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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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54.
So? willst du das? versezt mit raschem sinn
Und wangen voller glut die Feenkönigin;
So soll mein schwur dem deinen sich vermählen!
So schwör auch ich, so wahr ich Königin
Des Elfenreichs und deine gattin bin,
Es soll ihr nicht an einer ausflucht fehlen!
Ist Gangolf etwa ohne schuld?
Ist freyheit euer loos, und unsers nur geduld?
55.
Doch, ohne sich an ihren zorn zu kehren,
Macht Oberon, was er geschworen, wahr.
Berührt von seinem lilienzepter klären
Sich Gangolfs augen auf, verschwunden ist der staar.
Erstaunt, entzükt beginnt er aufzuschauen,
Sieht hin, und schüttelt sich als führ ein wespenschwarm
Ihm in die augen, sieht, o Himmel! soll er trauen?
Sein treues Röschen, ach! in eines mannes arm!
56.
Es kann nicht seyn! er hat nicht recht gesehen,
Ihn blendete das langentwohnte licht,
Unmöglich kann sich so das beste weib vergehen!
Er schaut noch einmal hin -- das nemliche gesicht
Durchbort sein herz. Ha, schreyt er wie besessen,
Verrätherin, Syrene, Höllgezücht,
Du scheuest dich vor meinen augen nicht
Der ehr und treu so schändlich zu vergessen?
57. Ro-
K 4
54.
So? willſt du das? verſezt mit raſchem ſinn
Und wangen voller glut die Feenkoͤnigin;
So ſoll mein ſchwur dem deinen ſich vermaͤhlen!
So ſchwoͤr auch ich, ſo wahr ich Koͤnigin
Des Elfenreichs und deine gattin bin,
Es ſoll ihr nicht an einer ausflucht fehlen!
Iſt Gangolf etwa ohne ſchuld?
Iſt freyheit euer loos, und unſers nur geduld?
55.
Doch, ohne ſich an ihren zorn zu kehren,
Macht Oberon, was er geſchworen, wahr.
Beruͤhrt von ſeinem lilienzepter klaͤren
Sich Gangolfs augen auf, verſchwunden iſt der ſtaar.
Erſtaunt, entzuͤkt beginnt er aufzuſchauen,
Sieht hin, und ſchuͤttelt ſich als fuͤhr ein weſpenſchwarm
Ihm in die augen, ſieht, o Himmel! ſoll er trauen?
Sein treues Roͤschen, ach! in eines mannes arm!
56.
Es kann nicht ſeyn! er hat nicht recht geſehen,
Ihn blendete das langentwohnte licht,
Unmoͤglich kann ſich ſo das beſte weib vergehen!
Er ſchaut noch einmal hin — das nemliche geſicht
Durchbort ſein herz. Ha, ſchreyt er wie beſeſſen,
Verraͤtherin, Syrene, Hoͤllgezuͤcht,
Du ſcheueſt dich vor meinen augen nicht
Der ehr und treu ſo ſchaͤndlich zu vergeſſen?
57. Ro-
K 4
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[0157] 54. So? willſt du das? verſezt mit raſchem ſinn Und wangen voller glut die Feenkoͤnigin; So ſoll mein ſchwur dem deinen ſich vermaͤhlen! So ſchwoͤr auch ich, ſo wahr ich Koͤnigin Des Elfenreichs und deine gattin bin, Es ſoll ihr nicht an einer ausflucht fehlen! Iſt Gangolf etwa ohne ſchuld? Iſt freyheit euer loos, und unſers nur geduld? 55. Doch, ohne ſich an ihren zorn zu kehren, Macht Oberon, was er geſchworen, wahr. Beruͤhrt von ſeinem lilienzepter klaͤren Sich Gangolfs augen auf, verſchwunden iſt der ſtaar. Erſtaunt, entzuͤkt beginnt er aufzuſchauen, Sieht hin, und ſchuͤttelt ſich als fuͤhr ein weſpenſchwarm Ihm in die augen, ſieht, o Himmel! ſoll er trauen? Sein treues Roͤschen, ach! in eines mannes arm! 56. Es kann nicht ſeyn! er hat nicht recht geſehen, Ihn blendete das langentwohnte licht, Unmoͤglich kann ſich ſo das beſte weib vergehen! Er ſchaut noch einmal hin — das nemliche geſicht Durchbort ſein herz. Ha, ſchreyt er wie beſeſſen, Verraͤtherin, Syrene, Hoͤllgezuͤcht, Du ſcheueſt dich vor meinen augen nicht Der ehr und treu ſo ſchaͤndlich zu vergeſſen? 57. Ro- K 4

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/157>, abgerufen am 01.11.2024.