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Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Rühs, wovon ich rede, ist eine enge Thalschlucht. Der Bach bricht wild zwischen den umhergewürfelten Felsblöcken durch, verschwindet oft unter dem Gestein, und man hört nur das Brausen. Kein Erlenbusch, nicht einmal die Weide mehr wächs't in der Oede, nur die Ranken des Brombeerstrauchs wuchern in den Spalten und breiten sich hungrig und suchend über das weiche bräunliche Moos.

Von beiden Seiten erhebt sich steiler immer steiler der Berg, voll Ginster und Haiden und Stein. Kein Laut, kein Ton! Nicht einmal der Specht klopft im Tannenwald, der auf den Kuppen steht, kein Rehruf hallt von dem kleinen, heimlichen Grasplatz her, der wie verloren zwischen den Felsen liegt. Hinten baut sich Kuppe über Kuppe: dunkler, schwarzer Wald; nur die Nebelwolken, die sich wie vom Rocken am Berge abspinnen, nur purpurne Lichtstreifen zeigen, wo die Frühsonne hindringt. Das Haupt der höchsten Berge ist wieder kahl, voll Trümmer und Schneeplätzen, unheimlich und schwer zu erklimmen. Auch wandelt nicht leicht ein Mensch darüber, denn es ist nicht geheuer, und der Bauer scheut sich vor "des Teufels Mühle".

Nur gegen Norden fängt diese Schlucht an in das breitere Thal auszulaufen, daß man wohl schon die Glocken herüberklingen hört. Da tritt auch der Wald weiter, fast bis ans Wasser, herab; die Buchen mögen auch wieder im feuchteren Grund wachsen und umschatten einen Rasenplatz, welcher etliche hundert Schritte im

Rühs, wovon ich rede, ist eine enge Thalschlucht. Der Bach bricht wild zwischen den umhergewürfelten Felsblöcken durch, verschwindet oft unter dem Gestein, und man hört nur das Brausen. Kein Erlenbusch, nicht einmal die Weide mehr wächs't in der Oede, nur die Ranken des Brombeerstrauchs wuchern in den Spalten und breiten sich hungrig und suchend über das weiche bräunliche Moos.

Von beiden Seiten erhebt sich steiler immer steiler der Berg, voll Ginster und Haiden und Stein. Kein Laut, kein Ton! Nicht einmal der Specht klopft im Tannenwald, der auf den Kuppen steht, kein Rehruf hallt von dem kleinen, heimlichen Grasplatz her, der wie verloren zwischen den Felsen liegt. Hinten baut sich Kuppe über Kuppe: dunkler, schwarzer Wald; nur die Nebelwolken, die sich wie vom Rocken am Berge abspinnen, nur purpurne Lichtstreifen zeigen, wo die Frühsonne hindringt. Das Haupt der höchsten Berge ist wieder kahl, voll Trümmer und Schneeplätzen, unheimlich und schwer zu erklimmen. Auch wandelt nicht leicht ein Mensch darüber, denn es ist nicht geheuer, und der Bauer scheut sich vor „des Teufels Mühle“.

Nur gegen Norden fängt diese Schlucht an in das breitere Thal auszulaufen, daß man wohl schon die Glocken herüberklingen hört. Da tritt auch der Wald weiter, fast bis ans Wasser, herab; die Buchen mögen auch wieder im feuchteren Grund wachsen und umschatten einen Rasenplatz, welcher etliche hundert Schritte im

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[0016] Rühs, wovon ich rede, ist eine enge Thalschlucht. Der Bach bricht wild zwischen den umhergewürfelten Felsblöcken durch, verschwindet oft unter dem Gestein, und man hört nur das Brausen. Kein Erlenbusch, nicht einmal die Weide mehr wächs't in der Oede, nur die Ranken des Brombeerstrauchs wuchern in den Spalten und breiten sich hungrig und suchend über das weiche bräunliche Moos. Von beiden Seiten erhebt sich steiler immer steiler der Berg, voll Ginster und Haiden und Stein. Kein Laut, kein Ton! Nicht einmal der Specht klopft im Tannenwald, der auf den Kuppen steht, kein Rehruf hallt von dem kleinen, heimlichen Grasplatz her, der wie verloren zwischen den Felsen liegt. Hinten baut sich Kuppe über Kuppe: dunkler, schwarzer Wald; nur die Nebelwolken, die sich wie vom Rocken am Berge abspinnen, nur purpurne Lichtstreifen zeigen, wo die Frühsonne hindringt. Das Haupt der höchsten Berge ist wieder kahl, voll Trümmer und Schneeplätzen, unheimlich und schwer zu erklimmen. Auch wandelt nicht leicht ein Mensch darüber, denn es ist nicht geheuer, und der Bauer scheut sich vor „des Teufels Mühle“. Nur gegen Norden fängt diese Schlucht an in das breitere Thal auszulaufen, daß man wohl schon die Glocken herüberklingen hört. Da tritt auch der Wald weiter, fast bis ans Wasser, herab; die Buchen mögen auch wieder im feuchteren Grund wachsen und umschatten einen Rasenplatz, welcher etliche hundert Schritte im

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:16:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:16:28Z)

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Zitationshilfe: Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/16>, abgerufen am 21.11.2024.