Sklaven eine Familie aus, wovon er der Vater war, der seine Kinder nur so lange in leichten Einschränkungen erhielt, bis sie erkannt hatten, wie liebreich ihr Vater war. Hinter jeder Wohnung breitete sich ein Gar- ten in eine längliche Fläche aus, mit Küchen- kräutern und Gewächsen, auch mit einigen Blumen, die das Klima vertrug, geschmückt, den jeder Besitzer mit eigner Hand pflegte und bearbeitete: jeder aß das Werk seiner Hände, und jede Staude, die auf seinem Tische erschien, schmeckte ihm doppelt süß, weil er sie mit dem Schweiße seiues Ange- sichts erkauft hatte. Wenn sie die Arbeiten des Gartens ermüdeten, giengen sie auf das Feld, die Verrichtungen ihrer Sklaven -- wiewohl sie ihnen nie diesen Namen gaben -- zu übersehen, sie durch ihre Gegenwart zum Fleiße und durch Freundlichkeit zu Muth und Geduld anzufrischen. Zu gewissen Jahrszeiten und nach Endigung gewisser Arbeiten, des Pflanzens, des Säens, der Erndte stellten sie kleine Feste an, wo sie unter hohen Bäumen oder am Eingange ih- rer Wohnung saßen und sich väterlich an den Ergötzlichkeiten ihrer Angehörigen ver-
gnügten:
Sklaven eine Familie aus, wovon er der Vater war, der ſeine Kinder nur ſo lange in leichten Einſchraͤnkungen erhielt, bis ſie erkannt hatten, wie liebreich ihr Vater war. Hinter jeder Wohnung breitete ſich ein Gar- ten in eine laͤngliche Flaͤche aus, mit Kuͤchen- kraͤutern und Gewaͤchſen, auch mit einigen Blumen, die das Klima vertrug, geſchmuͤckt, den jeder Beſitzer mit eigner Hand pflegte und bearbeitete: jeder aß das Werk ſeiner Haͤnde, und jede Staude, die auf ſeinem Tiſche erſchien, ſchmeckte ihm doppelt ſuͤß, weil er ſie mit dem Schweiße ſeiues Ange- ſichts erkauft hatte. Wenn ſie die Arbeiten des Gartens ermuͤdeten, giengen ſie auf das Feld, die Verrichtungen ihrer Sklaven — wiewohl ſie ihnen nie dieſen Namen gaben — zu uͤberſehen, ſie durch ihre Gegenwart zum Fleiße und durch Freundlichkeit zu Muth und Geduld anzufriſchen. Zu gewiſſen Jahrszeiten und nach Endigung gewiſſer Arbeiten, des Pflanzens, des Saͤens, der Erndte ſtellten ſie kleine Feſte an, wo ſie unter hohen Baͤumen oder am Eingange ih- rer Wohnung ſaßen und ſich vaͤterlich an den Ergoͤtzlichkeiten ihrer Angehoͤrigen ver-
gnuͤgten:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0308"n="302"/>
Sklaven eine Familie aus, wovon er der<lb/>
Vater war, der ſeine Kinder nur ſo lange<lb/>
in leichten Einſchraͤnkungen erhielt, bis ſie<lb/>
erkannt hatten, wie liebreich ihr Vater war.<lb/>
Hinter jeder Wohnung breitete ſich ein Gar-<lb/>
ten in eine laͤngliche Flaͤche aus, mit Kuͤchen-<lb/>
kraͤutern und Gewaͤchſen, auch mit einigen<lb/>
Blumen, die das Klima vertrug, geſchmuͤckt,<lb/>
den jeder Beſitzer mit eigner Hand pflegte<lb/>
und bearbeitete: jeder aß das Werk ſeiner<lb/>
Haͤnde, und jede Staude, die auf ſeinem<lb/>
Tiſche erſchien, ſchmeckte ihm doppelt ſuͤß,<lb/>
weil er ſie mit dem Schweiße ſeiues Ange-<lb/>ſichts erkauft hatte. Wenn ſie die Arbeiten<lb/>
des Gartens ermuͤdeten, giengen ſie auf das<lb/>
Feld, die Verrichtungen ihrer Sklaven —<lb/>
wiewohl ſie ihnen nie dieſen Namen gaben —<lb/>
zu uͤberſehen, ſie durch ihre Gegenwart zum<lb/>
Fleiße und durch Freundlichkeit zu Muth<lb/>
und Geduld anzufriſchen. Zu gewiſſen<lb/>
Jahrszeiten und nach Endigung gewiſſer<lb/>
Arbeiten, des Pflanzens, des Saͤens, der<lb/>
Erndte ſtellten ſie kleine Feſte an, wo ſie<lb/>
unter hohen Baͤumen oder am Eingange ih-<lb/>
rer Wohnung ſaßen und ſich vaͤterlich an<lb/>
den Ergoͤtzlichkeiten ihrer Angehoͤrigen ver-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gnuͤgten:</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[302/0308]
Sklaven eine Familie aus, wovon er der
Vater war, der ſeine Kinder nur ſo lange
in leichten Einſchraͤnkungen erhielt, bis ſie
erkannt hatten, wie liebreich ihr Vater war.
Hinter jeder Wohnung breitete ſich ein Gar-
ten in eine laͤngliche Flaͤche aus, mit Kuͤchen-
kraͤutern und Gewaͤchſen, auch mit einigen
Blumen, die das Klima vertrug, geſchmuͤckt,
den jeder Beſitzer mit eigner Hand pflegte
und bearbeitete: jeder aß das Werk ſeiner
Haͤnde, und jede Staude, die auf ſeinem
Tiſche erſchien, ſchmeckte ihm doppelt ſuͤß,
weil er ſie mit dem Schweiße ſeiues Ange-
ſichts erkauft hatte. Wenn ſie die Arbeiten
des Gartens ermuͤdeten, giengen ſie auf das
Feld, die Verrichtungen ihrer Sklaven —
wiewohl ſie ihnen nie dieſen Namen gaben —
zu uͤberſehen, ſie durch ihre Gegenwart zum
Fleiße und durch Freundlichkeit zu Muth
und Geduld anzufriſchen. Zu gewiſſen
Jahrszeiten und nach Endigung gewiſſer
Arbeiten, des Pflanzens, des Saͤens, der
Erndte ſtellten ſie kleine Feſte an, wo ſie
unter hohen Baͤumen oder am Eingange ih-
rer Wohnung ſaßen und ſich vaͤterlich an
den Ergoͤtzlichkeiten ihrer Angehoͤrigen ver-
gnuͤgten:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/308>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.