Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.48. Ein sichrer pfad, wiewohl so gut verstekt,Daß ohne mich ihn niemand leicht entdekt, Soll in der hälfte zeit, die du heraufzudringen Gebrauchtest, dich zu ihr, zurük euch beyde bringen. Was meine hütte, was mein kleines paradies Zu eurer nothdurft hat, ist herzlich euch erboten; Glaubt, auch auf Heidekraut schmekt ruh der unschuld süß, Und reiner fließt das blut bey kohl und magern schoten. 49. Herr Hüon dankt dem gütigen alten Mann,Der seinen stab ergreift ihm selbst den weg zu zeigen, Und, daß der rükweg ihn nicht irre machen kan, Bezeichnet er den pfad mit frischen tannenzweigen. Noch eh ins abendmeer die goldne Sonne sinkt Hat den erseufzten berg Amanda schon erstiegen, Wo sie mit durstigen weitausgeholten zügen Den milden strom des reinsten Himmels trinkt. 50. In eine andre welt, ins Zauberland der Feen,Glaubt sie versezt zu seyn; ihr ist als habe sie Den Himmel nie so blau, so grün die Erde nie, Die Bäume nie so frisch belaubt gesehen. Denn hier, in hoher felsen schuz Die sich im kreis um diesen luftort ziehen, Beut noch der Herbst dem wind von Norden truz, Und Feigen reiffen noch, und Pomeranzen blühen. 51. Mit
48. Ein ſichrer pfad, wiewohl ſo gut verſtekt,Daß ohne mich ihn niemand leicht entdekt, Soll in der haͤlfte zeit, die du heraufzudringen Gebrauchteſt, dich zu ihr, zuruͤk euch beyde bringen. Was meine huͤtte, was mein kleines paradies Zu eurer nothdurft hat, iſt herzlich euch erboten; Glaubt, auch auf Heidekraut ſchmekt ruh der unſchuld ſuͤß, Und reiner fließt das blut bey kohl und magern ſchoten. 49. Herr Huͤon dankt dem guͤtigen alten Mann,Der ſeinen ſtab ergreift ihm ſelbſt den weg zu zeigen, Und, daß der ruͤkweg ihn nicht irre machen kan, Bezeichnet er den pfad mit friſchen tannenzweigen. Noch eh ins abendmeer die goldne Sonne ſinkt Hat den erſeufzten berg Amanda ſchon erſtiegen, Wo ſie mit durſtigen weitausgeholten zuͤgen Den milden ſtrom des reinſten Himmels trinkt. 50. In eine andre welt, ins Zauberland der Feen,Glaubt ſie verſezt zu ſeyn; ihr iſt als habe ſie Den Himmel nie ſo blau, ſo gruͤn die Erde nie, Die Baͤume nie ſo friſch belaubt geſehen. Denn hier, in hoher felſen ſchuz Die ſich im kreis um dieſen luftort ziehen, Beut noch der Herbſt dem wind von Norden truz, Und Feigen reiffen noch, und Pomeranzen bluͤhen. 51. Mit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0200"/> <lg n="48"> <head> <hi rendition="#c">48.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">E</hi>in ſichrer pfad, wiewohl ſo gut verſtekt,</l><lb/> <l>Daß ohne mich ihn niemand leicht entdekt,</l><lb/> <l>Soll in der haͤlfte zeit, die du heraufzudringen</l><lb/> <l>Gebrauchteſt, dich zu ihr, zuruͤk euch beyde bringen.</l><lb/> <l>Was meine huͤtte, was mein kleines paradies</l><lb/> <l>Zu eurer nothdurft hat, iſt herzlich euch erboten;</l><lb/> <l>Glaubt, auch auf Heidekraut ſchmekt ruh der unſchuld ſuͤß,</l><lb/> <l>Und reiner fließt das blut bey kohl und magern ſchoten.</l> </lg><lb/> <lg n="49"> <head> <hi rendition="#c">49.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">H</hi>err Huͤon dankt dem guͤtigen alten Mann,</l><lb/> <l>Der ſeinen ſtab ergreift ihm ſelbſt den weg zu zeigen,</l><lb/> <l>Und, daß der ruͤkweg ihn nicht irre machen kan,</l><lb/> <l>Bezeichnet er den pfad mit friſchen tannenzweigen.</l><lb/> <l>Noch eh ins abendmeer die goldne Sonne ſinkt</l><lb/> <l>Hat den erſeufzten berg Amanda ſchon erſtiegen,</l><lb/> <l>Wo ſie mit durſtigen weitausgeholten zuͤgen</l><lb/> <l>Den milden ſtrom des reinſten Himmels trinkt.</l> </lg><lb/> <lg n="50"> <head> <hi rendition="#c">50.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">I</hi>n eine andre welt, ins Zauberland der Feen,</l><lb/> <l>Glaubt ſie verſezt zu ſeyn; ihr iſt als habe ſie</l><lb/> <l>Den Himmel nie ſo blau, ſo gruͤn die Erde nie,</l><lb/> <l>Die Baͤume nie ſo friſch belaubt geſehen.</l><lb/> <l>Denn hier, in hoher felſen ſchuz</l><lb/> <l>Die ſich im kreis um dieſen luftort ziehen,</l><lb/> <l>Beut noch der Herbſt dem wind von Norden truz,</l><lb/> <l>Und Feigen reiffen noch, und Pomeranzen bluͤhen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">51. Mit</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
48.
Ein ſichrer pfad, wiewohl ſo gut verſtekt,
Daß ohne mich ihn niemand leicht entdekt,
Soll in der haͤlfte zeit, die du heraufzudringen
Gebrauchteſt, dich zu ihr, zuruͤk euch beyde bringen.
Was meine huͤtte, was mein kleines paradies
Zu eurer nothdurft hat, iſt herzlich euch erboten;
Glaubt, auch auf Heidekraut ſchmekt ruh der unſchuld ſuͤß,
Und reiner fließt das blut bey kohl und magern ſchoten.
49.
Herr Huͤon dankt dem guͤtigen alten Mann,
Der ſeinen ſtab ergreift ihm ſelbſt den weg zu zeigen,
Und, daß der ruͤkweg ihn nicht irre machen kan,
Bezeichnet er den pfad mit friſchen tannenzweigen.
Noch eh ins abendmeer die goldne Sonne ſinkt
Hat den erſeufzten berg Amanda ſchon erſtiegen,
Wo ſie mit durſtigen weitausgeholten zuͤgen
Den milden ſtrom des reinſten Himmels trinkt.
50.
In eine andre welt, ins Zauberland der Feen,
Glaubt ſie verſezt zu ſeyn; ihr iſt als habe ſie
Den Himmel nie ſo blau, ſo gruͤn die Erde nie,
Die Baͤume nie ſo friſch belaubt geſehen.
Denn hier, in hoher felſen ſchuz
Die ſich im kreis um dieſen luftort ziehen,
Beut noch der Herbſt dem wind von Norden truz,
Und Feigen reiffen noch, und Pomeranzen bluͤhen.
51. Mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |