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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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und siebzig Brüdern goldne Stricke zugeschickt,
an welchen sich ein jeder mit eigner Hand
aufhängen mußte: das ganze Volk lief
einer Gallerie zu, wo sie alle nach der Rang-
ordnung des Alters an ihren goldnen Stri-
cken schwebten, und der tumme Pöbel fro-
lockte über diese ersten Opfer, die der Despot
seiner Tyranncy gebracht hatte. Ich habe
mich lange Zeit an seinem Hofe aufgehalten,
und ihm muß ich mein Königreich Nie-
meamaye
verdanken. -- Medardus seufzte
ein wenig bey dieser Stelle und fuhr sogleich
wieder fort. -- Der dicke Götze saß unauf-
hörlich in einer dichten Wolke von Wohlge-
rüchen, die ihm alle Sinne so sehr benebel-
ten, daß er nie zu sich selbst kam: unauf-
hörlich mußte ein Haufen Gold und eine
von seinen Weibern zu seinen Füßen liegen.
Seine Leibwache bestand bloß aus Weibern,
die nie eine männliche Seele zu ihm ließen:
die höchsten Stellen des Landes waren zwar
mit Männern besetzt, allein die obersten Be-
fehlshaberinnen der Leibwache hatten in
allen Rathsversammlungen die ausschlagen-
den Stimmen, und jene mußten nur vor-
tragen und vollstrecken, was diese geboten.

Alle

und ſiebzig Bruͤdern goldne Stricke zugeſchickt,
an welchen ſich ein jeder mit eigner Hand
aufhaͤngen mußte: das ganze Volk lief
einer Gallerie zu, wo ſie alle nach der Rang-
ordnung des Alters an ihren goldnen Stri-
cken ſchwebten, und der tumme Poͤbel fro-
lockte uͤber dieſe erſten Opfer, die der Deſpot
ſeiner Tyranncy gebracht hatte. Ich habe
mich lange Zeit an ſeinem Hofe aufgehalten,
und ihm muß ich mein Koͤnigreich Nie-
meamaye
verdanken. — Medardus ſeufzte
ein wenig bey dieſer Stelle und fuhr ſogleich
wieder fort. — Der dicke Goͤtze ſaß unauf-
hoͤrlich in einer dichten Wolke von Wohlge-
ruͤchen, die ihm alle Sinne ſo ſehr benebel-
ten, daß er nie zu ſich ſelbſt kam: unauf-
hoͤrlich mußte ein Haufen Gold und eine
von ſeinen Weibern zu ſeinen Fuͤßen liegen.
Seine Leibwache beſtand bloß aus Weibern,
die nie eine maͤnnliche Seele zu ihm ließen:
die hoͤchſten Stellen des Landes waren zwar
mit Maͤnnern beſetzt, allein die oberſten Be-
fehlshaberinnen der Leibwache hatten in
allen Rathsverſammlungen die ausſchlagen-
den Stimmen, und jene mußten nur vor-
tragen und vollſtrecken, was dieſe geboten.

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[36/0042] und ſiebzig Bruͤdern goldne Stricke zugeſchickt, an welchen ſich ein jeder mit eigner Hand aufhaͤngen mußte: das ganze Volk lief einer Gallerie zu, wo ſie alle nach der Rang- ordnung des Alters an ihren goldnen Stri- cken ſchwebten, und der tumme Poͤbel fro- lockte uͤber dieſe erſten Opfer, die der Deſpot ſeiner Tyranncy gebracht hatte. Ich habe mich lange Zeit an ſeinem Hofe aufgehalten, und ihm muß ich mein Koͤnigreich Nie- meamaye verdanken. — Medardus ſeufzte ein wenig bey dieſer Stelle und fuhr ſogleich wieder fort. — Der dicke Goͤtze ſaß unauf- hoͤrlich in einer dichten Wolke von Wohlge- ruͤchen, die ihm alle Sinne ſo ſehr benebel- ten, daß er nie zu ſich ſelbſt kam: unauf- hoͤrlich mußte ein Haufen Gold und eine von ſeinen Weibern zu ſeinen Fuͤßen liegen. Seine Leibwache beſtand bloß aus Weibern, die nie eine maͤnnliche Seele zu ihm ließen: die hoͤchſten Stellen des Landes waren zwar mit Maͤnnern beſetzt, allein die oberſten Be- fehlshaberinnen der Leibwache hatten in allen Rathsverſammlungen die ausſchlagen- den Stimmen, und jene mußten nur vor- tragen und vollſtrecken, was dieſe geboten. Alle

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/42>, abgerufen am 29.11.2024.