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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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27.
Zum ganzen putz, von fuß zu haupt,
Den stiefelchen aus übergüldtem leder
Bis zu dem demantknopf der hohen straußenfeder
Am turban, mangelt nichts. Der gute Ritter glaubt,
Ihm träume noch. Woher kann solcher staat ihm kommen?
Die Alte steht erstaunt. Das geht durch zauberey,
Ruft sie, ich hätte doch sonst was davon vernommen?
Der zwerg, spricht Scherasmin, ist ganz gewiß dabey!
28.
Der Ritter glaubt es auch, und denkt: durch all die heiden
Im vorhof macht mir dies zum hochzeitsaale bahn.
Und flugs ist kaftan, gurt, und alles umgethan.
Die Wirthin müht sich viel ihn recht herauszukleiden,
"Allein was fangen wir mit diesem turban an?
Das schöne gelbe haar seintwegen abzuschneiden?
Nicht um die welt! -- Doch still! es geht ja wohl hinein;
Er scheint ja recht mit fleis dazu gewölbt zu seyn!"
29.
Herr Hüon stand nunmehr, bis auf die lilienglatte
Bartlose wang', als wie ein Sultan da;
Indem das Mütterchen ihn um und um besah
Und immer noch an ihm zu putzen hatte.
Drauf, als der treue Scherasmin
Ihm was ins ohr geraunt, beginnt er fortzugehen,
Reicht einen beutel gold der Wirthin freundlich hin,
Und nun, ade aufs wiedersehen!
30. Nichts
G 3
27.
Zum ganzen putz, von fuß zu haupt,
Den ſtiefelchen aus uͤberguͤldtem leder
Bis zu dem demantknopf der hohen ſtraußenfeder
Am turban, mangelt nichts. Der gute Ritter glaubt,
Ihm traͤume noch. Woher kann ſolcher ſtaat ihm kommen?
Die Alte ſteht erſtaunt. Das geht durch zauberey,
Ruft ſie, ich haͤtte doch ſonſt was davon vernommen?
Der zwerg, ſpricht Scherasmin, iſt ganz gewiß dabey!
28.
Der Ritter glaubt es auch, und denkt: durch all die heiden
Im vorhof macht mir dies zum hochzeitſaale bahn.
Und flugs iſt kaftan, gurt, und alles umgethan.
Die Wirthin muͤht ſich viel ihn recht herauszukleiden,
„Allein was fangen wir mit dieſem turban an?
Das ſchoͤne gelbe haar ſeintwegen abzuſchneiden?
Nicht um die welt! — Doch ſtill! es geht ja wohl hinein;
Er ſcheint ja recht mit fleis dazu gewoͤlbt zu ſeyn!“
29.
Herr Huͤon ſtand nunmehr, bis auf die lilienglatte
Bartloſe wang', als wie ein Sultan da;
Indem das Muͤtterchen ihn um und um beſah
Und immer noch an ihm zu putzen hatte.
Drauf, als der treue Scherasmin
Ihm was ins ohr geraunt, beginnt er fortzugehen,
Reicht einen beutel gold der Wirthin freundlich hin,
Und nun, ade aufs wiederſehen!
30. Nichts
G 3
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[0107] 27. Zum ganzen putz, von fuß zu haupt, Den ſtiefelchen aus uͤberguͤldtem leder Bis zu dem demantknopf der hohen ſtraußenfeder Am turban, mangelt nichts. Der gute Ritter glaubt, Ihm traͤume noch. Woher kann ſolcher ſtaat ihm kommen? Die Alte ſteht erſtaunt. Das geht durch zauberey, Ruft ſie, ich haͤtte doch ſonſt was davon vernommen? Der zwerg, ſpricht Scherasmin, iſt ganz gewiß dabey! 28. Der Ritter glaubt es auch, und denkt: durch all die heiden Im vorhof macht mir dies zum hochzeitſaale bahn. Und flugs iſt kaftan, gurt, und alles umgethan. Die Wirthin muͤht ſich viel ihn recht herauszukleiden, „Allein was fangen wir mit dieſem turban an? Das ſchoͤne gelbe haar ſeintwegen abzuſchneiden? Nicht um die welt! — Doch ſtill! es geht ja wohl hinein; Er ſcheint ja recht mit fleis dazu gewoͤlbt zu ſeyn!“ 29. Herr Huͤon ſtand nunmehr, bis auf die lilienglatte Bartloſe wang', als wie ein Sultan da; Indem das Muͤtterchen ihn um und um beſah Und immer noch an ihm zu putzen hatte. Drauf, als der treue Scherasmin Ihm was ins ohr geraunt, beginnt er fortzugehen, Reicht einen beutel gold der Wirthin freundlich hin, Und nun, ade aufs wiederſehen! 30. Nichts G 3

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/107>, abgerufen am 22.12.2024.