gieb den Bedrückten, die Du vor Räube- reyen schützen solltest und selbst beraubt hast, gieb ihnen alles wieder, sey künftig gerecht, billig, menschenfreundlich! -- und Du bist wieder mein Freund; wo nicht, so soll Dich meine Nachkommenschaft bis in Ewigkeit verfluchen, und jeder Tropfen mei- nes Blutes, so lange er noch in einer Ader fließt, um Rache wider Dich schreyen. --
Der Brief that seine Wirkung. Belphe- gor hatte sehr sorgfältig verhelt, daß er der Urheber von ihm war, und Fromal, der dieß nicht vermuthete, hatte bereits zu viel gelesen, um wieder aufhören zu können, als er den Verfasser desselben errieth. Er las ihn unruhig und zitternd durch, mußte es noch einmal thun und wurde in ein tiefes Nachdenken versenkt, las ihn wieder und sann, konnte nicht essen und nicht schlafen. Die schauerhaften Beschwörungen seines Freundes schlichen unaufhörlich, wie Ge- spenster, vor seiner Seele vorüber: er wünschte, sich bey dem Manne rechtfertigen zu können, der einen solchen Aufruhr in ihm gemacht hatte, und doch schämte er sich, ihm in die Augen zu sehn. In dieser unru-
higen
gieb den Bedruͤckten, die Du vor Raͤube- reyen ſchuͤtzen ſollteſt und ſelbſt beraubt haſt, gieb ihnen alles wieder, ſey kuͤnftig gerecht, billig, menſchenfreundlich! — und Du biſt wieder mein Freund; wo nicht, ſo ſoll Dich meine Nachkommenſchaft bis in Ewigkeit verfluchen, und jeder Tropfen mei- nes Blutes, ſo lange er noch in einer Ader fließt, um Rache wider Dich ſchreyen. —
Der Brief that ſeine Wirkung. Belphe- gor hatte ſehr ſorgfaͤltig verhelt, daß er der Urheber von ihm war, und Fromal, der dieß nicht vermuthete, hatte bereits zu viel geleſen, um wieder aufhoͤren zu koͤnnen, als er den Verfaſſer deſſelben errieth. Er las ihn unruhig und zitternd durch, mußte es noch einmal thun und wurde in ein tiefes Nachdenken verſenkt, las ihn wieder und ſann, konnte nicht eſſen und nicht ſchlafen. Die ſchauerhaften Beſchwoͤrungen ſeines Freundes ſchlichen unaufhoͤrlich, wie Ge- ſpenſter, vor ſeiner Seele voruͤber: er wuͤnſchte, ſich bey dem Manne rechtfertigen zu koͤnnen, der einen ſolchen Aufruhr in ihm gemacht hatte, und doch ſchaͤmte er ſich, ihm in die Augen zu ſehn. In dieſer unru-
higen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0273"n="267"/>
gieb den Bedruͤckten, die Du vor Raͤube-<lb/>
reyen ſchuͤtzen ſollteſt und ſelbſt beraubt<lb/>
haſt, gieb ihnen alles wieder, ſey kuͤnftig<lb/>
gerecht, billig, menſchenfreundlich! — und<lb/>
Du biſt wieder mein Freund; wo nicht, ſo<lb/>ſoll Dich meine Nachkommenſchaft bis in<lb/>
Ewigkeit verfluchen, und jeder Tropfen mei-<lb/>
nes Blutes, ſo lange er noch in einer Ader<lb/>
fließt, um Rache wider Dich ſchreyen. —</p><lb/><p>Der Brief that ſeine Wirkung. Belphe-<lb/>
gor hatte ſehr ſorgfaͤltig verhelt, daß er der<lb/>
Urheber von ihm war, und Fromal, der<lb/>
dieß nicht vermuthete, hatte bereits zu viel<lb/>
geleſen, um wieder aufhoͤren zu koͤnnen, als<lb/>
er den Verfaſſer deſſelben errieth. Er las<lb/>
ihn unruhig und zitternd durch, mußte es<lb/>
noch einmal thun und wurde in ein tiefes<lb/>
Nachdenken verſenkt, las ihn wieder und<lb/>ſann, konnte nicht eſſen und nicht ſchlafen.<lb/>
Die ſchauerhaften Beſchwoͤrungen ſeines<lb/>
Freundes ſchlichen unaufhoͤrlich, wie Ge-<lb/>ſpenſter, vor ſeiner Seele voruͤber: er<lb/>
wuͤnſchte, ſich bey dem Manne rechtfertigen<lb/>
zu koͤnnen, der einen ſolchen Aufruhr in ihm<lb/>
gemacht hatte, und doch ſchaͤmte er ſich,<lb/>
ihm in die Augen zu ſehn. In dieſer unru-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">higen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[267/0273]
gieb den Bedruͤckten, die Du vor Raͤube-
reyen ſchuͤtzen ſollteſt und ſelbſt beraubt
haſt, gieb ihnen alles wieder, ſey kuͤnftig
gerecht, billig, menſchenfreundlich! — und
Du biſt wieder mein Freund; wo nicht, ſo
ſoll Dich meine Nachkommenſchaft bis in
Ewigkeit verfluchen, und jeder Tropfen mei-
nes Blutes, ſo lange er noch in einer Ader
fließt, um Rache wider Dich ſchreyen. —
Der Brief that ſeine Wirkung. Belphe-
gor hatte ſehr ſorgfaͤltig verhelt, daß er der
Urheber von ihm war, und Fromal, der
dieß nicht vermuthete, hatte bereits zu viel
geleſen, um wieder aufhoͤren zu koͤnnen, als
er den Verfaſſer deſſelben errieth. Er las
ihn unruhig und zitternd durch, mußte es
noch einmal thun und wurde in ein tiefes
Nachdenken verſenkt, las ihn wieder und
ſann, konnte nicht eſſen und nicht ſchlafen.
Die ſchauerhaften Beſchwoͤrungen ſeines
Freundes ſchlichen unaufhoͤrlich, wie Ge-
ſpenſter, vor ſeiner Seele voruͤber: er
wuͤnſchte, ſich bey dem Manne rechtfertigen
zu koͤnnen, der einen ſolchen Aufruhr in ihm
gemacht hatte, und doch ſchaͤmte er ſich,
ihm in die Augen zu ſehn. In dieſer unru-
higen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/273>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.