Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
69.
Und führt sie ungesäumt nach seiner ruhestatt,
Zu seinem quell, in seine gartenlauben,
Bedekt mit goldnem obst und großen purpurtrauben,
Und sezt sie in besiz von allem was er hat.
Natur, spricht er, bedarf weit minder als wir glauben;
Wem nicht an wenig gnügt, den macht kein reichthum satt;
Ihr werdet hier, solang die prüfungstage währen,
Nichts wünschenswürdiges entbehren.
70.
Er sagte dies, weil ihm der erste blik gezeigt
Was er nicht fragen will und Hüon ihm verschweigt.
Denn Beyde, hatte gleich das elend ihre blühte
Halb abgestreift, verriethen durch gestalt
Und sinnesart, wo nicht ein königlich geblüte,
Doch, sichrer, einen Wehrt, dem selbst die Allgewalt
Des glüks nichts rauben kann vom reinen vollgehalt
Der innern angebornen güte.
Oberon
N 5
69.
Und fuͤhrt ſie ungeſaͤumt nach ſeiner ruheſtatt,
Zu ſeinem quell, in ſeine gartenlauben,
Bedekt mit goldnem obſt und großen purpurtrauben,
Und ſezt ſie in beſiz von allem was er hat.
Natur, ſpricht er, bedarf weit minder als wir glauben;
Wem nicht an wenig gnuͤgt, den macht kein reichthum ſatt;
Ihr werdet hier, ſolang die pruͤfungstage waͤhren,
Nichts wuͤnſchenswuͤrdiges entbehren.
70.
Er ſagte dies, weil ihm der erſte blik gezeigt
Was er nicht fragen will und Huͤon ihm verſchweigt.
Denn Beyde, hatte gleich das elend ihre bluͤhte
Halb abgeſtreift, verriethen durch geſtalt
Und ſinnesart, wo nicht ein koͤniglich gebluͤte,
Doch, ſichrer, einen Wehrt, dem ſelbſt die Allgewalt
Des gluͤks nichts rauben kann vom reinen vollgehalt
Der innern angebornen guͤte.
Oberon
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0207"/>
            <lg n="69">
              <head> <hi rendition="#c">69.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">U</hi>nd fu&#x0364;hrt &#x017F;ie unge&#x017F;a&#x0364;umt nach &#x017F;einer ruhe&#x017F;tatt,</l><lb/>
              <l>Zu &#x017F;einem quell, in &#x017F;eine gartenlauben,</l><lb/>
              <l>Bedekt mit goldnem ob&#x017F;t und großen purpurtrauben,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ezt &#x017F;ie in be&#x017F;iz von allem was er hat.</l><lb/>
              <l>Natur, &#x017F;pricht er, bedarf weit minder als wir glauben;</l><lb/>
              <l>Wem nicht an wenig gnu&#x0364;gt, den macht kein reichthum &#x017F;att;</l><lb/>
              <l>Ihr werdet hier, &#x017F;olang die pru&#x0364;fungstage wa&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Nichts wu&#x0364;n&#x017F;chenswu&#x0364;rdiges entbehren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="70">
              <head> <hi rendition="#c">70.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">E</hi>r &#x017F;agte dies, weil ihm der er&#x017F;te blik gezeigt</l><lb/>
              <l>Was er nicht fragen will und Hu&#x0364;on ihm ver&#x017F;chweigt.</l><lb/>
              <l>Denn Beyde, hatte gleich das elend ihre blu&#x0364;hte</l><lb/>
              <l>Halb abge&#x017F;treift, verriethen durch ge&#x017F;talt</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;innesart, wo nicht ein ko&#x0364;niglich geblu&#x0364;te,</l><lb/>
              <l>Doch, &#x017F;ichrer, einen Wehrt, dem &#x017F;elb&#x017F;t die Allgewalt</l><lb/>
              <l>Des glu&#x0364;ks nichts rauben kann vom reinen vollgehalt</l><lb/>
              <l>Der innern angebornen gu&#x0364;te.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">N 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Oberon</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0207] 69. Und fuͤhrt ſie ungeſaͤumt nach ſeiner ruheſtatt, Zu ſeinem quell, in ſeine gartenlauben, Bedekt mit goldnem obſt und großen purpurtrauben, Und ſezt ſie in beſiz von allem was er hat. Natur, ſpricht er, bedarf weit minder als wir glauben; Wem nicht an wenig gnuͤgt, den macht kein reichthum ſatt; Ihr werdet hier, ſolang die pruͤfungstage waͤhren, Nichts wuͤnſchenswuͤrdiges entbehren. 70. Er ſagte dies, weil ihm der erſte blik gezeigt Was er nicht fragen will und Huͤon ihm verſchweigt. Denn Beyde, hatte gleich das elend ihre bluͤhte Halb abgeſtreift, verriethen durch geſtalt Und ſinnesart, wo nicht ein koͤniglich gebluͤte, Doch, ſichrer, einen Wehrt, dem ſelbſt die Allgewalt Des gluͤks nichts rauben kann vom reinen vollgehalt Der innern angebornen guͤte. Oberon N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/207
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/207>, abgerufen am 16.05.2024.