Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.Fünftes Buch, neuntes Capitel. die Angola's und Versorand's alle ihre Mahlerkunst ver-schwendet, und sonst nichts besorget hätten, als daß sie nicht lebhaft und deutlich genug seyn möchten, sich begnügt uns zu sagen: "Daß Dido und der Held in Eine Höle kamen." Allein wenn diese Zurükhaltung so weit gienge, daß hat.
Fuͤnftes Buch, neuntes Capitel. die Angola’s und Verſorand’s alle ihre Mahlerkunſt ver-ſchwendet, und ſonſt nichts beſorget haͤtten, als daß ſie nicht lebhaft und deutlich genug ſeyn moͤchten, ſich begnuͤgt uns zu ſagen: „Daß Dido und der Held in Eine Hoͤle kamen.„ Allein wenn dieſe Zuruͤkhaltung ſo weit gienge, daß hat.
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Fuͤnftes Buch, neuntes Capitel.
die Angola’s und Verſorand’s alle ihre Mahlerkunſt ver-
ſchwendet, und ſonſt nichts beſorget haͤtten, als daß
ſie nicht lebhaft und deutlich genug ſeyn moͤchten, ſich
begnuͤgt uns zu ſagen:
„Daß Dido und der Held in Eine Hoͤle kamen.„
Allein wenn dieſe Zuruͤkhaltung ſo weit gienge, daß
die Dunkelheit, welche man uͤber einen ſchluͤpfrigen
Gegenſtand ausbreitete, zu Mißverſtand und Jrrium
Anlaß geben koͤnnte: So wuͤrde ſie, daͤucht uns, in
eine falſche Schaam ausarten; und in ſolchen Faͤllen
ſcheint uns rathſamer zu ſeyn, den Vorhang ein we-
nig wegzuziehen, als aus uͤbertriebener Bedenklichkeit
Gefahr zu lauffen, vielleicht die Unſchuld ſelbſt unge-
gruͤndeten Vermuthungen auszuſezen. So aͤrgerlich
alſo gewiſſen Leſerinnen, deren ſtrenge Tugend bey dem
bloſſen Nahmen der Liebe Dampf und Flammen ſpeyt,
der Anblik eines ſchoͤnen Juͤnglings zu den Fuͤſſen einer
ſelbſt im Schlummer lauter Liebe und Wolluſt athmen-
den Danae billig ſeyn mag; ſo koͤnnen wir doch nicht
vorbeygehen, uns noch etliche Augenblike bey dieſem an-
ſtoͤßigen Gegenſtande aufzuhalten. Man iſt ſo geneigt,
in ſolchen Faͤllen der Einbildungskraft den Zuͤgel ſchieſ-
ſen zu laſſen, daß wir uns laͤcherlich machen wuͤrden,
wenn wir behaupten wollten, daß unſer Held die ganze
Zeit, die er (nach dem Vorgeben der kleinen Taͤnze-
rin) in dem Pavillion zugebracht haben ſoll, ſich im-
mer in der ehrfurchtsvollen Stellung gehalten habe,
worinn man ihn zu Ende des vorigen Capitels geſehen
hat.
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