Verbindlichkeit, die er ihr hatte, natürlicher Weise, diese Danae nicht mit einer so philosophischen Gleichgültigkeit ansehen, wie wir andern.
Agathon war nun also ein Hausgenoße der schönen Danae, und entfaltete mit jedem Tage neue Verdienste, die ihm dieses Glük würdig zeigten, und die seine ge- ringe Achtung für den Hiypias ihn verhindert hatte, in dessen Hause sehen zu lassen. Da nebst den beson- dern Ergözungen des Landlebens diese feinere Art von Belustigungen, an denen der Wiz und die Musen den meisten Antheil haben, die hauptsächlichste Beschäfti- gung war, wozu man die Zeit in diesem angenehmen Aufenthalt anwendete; so hatte er Gelegenheit genug, seine Talente von dieser Seite schimmern zu lassen; und seine bezauberte Phantasie gab ihm so viele Erfindun- gen an die Hand, daß er keine andre Mühe hatte, als diejenigen auszuwählen, die er am geschiktesten glaubte, seine Gebieterin und die kleine Gesellschaft von vertrauten Freunden, die sich bey ihr einfanden, zu er- gözen. So weit war es schon mit demjenigen gekom- men, der vor wenigen Wochen es für eine geringschä- zige Bestimmung hielt, in der Person eines unschuldi- gen Anagnosten die Jonischen Ohren zu bezaubern.
Jn der That können wir länger nicht verbergen, daß diese unbeschreibliche Empfindung (wie er dasjenige nannte was ihm die schöne Danae eingeflößt hatte) dieses ich weiß nicht was, welches wir, so wenig er es auch ge-
standen
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Fuͤnftes Buch, Viertes Capitel.
Verbindlichkeit, die er ihr hatte, natuͤrlicher Weiſe, dieſe Danae nicht mit einer ſo philoſophiſchen Gleichguͤltigkeit anſehen, wie wir andern.
Agathon war nun alſo ein Hausgenoße der ſchoͤnen Danae, und entfaltete mit jedem Tage neue Verdienſte, die ihm dieſes Gluͤk wuͤrdig zeigten, und die ſeine ge- ringe Achtung fuͤr den Hiypias ihn verhindert hatte, in deſſen Hauſe ſehen zu laſſen. Da nebſt den beſon- dern Ergoͤzungen des Landlebens dieſe feinere Art von Beluſtigungen, an denen der Wiz und die Muſen den meiſten Antheil haben, die hauptſaͤchlichſte Beſchaͤfti- gung war, wozu man die Zeit in dieſem angenehmen Aufenthalt anwendete; ſo hatte er Gelegenheit genug, ſeine Talente von dieſer Seite ſchimmern zu laſſen; und ſeine bezauberte Phantaſie gab ihm ſo viele Erfindun- gen an die Hand, daß er keine andre Muͤhe hatte, als diejenigen auszuwaͤhlen, die er am geſchikteſten glaubte, ſeine Gebieterin und die kleine Geſellſchaft von vertrauten Freunden, die ſich bey ihr einfanden, zu er- goͤzen. So weit war es ſchon mit demjenigen gekom- men, der vor wenigen Wochen es fuͤr eine geringſchaͤ- zige Beſtimmung hielt, in der Perſon eines unſchuldi- gen Anagnoſten die Joniſchen Ohren zu bezaubern.
Jn der That koͤnnen wir laͤnger nicht verbergen, daß dieſe unbeſchreibliche Empfindung (wie er dasjenige nannte was ihm die ſchoͤne Danae eingefloͤßt hatte) dieſes ich weiß nicht was, welches wir, ſo wenig er es auch ge-
ſtanden
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Fuͤnftes Buch, Viertes Capitel.
Verbindlichkeit, die er ihr hatte, natuͤrlicher Weiſe, dieſe
Danae nicht mit einer ſo philoſophiſchen Gleichguͤltigkeit
anſehen, wie wir andern.
Agathon war nun alſo ein Hausgenoße der ſchoͤnen
Danae, und entfaltete mit jedem Tage neue Verdienſte,
die ihm dieſes Gluͤk wuͤrdig zeigten, und die ſeine ge-
ringe Achtung fuͤr den Hiypias ihn verhindert hatte,
in deſſen Hauſe ſehen zu laſſen. Da nebſt den beſon-
dern Ergoͤzungen des Landlebens dieſe feinere Art von
Beluſtigungen, an denen der Wiz und die Muſen den
meiſten Antheil haben, die hauptſaͤchlichſte Beſchaͤfti-
gung war, wozu man die Zeit in dieſem angenehmen
Aufenthalt anwendete; ſo hatte er Gelegenheit genug,
ſeine Talente von dieſer Seite ſchimmern zu laſſen; und
ſeine bezauberte Phantaſie gab ihm ſo viele Erfindun-
gen an die Hand, daß er keine andre Muͤhe hatte,
als diejenigen auszuwaͤhlen, die er am geſchikteſten
glaubte, ſeine Gebieterin und die kleine Geſellſchaft von
vertrauten Freunden, die ſich bey ihr einfanden, zu er-
goͤzen. So weit war es ſchon mit demjenigen gekom-
men, der vor wenigen Wochen es fuͤr eine geringſchaͤ-
zige Beſtimmung hielt, in der Perſon eines unſchuldi-
gen Anagnoſten die Joniſchen Ohren zu bezaubern.
Jn der That koͤnnen wir laͤnger nicht verbergen, daß
dieſe unbeſchreibliche Empfindung (wie er dasjenige nannte
was ihm die ſchoͤne Danae eingefloͤßt hatte) dieſes ich
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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/201>, abgerufen am 24.11.2024.
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