ſeines Vorhabens, weil
ſein Freund noch Gefuͤhl hatte.
Er wiederholte ſeinen Beſuch’ zum zwey-
ten, zum dritten und mehrmalen: allemal
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/271>, abgerufen am 22.12.2024.
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