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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Agathon.
verstuhnd den stillschweigenden Sinn dieser Zumuthung.
Er beharrete also auf seiner Entlassung, und erhielt sie
endlich, nachdem er das Versprechen von sich gegeben
hatte, daß er wieder kommen wolle, so bald der Krieg,
welchen Dionys wider Carthago anzufangen im Begriff
war, geendigt seyn würde. Der Tyrann machte sich
eine grosse Angelegenheit daraus, alle Welt zu überre-
den, daß sie als die besten Freunde von einander schie-
den; und Platons Ehrgeiz (wenn es anders erlaubt
ist, eine solche Leidenschaft bey einem Philosophen vor-
auszusezen) fand seine Rechnung zu gut dabey, als daß
er sich hätte bemühen sollen, die Welt von dieser Mey-
nung zuheilen. Er gehe, sagte er, nur Dion und
Dionys wieder zu Freunden zu machen. Der Tyrann
bezeugte sich sehr geneigt hierzu, und hob, zum Beweis
seiner guten Gesinnung den Beschlag auf, den er auf
die Einkünfte Dions gelegt hatte. Plato hingegen
machte sich zum Bürgen für seinen Freund, daß er
nichts widriges gegen Dionysen unternehmen sollte. Der
Abschied machte eine so traurige Scene, daß die Zu-
schauer, (ausser den wenigen, welche das Gesicht unter
der Maske kannten) von der Gutherzigkeit des Prinzen
sehr gerührt wurden; er begleitete den Philosophen bis
an seine Galeeren, erstikte ihn fast mit Umarmungen,
nezte seine ehrwürdigen Wangen mit Thränen, und sah
ihm so lange nach, bis er ihn aus den Augen verlohr:
Und so kehrten beyde, mit gleich erleichtertem Herzen,
Plato in seine geliebte Academie, und Dionys in die
Arme seiner Tänzerin zurük.

Dieser

Agathon.
verſtuhnd den ſtillſchweigenden Sinn dieſer Zumuthung.
Er beharrete alſo auf ſeiner Entlaſſung, und erhielt ſie
endlich, nachdem er das Verſprechen von ſich gegeben
hatte, daß er wieder kommen wolle, ſo bald der Krieg,
welchen Dionys wider Carthago anzufangen im Begriff
war, geendigt ſeyn wuͤrde. Der Tyrann machte ſich
eine groſſe Angelegenheit daraus, alle Welt zu uͤberre-
den, daß ſie als die beſten Freunde von einander ſchie-
den; und Platons Ehrgeiz (wenn es anders erlaubt
iſt, eine ſolche Leidenſchaft bey einem Philoſophen vor-
auszuſezen) fand ſeine Rechnung zu gut dabey, als daß
er ſich haͤtte bemuͤhen ſollen, die Welt von dieſer Mey-
nung zuheilen. Er gehe, ſagte er, nur Dion und
Dionys wieder zu Freunden zu machen. Der Tyrann
bezeugte ſich ſehr geneigt hierzu, und hob, zum Beweis
ſeiner guten Geſinnung den Beſchlag auf, den er auf
die Einkuͤnfte Dions gelegt hatte. Plato hingegen
machte ſich zum Buͤrgen fuͤr ſeinen Freund, daß er
nichts widriges gegen Dionyſen unternehmen ſollte. Der
Abſchied machte eine ſo traurige Scene, daß die Zu-
ſchauer, (auſſer den wenigen, welche das Geſicht unter
der Maske kannten) von der Gutherzigkeit des Prinzen
ſehr geruͤhrt wurden; er begleitete den Philoſophen bis
an ſeine Galeeren, erſtikte ihn faſt mit Umarmungen,
nezte ſeine ehrwuͤrdigen Wangen mit Thraͤnen, und ſah
ihm ſo lange nach, bis er ihn aus den Augen verlohr:
Und ſo kehrten beyde, mit gleich erleichtertem Herzen,
Plato in ſeine geliebte Academie, und Dionys in die
Arme ſeiner Taͤnzerin zuruͤk.

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[146/0148] Agathon. verſtuhnd den ſtillſchweigenden Sinn dieſer Zumuthung. Er beharrete alſo auf ſeiner Entlaſſung, und erhielt ſie endlich, nachdem er das Verſprechen von ſich gegeben hatte, daß er wieder kommen wolle, ſo bald der Krieg, welchen Dionys wider Carthago anzufangen im Begriff war, geendigt ſeyn wuͤrde. Der Tyrann machte ſich eine groſſe Angelegenheit daraus, alle Welt zu uͤberre- den, daß ſie als die beſten Freunde von einander ſchie- den; und Platons Ehrgeiz (wenn es anders erlaubt iſt, eine ſolche Leidenſchaft bey einem Philoſophen vor- auszuſezen) fand ſeine Rechnung zu gut dabey, als daß er ſich haͤtte bemuͤhen ſollen, die Welt von dieſer Mey- nung zuheilen. Er gehe, ſagte er, nur Dion und Dionys wieder zu Freunden zu machen. Der Tyrann bezeugte ſich ſehr geneigt hierzu, und hob, zum Beweis ſeiner guten Geſinnung den Beſchlag auf, den er auf die Einkuͤnfte Dions gelegt hatte. Plato hingegen machte ſich zum Buͤrgen fuͤr ſeinen Freund, daß er nichts widriges gegen Dionyſen unternehmen ſollte. Der Abſchied machte eine ſo traurige Scene, daß die Zu- ſchauer, (auſſer den wenigen, welche das Geſicht unter der Maske kannten) von der Gutherzigkeit des Prinzen ſehr geruͤhrt wurden; er begleitete den Philoſophen bis an ſeine Galeeren, erſtikte ihn faſt mit Umarmungen, nezte ſeine ehrwuͤrdigen Wangen mit Thraͤnen, und ſah ihm ſo lange nach, bis er ihn aus den Augen verlohr: Und ſo kehrten beyde, mit gleich erleichtertem Herzen, Plato in ſeine geliebte Academie, und Dionys in die Arme ſeiner Taͤnzerin zuruͤk. Dieſer

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/148>, abgerufen am 21.11.2024.