Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.alte lederne Jagdtasche etwas Wäsche, ein paar Schuhe, ein Manisches Gesangbuch, einen großen Brief, den er selbst geschrieben hatte, und so viel Mundvorrath, als noch Platz haben wollte, zog seinen besten neuen Schafpelz mit rothseidenen Räthen auf den Achseln an, setzte die Soldatenmütze auf, ergriff einen Stecken mit eiserner Spitze und nahm von seinem Vater Abschied. Er übergebe ihm die Wirthschaft bis zu seiner Wiederkehr, sagte er ihm, und er solle das Haus vor der alten Hexe gut in Acht nehmen. Und find' ich auch nur einen einzigen Baum heruntergeschlagen, fügte er hinzu, so ist unsere Freundschaft für immer aus. -- Dann ging er zu Petrick hinüber und sah durch das kleine Fenster in die Stube hinein. Da stand schon Grita in ihren Sonntagskleidern und nickte ihm freundlich zu. Sie wolle ihn eine Strecke begleiten, rief sie hinaus. Das that sie denn auch, und sie gingen nun zusammen bis zum Mittag Hand in Hand über die Landstraße. Dann machte Ansas Halt in einem großen Dorfe, und sagte, es wäre nun Zeit zu scheiden, damit sie vor Nacht nach Hause komme. Grita hatte in einem Tuche Eßwaaren mitgenommen, Brod und Käse und gebratene Fische, und sie setzten sich auf die Deichsel eines abgespannten Lastwagens und verzehrten gemeinsam das letzte Mahl. Gesprochen wurde kein Wort weiter, sondern als sie fertig waren, reich- alte lederne Jagdtasche etwas Wäsche, ein paar Schuhe, ein Manisches Gesangbuch, einen großen Brief, den er selbst geschrieben hatte, und so viel Mundvorrath, als noch Platz haben wollte, zog seinen besten neuen Schafpelz mit rothseidenen Räthen auf den Achseln an, setzte die Soldatenmütze auf, ergriff einen Stecken mit eiserner Spitze und nahm von seinem Vater Abschied. Er übergebe ihm die Wirthschaft bis zu seiner Wiederkehr, sagte er ihm, und er solle das Haus vor der alten Hexe gut in Acht nehmen. Und find' ich auch nur einen einzigen Baum heruntergeschlagen, fügte er hinzu, so ist unsere Freundschaft für immer aus. — Dann ging er zu Petrick hinüber und sah durch das kleine Fenster in die Stube hinein. Da stand schon Grita in ihren Sonntagskleidern und nickte ihm freundlich zu. Sie wolle ihn eine Strecke begleiten, rief sie hinaus. Das that sie denn auch, und sie gingen nun zusammen bis zum Mittag Hand in Hand über die Landstraße. Dann machte Ansas Halt in einem großen Dorfe, und sagte, es wäre nun Zeit zu scheiden, damit sie vor Nacht nach Hause komme. Grita hatte in einem Tuche Eßwaaren mitgenommen, Brod und Käse und gebratene Fische, und sie setzten sich auf die Deichsel eines abgespannten Lastwagens und verzehrten gemeinsam das letzte Mahl. Gesprochen wurde kein Wort weiter, sondern als sie fertig waren, reich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056"/> alte lederne Jagdtasche etwas Wäsche, ein paar Schuhe, ein Manisches Gesangbuch, einen großen Brief, den er selbst geschrieben hatte, und so viel Mundvorrath, als noch Platz haben wollte, zog seinen besten neuen Schafpelz mit rothseidenen Räthen auf den Achseln an, setzte die Soldatenmütze auf, ergriff einen Stecken mit eiserner Spitze und nahm von seinem Vater Abschied. Er übergebe ihm die Wirthschaft bis zu seiner Wiederkehr, sagte er ihm, und er solle das Haus vor der alten Hexe gut in Acht nehmen. Und find' ich auch nur einen einzigen Baum heruntergeschlagen, fügte er hinzu, so ist unsere Freundschaft für immer aus. — Dann ging er zu Petrick hinüber und sah durch das kleine Fenster in die Stube hinein. Da stand schon Grita in ihren Sonntagskleidern und nickte ihm freundlich zu. Sie wolle ihn eine Strecke begleiten, rief sie hinaus.</p><lb/> <p>Das that sie denn auch, und sie gingen nun zusammen bis zum Mittag Hand in Hand über die Landstraße. Dann machte Ansas Halt in einem großen Dorfe, und sagte, es wäre nun Zeit zu scheiden, damit sie vor Nacht nach Hause komme. Grita hatte in einem Tuche Eßwaaren mitgenommen, Brod und Käse und gebratene Fische, und sie setzten sich auf die Deichsel eines abgespannten Lastwagens und verzehrten gemeinsam das letzte Mahl. Gesprochen wurde kein Wort weiter, sondern als sie fertig waren, reich-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
alte lederne Jagdtasche etwas Wäsche, ein paar Schuhe, ein Manisches Gesangbuch, einen großen Brief, den er selbst geschrieben hatte, und so viel Mundvorrath, als noch Platz haben wollte, zog seinen besten neuen Schafpelz mit rothseidenen Räthen auf den Achseln an, setzte die Soldatenmütze auf, ergriff einen Stecken mit eiserner Spitze und nahm von seinem Vater Abschied. Er übergebe ihm die Wirthschaft bis zu seiner Wiederkehr, sagte er ihm, und er solle das Haus vor der alten Hexe gut in Acht nehmen. Und find' ich auch nur einen einzigen Baum heruntergeschlagen, fügte er hinzu, so ist unsere Freundschaft für immer aus. — Dann ging er zu Petrick hinüber und sah durch das kleine Fenster in die Stube hinein. Da stand schon Grita in ihren Sonntagskleidern und nickte ihm freundlich zu. Sie wolle ihn eine Strecke begleiten, rief sie hinaus.
Das that sie denn auch, und sie gingen nun zusammen bis zum Mittag Hand in Hand über die Landstraße. Dann machte Ansas Halt in einem großen Dorfe, und sagte, es wäre nun Zeit zu scheiden, damit sie vor Nacht nach Hause komme. Grita hatte in einem Tuche Eßwaaren mitgenommen, Brod und Käse und gebratene Fische, und sie setzten sich auf die Deichsel eines abgespannten Lastwagens und verzehrten gemeinsam das letzte Mahl. Gesprochen wurde kein Wort weiter, sondern als sie fertig waren, reich-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:07:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:07:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |