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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schöpfte rasch und unter heftigstem Herzklopfen eine Hand voll Wasser, trank einen Schluck davon und befeuchtete mit dem Rest Stirn und Brust. Dann kniete sie auf den Steinboden nieder und sprach hastig ein Gebet. Kaum war das Amen über die Lippen, als sie auch schon scheu, wie sie gekommen war, die Halle verließ. Sie lief mehr, als sie ging, bis sie wieder die Grenze erreicht hatte.

Was sollte das? Grita war eine evangelische Christin und hielt, wie die Littauer überhaupt, etwas auf ihr Glaubensbekenntniß. Aber hier mußte ein Fall vorliegen, wo der Glaube nicht kräftig genug schien, gewisse Hindernisse zu überwinden, wo nur Zaubermittel helfen konnten. Ein solches Zaubermittel war ihr und den Meisten ihrer Landsleute das Weihwasser einer katholischen Kirche. Sie konnte sich dabei gar nichts Anderes denken, als daß ihm eine ganz besondere Schutzkraft durch den Priester beigelegt sei, der ja Macht haben sollte, von Sünden zu erlösen, also selbst eine Art von Zauberer war. Hatte sie doch oft genug die Szamaitischen Schmuggler sagen gehört, es sei ihnen wenig beschwerlich, wenn sie einmal einen Grenzposten erschossen hätten, da sie sich leicht losbeichten könnten. Zur Beichte durfte sie nun freilich nicht; das wäre eine Verleugnung ihres Glaubens gewesen, die sie in den übelsten Verruf gebracht hätte; aber sich heimlich etwas von den Gnadenmitteln der fremden Kirche zuwenden, um das Gewissen im Voraus

schöpfte rasch und unter heftigstem Herzklopfen eine Hand voll Wasser, trank einen Schluck davon und befeuchtete mit dem Rest Stirn und Brust. Dann kniete sie auf den Steinboden nieder und sprach hastig ein Gebet. Kaum war das Amen über die Lippen, als sie auch schon scheu, wie sie gekommen war, die Halle verließ. Sie lief mehr, als sie ging, bis sie wieder die Grenze erreicht hatte.

Was sollte das? Grita war eine evangelische Christin und hielt, wie die Littauer überhaupt, etwas auf ihr Glaubensbekenntniß. Aber hier mußte ein Fall vorliegen, wo der Glaube nicht kräftig genug schien, gewisse Hindernisse zu überwinden, wo nur Zaubermittel helfen konnten. Ein solches Zaubermittel war ihr und den Meisten ihrer Landsleute das Weihwasser einer katholischen Kirche. Sie konnte sich dabei gar nichts Anderes denken, als daß ihm eine ganz besondere Schutzkraft durch den Priester beigelegt sei, der ja Macht haben sollte, von Sünden zu erlösen, also selbst eine Art von Zauberer war. Hatte sie doch oft genug die Szamaitischen Schmuggler sagen gehört, es sei ihnen wenig beschwerlich, wenn sie einmal einen Grenzposten erschossen hätten, da sie sich leicht losbeichten könnten. Zur Beichte durfte sie nun freilich nicht; das wäre eine Verleugnung ihres Glaubens gewesen, die sie in den übelsten Verruf gebracht hätte; aber sich heimlich etwas von den Gnadenmitteln der fremden Kirche zuwenden, um das Gewissen im Voraus

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/62>, abgerufen am 24.11.2024.